Wichtiger Haltepunkt mit Ausbaupotenzial: der Bahnhof in Vaihingen Foto: Leif Piechowski

Die alte Gäubahnstrecke durch den Stuttgarter Westen wird mit Stuttgart 21 überflüssig. Sie könnte aber längerfristig große Bedeutung erhalten, sagt der Stuttgart-21-Erfinder, der emeritierte Professor Gerhard Heimerl.

Stuttgart - Aus Sicht der CDU-Landtagsabgeordneten Nicole Razavi ist das von Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) mit der Bahn verhandelte Paket zum Flughafenanschluss beim Projekt Stuttgart 21 ein „Jahrhundertdebakel“. „Stuttgart 21 wird geteilt, die Gäubahn wird erst Jahre später an den Flughafen geführt“, warf sie dem Minister im Landtag vor. Hermann zahle auch noch einen „Interimshalt in Vaihingen, den keiner braucht“.

Ihren Frust müsste die frühere Mappus-Vertaute eigentlich bei der Bahn loswerden, ihre Informationslücke über die Bedeutung des Gäubahn-Halts könnte die verkehrspolitische Sprecherin beim Stuttgart-21-Erfinder Gerhard Heimerl schließen.

Heimerl, auf den die Idee eines tiefer gelegten Durchgangsbahnhofs in der City zurückgeht, sieht eine Renaissance der Gäubahnstrecke von Vaihingen zum Nordbahnhof voraus. Er hat Hermann Mitte Januar darin unterstützt, für den Anschluss der Züge aus Richtung Singen an den Landesflughafen „bessere Lösungen“ als die von der Bahn verfolgte zu finden. Heimerl spricht sich für die teurer Variante Filderbahnhof-plus aus, weil diese die Option zulasse, Züge aus Böblingen Richtung Wendlingen zu schicken. Die nun gefundene weit billigere Lösung mit einem Extragleis für die Gäubahn am Flughafen soll das als Option auch bieten. Eine spätere Nachrüstung dafür soll baulich bereits vorgesehen werden.

Die in Vaihingen beginnende innerstädtische Gäubahnstrecke kann laut Heimerl erhebliche Bedeutung erlangen. „Ich bin überzeugt, dass längerfristig die Nutzung von Vaihingen zum Nordbahnhof sinnvoll und notwendig wird“, schrieb Heimerl vor dem entscheidenden Spitzengespräch mit der Bahn an den Minister.

Denkbar sei eine S-Bahn-Linie von Ludwigsburg zum Flughafen oder nach Böblingen oder eine Regionalbahnverbindung. Dazu wäre ein in der Höhe passender Bahnsteig, wie er nun in Vaihingen gebaut werden soll, Vorbedingung.

Längerfristig, so Heimerl, könne die Gäubahn das bereits heute an die Grenze der Belastbarkeit gekommene S-Bahn-System entlasten. Bei Stuttgart 21 werde Vorsorge getroffen für eine S-Bahn-Verbindungskruve von Cannstatt nach Feuerbach, die sogenannte T-Spange. Ein kurzer Tunnel zur Gäubahn brächte das ebenfalls besprochene Nordkreuz. Damit wäre eine zweite S-Bahn-Stammstrecke geschaffen. „Diese Option erscheint mir überaus wichtig“, schließt Heimerl. Hermann, der schon lange für den Halt in Vaihingen kämpfte, scheint sich das zu Herzen genommen zu haben.

Die von der Bahn angekündigte Verfahrenstrennung im Flughafenabschnitt von Stuttgart 21 habe das Verkehrsministerium bei der entscheidenden Sitzung der Projektpartner vergangen Freitag „wegen erheblicher rechtlicher und technischer Bedenken nicht befürwortet“. Darauf weist Hermanns Behördenchef Uwe Lahl in einem Schreiben an den Stuttgart-21-Projektchef Manfred Leger hin. Irgendwann wird die Bahn das Land auf die Mitfinanzierung der zwei Milliarden Euro Mehrkosten im Projekt verklagen.

Da schien es Lahl wohl geboten, ihre Meinung zu dem von der Bahn geänderten Zeitplan zu dokumentieren. Die Bahn will das System Stuttgart 21 mit Strecke nach Ulm Ende 2021 in Betrieb nehmen. Die Anbindung der Gäubahn an den Flughafen über die heutige S-Bahnstrecke durch Leinfelden-Echterdingen soll erst Ende 2022 oder 2023 folgen.

Lahl warnt Leger auf drei Seiten eindringlich davor, mit der planerischen und baulichen Aufspaltung des mit der Nummer 1.3 bezeichneten Airport-Abschnitts weitere Terminrisiken einzugehen. Er bezweifelt, „dass eine Verfahrenstrennung zu einer signifikanten Zeitersparnis führen wird“. Das von Leger vorgeschlagene Vorgehen wiese „eine hohe Fehleranfälligkeit auf“. Es drohe sei eine rechtlich unzulässige Abschnittsbildung, weil Änderungen im einen Änderungen im anderen Abschnitt nach sich zögen. Das könne zu „gravierenden Folgen für die Gesamtinbetriebnahme“ führen.

Lahl weist die Bahn darauf hin, dass der Gäubahn-Abschnitt komplett neu in das Genehmigungsverfahren gehen müsse. Das bedeute neue Einwendungen und den Entfall des so genannten Schienenbonus beim Lärmschutz.

Selbst bei den Plänen, die jetzt im Genehmigungsverfahren sind, seien „nach hiesiger Kenntnis noch Planänderungen erforderlich“, so Lahl. Das betreffe vor allem Bahnhof, der 27 Meter unter der Messepiazza liegt. Die Bahn als Bauherrin könne über die Aufspaltung aber „letztlich auch ohne Zustimmung der Partner entscheiden.“