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Beim umstrittenen Bahnprojekt „Stuttgart 21“ droht ein Kostenanstieg über die vereinbarte Obergrenze von 4,5 Milliarden Euro.

Stuttgart - Beim umstrittenen Bahnprojekt „Stuttgart 21“ droht ein Kostenanstieg über die vereinbarte Obergrenze von 4,5 Milliarden Euro. Der Infrastrukturvorstand der Deutschen Bahn, Volker Kefer, erläuterte am Montag in Stuttgart nach einer Sitzung der Projektträger, dies würde sich aus Nachbesserungen beim Flughafenbahnhof sowie beim Brandschutz ergeben. Konkret rechnete er vor, dass für die beim sogenannten Filderdialog erarbeitete Variante des Flughafenbahnhofs Zusatzkosten von 224 Millionen Euro sowie weitere 30 Millionen Euro für eine zweigleisige Anbindung hinzukämen. Zudem würden für einen verbesserten Brandschutz im geplanten Tiefbahnhof in Stuttgart zusätzliche Treppenhäuser und eine sogenannte Sprühnebeltechnik eingebaut - für jeweils 15 Millionen sowie sieben bis acht Millionen Euro. Über die Veränderungen sollen die Projektpartner zum Jahreswechsel entscheiden.

Bisher war die Bahn von Kosten von 4,33 Milliarden Euro ausgegangen. Mit den genannten Zusatzkosten würde das Projekt auf 4,6 Milliarden Euro kommen, ohne die noch nicht geklärten Mehrkosten aus der „Stuttgart 21“-Schlichtung von 80 Millionen Euro. Kefer betonte, würde man die genannten Kosten vom Flughafenbahnhof und Brandschutz dazuzählen, wäre man rein rechnerisch jenseits des Kostendeckels. „Dem ist so“, sagte er. Er wolle aber der Diskussion mit den Projektpartnern über die Kosten nicht vorgreifen.

Flughafenanbindung verzögert das Projekt

Kefers Ausführungen zufolge verzögert sich das Projekt wegen der Arbeiten am Flughafen insgesamt: Würde die neue Variante Flughafen umgesetzt, werde die Anbindung des Flughafens an den geplanten Tiefbahnhof in der Innenstadt erst 2022 fertig, zwei Jahre nach dem Fertigstellungstermin des Gesamtprojektes. Auch die Realisierung der ursprünglichen Variante am Flughafen würde eine Zeitverzögerung von einem Jahr bedeuten. Kefer begründete dies unter anderem mit der Notwendigkeit eines neuen Planfestellungsverfahren. Die hohen Kosten am Flughafenbahnhof seien darauf zurückzuführen, dass man den S-Bahn- und Fernbahnverkehr auf einer Ebene zusammenführen wolle.

Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) sagte, es brauche zur Klärung und Entscheidung über all diese Fragen beim Brandschutz und beim sogenannten Filderbahnhof am Flughafen eine neue Sitzung des Lenkungskreises in Januar. Da den Projektpartnern keine Originalunterlagen vorgelegt worden seien, könne man die Zahlen nicht ernsthaft beurteilen. Hermann forderte von der Bahn, endlich den aktuellen Kosten- und Planungsstand vorzulegen, damit man im Januar zu einer Entscheidung kommen könne. Dies sagte Kefer zu. Zum Streit über die Kostenübernahme sagte der Bahnvorstand, dass der Konzern auf seiner Position beharre, dass bei einem Übersteigen des Kostendeckels die Projektpartner Verhandlungen über die weitere Finanzierung aufnehmen müssten.

Der Verkehrsminister betonte hingegen, das Land bleibe dabei, dass diese sogenannte Sprechklausel im Vertrag vom Land nicht als Verpflichtung zur Kostenübernahme verstanden werde. „Wir haben fast eine Milliarde zur Verfügung gestellt und damit ist es gut“, sagte er. Kefer kündigte an, diese strittige Frage im Laufe der nächsten Jahreshälfte juristisch klären lassen über ein Gutachten oder eine Klage.

Unzufriedenheit mit Zusammenarbeit

Beide Seiten machten zudem deutlich, dass sie mit der Art und Weise der Zusammenarbeit nicht zufrieden sind. Kefer sagte, er könne zwar damit leben, dass die Bahn in vielen Punkten von der grün-geführten Landesregierung kritisch begleitet werde. Jedoch wünsche er sich insgesamt eine konstruktivere Perspektive und ein partnerschaftliches Vergehen beim Umgang mit Fehlern. Mit dem künftigen Grünen-Oberbürgermeister Fritz Kuhn wolle die Bahn gut zusammenarbeiten. Es sei verfehlt, schon jetzt mit einer „Vorspannung“ in die künftigen Gespräche reinzugehen.

Hermann kritisierte, dass den Projektpartner trotz Mahnungen nicht rechtzeitig Originalunterlagen zur Nachprüfung zur Verfügung gestellt würden. Er wolle mit seinen Nachfragen verhindern, dass das Land wie beim Berliner Flughafen von Kostensteigerungen überrascht werde. Berlin sei hier das warnende Beispiel.