So sollten die zusätzlichen Treppenhäuser aussehen Foto: ks

Die Bahn hat bei Stuttgart 21 lange umgeplant, um zusätzliche Treppenanlagen für den Brandfall im Tiefbahnhof unterzubringen. Nun stehen diese Fluchttreppenhäuser wieder zur Debatte. Andere Lösungen sind möglich.

Stuttgart - Im neuen Stuttgarter Tiefbahnhof wird es voraussichtlich doch keine zusätzlichen Fluchttreppenhäuser geben. Die insgesamt acht neuen Treppenhäuser sollten Reisenden ausschließlich im Brandfall als weitere Fluchtwege neben den regulären Ausgängen zur Verfügung stehen.

Der Bau der zusätzlichen Treppenanlagen, zwei auf jedem Bahnsteig, war erst Ende April dieses Jahres nach langer Prüfung vom Eisenbahn-Bundesamt (Eba) genehmigt worden. Die Bahn hatte diese Treppenhäuser nachträglich in ihre Pläne aufgenommen. Grund war die harsche Kritik eines Schweizer Gutachterbüros Ende 2012 am Rettungskonzept und vor allem an zu langen Rettungszeiten.

Die Baseler Gruner AG hatte in ihrem Gutachten als „mittlere Stauzeit“ auf den Bahnsteigen maximal 19 Minuten errechnet. Der Wert sei „äußert kritisch zu beurteilen“, so die Gutachter damals. Auch die maximale Fluchtweglänge mit 45 Metern zu lang. Dabei hatte Gruner bereits mehr Treppenhäuser vorgesehen. Die Planer des Projekts Stuttgart 21 reagierten auf die Kritik und beantragten den Bau der zusätzlichen Fluchtwege. Es gab auch Überlegungen zu einer Sprinkleranlage im Tiefbahnhof.

Für die Fluchttreppen wurde die Gründung des Bahnhofs angepasst

Bis zu 16 124 Menschen müssen den Bahnhof im Falle eines Brandes auf sicheren Wegen verlassen können. Die Fluchttreppenhäuser sollten die Sicherheit erhöhen. Um sie bauen zu können, musste die Bahn die Gründung des Bauwerks ändern. Wegen der zunächst fehlenden Genehmigung wurden die Tiefbauarbeiten für die Fundamente auf Eis gelegt. Im August konnten in einem Baufeld im Schlossgarten die ersten Stahlbeton-Bohrpfähle gesetzt werden. Inzwischen sei die Entscheidung über den Bau der zusätzlichen Treppenanlagen „komplett offen“, heißt es bei Projektbeteiligten.

Die Fluchttreppen waren aber stark umstritten, weil ihr Ausgang über dem Bahnhofsdach liegt und dorthin im Brandfall auch Rauch abziehen soll. Außerdem engten die zusätzlichen Einbauten die Bahnsteige in der unterirdischen Station ein. Zwischen den verglasten Wänden und der Bahnsteigkante wäre nur etwas über zwei Meter Platz. Ein Kritikpunkt war auch der Eingriff in die Architektur.

Ingenhoven hat bisher jede Äußerung vermieden

Wie das Rettungskonzept der Bahn ohne die zusätzlichen Einbauten in den Tiefbahnhof aussehen wird, ist unklar. Es werde keine banale Sprinkleranlage geben. Der 420 Meter lange Bahnhofsbau hat Ein- und Ausgänge an den Schmalseiten im Norden und Süden. Er kann zudem seitlich über drei Stege betreten werden, die alle Bahnsteige und die acht Gleise überspannen. Diese Stege und ihre Treppenläufe und parallelen Rolltreppen sind nicht durch Glaswände von den Bahnsteigen abgeschirmt. In ihren unterirdischen S-Bahn-Haltestellen hat die Bahn diese Abschirmung aktuell nachgerüstet. Durch automatisch schließende Türen auf der Bahnsteigebene soll verhindert werden, dass im Brandfall Rauch in die Treppenhäuser der S-Bahn-Stationen dringt und nach oben zieht.

Die Projektgesellschaft für Stuttgart 21 und der Bahnhofsarchitekt Christoph Ingenhoven aus Düsseldorf wollen an diesem Dienstag bei einer Podiumsdiskussion in der Industrie- und Handelskammer in der Jägerstraße vor geladenen Gästen über den Lichtaugenbahnhof sprechen und die Architektur und Bauweise erläutern. Der Tiefbahnhof hat auf dem Dach charakteristische runde, leicht geneigte Glasflächen, die auf einer kelchartigen Betonstütze aufliegen.

Ingenhoven hatte sich bisher nie zu den Fluchttreppenhäusern geäußert. Den räumlichen Eindruck seiner ganz in Weiß gehalten Station hätten sie empfindlich gestört.