Im Oktober gingen die Bauarbeiten im Schlossgarten noch voran Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Die Zusatz-Treppenhäuser, die auf dem Stuttgart-21-Bahnhofsdach enden, sollen die Sicherheit in der Station wesentlich erhöhen. Einem Brand würden die verglasten Rettungswege allerdings nur 30 Minuten widerstehen können.

Stuttgart - Die Deutschen Bahn erwartet dringend die Genehmigung für den Bau zusätzlicher Fluchttreppenhäuser im geplanten Stuttgart-21-Tiefbahnhof. Weil die Freigabe des Eisenbahn-Bundesamtes (Eba) fehlt, sind die Tiefbauarbeiten für die Fundamente im Schlossgarten gestoppt. Gegenüber früheren Annahmen sind die Stuttgart-21-Macher acht Monate in Verzug.

Die Zusatz-Treppenhäuser, die auf dem Bahnhofsdach enden, sollen die Sicherheit in der Station wesentlich erhöhen. Einem Brand würden die verglasten Rettungswege allerdings nur 30 Minuten widerstehen können, denn die Bahn will die Fluchttreppenhäuser nur feuerhemmend bauen. Die 30 Minuten seien in der Industrienorm definiert, sagt ein Bahnsprecher auf Anfrage.

Fragen zum Brandschutz will das Eba nicht beantworten. Man sei derzeit dabei, die Entscheidung über die 6. Planänderung, sie umfasst auch die Treppen, zu erstellen, heißt es in der Bonner Behörde knapp.

Bis zu 16 124 Menschen müssten im Brandfall den Tiefbahnhof auf sicheren Wegen verlassen können. Daran habe sich nichts geändert, sagt die Bahn. Beim Rettungskonzept nimmt der Schienenkonzern eine Gleichverteilung auf den vier Bahnsteigen an. Die Rechnung mit sieben Doppelstockwagen an jeder Bahnsteigkante sei „eine vom Eba akzeptierte Belegung“, sagt die Bahn.

Die Projektgegner halten die Rechnung für nicht akzeptabel, schließlich habe es in der Stuttgart-21-Schlichtugn mit Heiner Geißler zwangsläufige Doppelbelegungen an Bahnsteigen geben, um den Fahrplan erfüllen zu können. Dem Eba ist das egal. Man entscheide jetzt nur über „die bauliche Dimensionierung des Brandschutzes“ und treffe „grundsätzlich keine betrieblichen Regelungen“. Erst zur Inbetriebnahme müsse die Bahn den detaillierten Brandschutznachweis liefern. Das schließe „dann auch die Einführung betrieblicher und technischer Regelungen ein“, so die Behörde.

Die Stuttgarter Branddirektion drängt schon heute auf Verbesserungen. „Zu den Treppenhäusern sind wir mit der Bahn noch in Diskussionen“, sagt Stefan Eppinger, der stellvertretende Leiter der Branddirektion. Geklärt sei inzwischen, wann die Bahn mit der Fremdrettung und wann sie mit dem ersten Löscheinsatz beginnen kann. „Mit der Fremdrettungsphase fangen wir nach 22 Minuten an, nach 30 Minuten löschen wir“, so Eppinger. Für die Reisenden kann es, zumindest nach einem früheren Entrauchungsgutachten, nach 24 Minuten extrem kritisch werden. Dann sie die komplette Bahnhofshalle verraucht, flüchtende Personen atmeten „kontaminierte Luft ein“, hatte die Schweizer Gruner AG Ende 2012 moniert. „Ich will nachgewiesen haben, das der Letzte draußen ist, bevor der Rauch zu tief kommt“, hatte Branddirektor Frank Knödler im Oktober 2013 gefordert.

Seitdem spielt die Bahn verschiedene Brand- und Entrauchungsszenarien durch. Der Rauch im Tiefbahnhof soll auch über Lüftungsklappen in so genannten Lichtaugen – gläserne Aufbauten auf dem Bahnhofdach – abziehen. Die Fluchttreppenhäuser enden zwischen diesen Lichtaugen. Eine Gefährdung sei „aufgrund seitenwindbedingter Rauchstahlauflösung“ weitestgehend auszuschließen“, so Gutachter im Auftrag der Bahn. Seitenwind im windarmen Talkessel? Zur Stärke des angenommenen Luftzuges will sich die Bahn nicht äußern.