Im Schlossgarten laufen Vorbereitungen für den Bahnhofsbau Foto: Peter Michael Petsch

Der ungeklärte Umgang mit dem alten Bürohaus der IHK an der Jägerstraße und die öffentliche Erörterung ihrer Flughafenpläne bringen die Bahn bei Stuttgart 21 erneut unter Zeitdruck. Es drohen Mehrkosten von 100 Millionen Euro.

Stuttgart - Der ungeklärte Umgang mit dem alten Bürohaus der Industrie- und Handelskammer (IHK) an der Jägerstraße und die öffentliche Erörterung ihrer Flughafenpläne bringen die Bahn beim Projekt Stuttgart 21 erneut unter Zeitdruck.

Am Mittwoch wurde bekannt, dass die von der Bahn für Juli gewünschte öffentliche Erörterung ihrer Pläne zum Flughafen-Anschluss mit hoher Wahrscheinlichkeit erst im September stattfinden wird. Am Flughafen soll ein neuer Fernbahnhof entstehen und der S-Bahn-Halt zu einem kombinierten S- und Regionalbahnhof werden. Von den Anrainerkommunen gibt es Kritik. Sie fürchten durch den Mischverkehr auf der bisher reinen S-Bahn-Strecke eine Ausdünnung des Taktes. Unmittelbare Anwohner erwarten Lärm und Erschütterungen durch die Zusatzzüge der Gäubahn.

Vorgesehen ist eine bis zu dreiwöchige Besprechung der Bahnpläne in der Filderhalle oder einer Halle der Landesmesse. Mit dem Juli-Termin hatte die Bahn eine Baufreigabe im Januar 2015 erwartet. Eine Verschiebung auf September, für die das RP plädiert, weil Gutachten fehlen, könnte zu einem Verzug von bis zu einem Jahr führen.

Es könnten sich Mehrkosten von 100 Millionen Euro ergeben

Würde die gesamte S-21-Infrasruktur mit Tiefbahnhof, Tunneln und Flughafenanschluss erst im Dezember 2022 fertig, könnten sich Mehrkosten von 100 Millionen Euro ergeben. RP und Bahn wollen die Terminfrage laut S-21-Sprecher Wolfgang Dietrich kommende Woche endgültig klären.

Klar ist, dass der DB-Infrastrukturvorstand Volker Kefer bei einer Verschiebung den Bahn-Aufsichtsrat über die möglichen Folgen unterrichten muss. Das Aufsichtsgremium tagt in zwei Wochen.

Entschieden werden muss aus Sicht der Bahn noch im Sommer, ob das alte Bürohaus der IHK an der Jägerstraße abgerissen werden darf oder ob es für den Tunnelbau darunter extrem aufwendig abgestützt werden muss. Die IHK-Vollversammlung hatte Mitte Mai das von 3,8 auf sechs Millionen Euro aufgestockte Angebot der Bahn für einen Wertausgleich für den Abriss abgelehnt. Grund war, dass die Größe des später möglichen Neubaus von der Stadt eingeschränkt oder ein Neubau untersagt werden könnte.

Man sei weiter im Gespräch mit der IHK, sagte Dietrich am Mittwoch. Die Planungen für die Sicherung des Hauses liefen parallel, allerdings werde die Bahn das Sicherungsverfahren ändern. Weil der Tunnelbau vom Tiefbahnhof nach Bad Cannstatt im Herbst 2015 begonnen werden müsse, brauche die Bahn in diesem Sommer die Entscheidung der IHK, so Dietrich. Sie könnte bei der nächsten Vollversammlung am 2. Juli oder in einer Sondersitzung fallen, sagt Bernd Engelhardt, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der IHK. Einen Beschluss, Gebäude und Grundstück nicht zu verkaufen, gebe es nicht, so Engelhardt. Er zeigt damit eine Angebotsalternative für die Bahn auf.

Sollte das Bürohaus erhalten bleiben, so würde es nicht über Rohre, über die Beton ins Erdreich gepresst wird, sondern mit Hilfe von Bohrpfählen gesichert. Auf diesen Pfählen würde das Fundament zunächst im Erdreich, später direkt auf der partiell verstärkten Tunnelwand abgestützt werden. Zwischen Tunneldecke und Fundament liegen laut Projektleiter Ekkehard Lay zwei Meter Erdreich. Die Lösung mit den Kleinbohrpfählen sei ein bewährtes Verfahren und einfacher als der sogenannte Rohrschirm, so Lay.