Inzwischen ein vertrauter Blick für die Reisenden am Hauptbahnhof: Die Baustelle für den Tiefbahnhof Foto: dpa

Der Grünen-Stadtrat Jochen Stopper hat öffentlich eingeräumt, die Stadt solle lieber Milliarden-Mehrkosten des Bahnprojekts Stuttgart 21 mit bezahlen anstatt in einigen Jahren wegen Geldmangels im Projekt eine Dauerbaustelle hinnehmen zu müssen. Nun rudern die Grünen zurück.

Stuttgart - Der Grünen-Stadtrat Jochen Stopper hat am Mittwoch öffentlich eingeräumt, die Stadt solle lieber Milliarden-Mehrkosten des Bahnprojekts Stuttgart 21 mit bezahlen anstatt in einigen Jahren wegen Geldmangels im Projekt eine Dauerbaustelle hinnehmen zu müssen. Er jedenfalls würde sich dafür einsetzen. Die Partei zeigte sich am Donnerstag elektrisiert und legte den größtmöglichen Rückwärtsgang ein. Die SPD, im Land an der Seite der Grünen und beim bisherigen Standpunkt, die Kasse geschlossen zu halten einig, zeigt sich irritiert.

Man sehe sich veranlasst, etwas „klarzustellen“, teilten die Grünen im Gemeinderat am Donnerstag in einer kurzen Pressemitteilung mit. Man habe sich „in keinster Weise dahingehend geäußert, die Stadt müsse sich an Mehrkosten des Projekts Stuttgart 21 beteiligen“. Das war auch nicht behauptet worden. Stopper hatte nicht gesagt, dass er eine Pflicht oder gar vertragliche Bindung der Stadt sehe. Der Stadtrat hatte ein von den Projektgegnern längst beschriebenes Szenario dargestellt, bei dem aus seiner Sicht keine bessere Wahl bleibe als die, mit zu zahlen, um eine ewige Baustelle mit all ihren Einschränkungen zu verhindern.

Der Unterschied zwischen rechtlicher Bindung und freiwilliger Zahlung zur Schadensabwehr ist deutlich, die Differenzierung könnten Bahnvorstände wie Volker Kefer oder Rüdiger Grube aber überhören. Sie sind auf der Suche nach fehlenden Milliarden.

„Mich hat die Aussage der Grünen überrascht, ich halte es für falsch, jetzt darüber zu spekulieren, was wäre wenn“, sagt SPD-Fraktionschef Martin Körner. Eine klare Festlegung sei erst dann geboten, wenn die Bahn oder ein anderer Partner komme und Geld fordere. Es sei ein grundsätzlicher Unterschied, ob man über Zusatzkosten für eine Zusatzleistung wie das dritte Gleis beim Filderbahnhof am Flughafen rede oder über viele Millionen aus einer Kostenexplosion. „Wir beteiligen uns an der Diskussion nicht“, so Körner. Er befürchtet aber, dass die Aussage bei der Bahn so ankomme, „dass die jetzt vielleicht ‚prima’ sagt“.

Bei der nächsten Landtagswahl am 13. März 2016 will der Landesverkehrsminister Winfried Hermann im Stuttgarter Filderwahlkreis für die Grünen punkten. Stoppers Aussage sei mit ihm nicht abgestimmt gewesen, sagt Hermann, und „sie hat mit meiner Kandidatur für den Landtag nichts zu tun“.

Außerdem, so der Kandidat, hätten „Debatten über Meinungsäußerungen im Gemeinderat der Stadt Stuttgart grundsätzlich keinen Einfluss auf das Verhältnis des Landes zur Bahn“. Die Position des Landes sei eindeutig: „Der Kostendeckel gilt!“

Der Kostendeckel liegt im Finanzierungsvertrag bei 4,5 Milliarden Euro. Werden Tiefbahnhof und Tunnel teurer, setzen sich Bahn und Land an einen Tisch. Das ist nötig, denn das Projekt steht bei 6,5 Milliarden, und Grube hat angekündigt, vom Land einen Teil der Milliarden-Mehrkosten holen zu wollen. Zur Not vor Gericht. Vorerst gibt es abtastende Vorgespräche zu Formalien.

Am Ende müssten Gerichte über Forderungen der Bahn entscheiden, sagt auch Stopper. „Wir Grünen gehen davon aus, dass der Gemeinderat zu seiner ablehnenden Haltung in Sachen Mehrkostenübernahme steht“, so der Stadtrat weiter. Wenn das so ist, war seine Schilderung eines Beteiligungsszenarios völlig überflüssig.