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Nachdem am Bahnhof eine Stütze beschädigt wurde, mussten zwei Gleise gesperrt werden.

Stuttgart - Es passiert am Ende von Gleis 16, auf Höhe der fünften Säule vor dem Prellbock: Bei den Abrissarbeiten des Südflügels beißt der Bagger nicht nur in die Rückwand des Gebäudes – er trifft auch eine eingebaute Stütze des Bahnsteigdachs. Der gläserne Dachvorhang knickt ein und hängt in der Schwebe. „Dabei sind Baustaub und kleine Teile aufs Gleis gefallen“, sagt Cora Thiele, Sprecherin der Bundespolizei, „es wurde aber niemand verletzt, und es gab auch keinen weiteren Schaden.“

Das hätte bei dem Zwischenfall am Montag gegen 14.20 Uhr leicht passieren können. Denn auf Gleis 16 stand zu dieser Zeit der Regionalexpress Nummer 19429 nach Aalen zur Abfahrt bereit. Zwei Waggonlängen vor dem Prellbock verlor das Dach seinen Halt und senkte sich ab. Ein stählerner T-Träger setzt sich von Gleis 16 quer zur Halle über alle Bahngleise Richtung Gleis 1 fort. Die betroffene Stelle wurde mit provisorischen Stützpfeilern abgesichert. Der Regionalexpress nach Aalen konnte unversehrt um 14.49 Uhr abfahren. Dann aber ging nichts mehr an den Gleisen 15 und 16. Die wurden bis auf Weiteres gesperrt. Züge wurden auch am Abend auf nebenan liegende Gleise umgeleitet.

Abrisspanne als Steilvorlage

Der Zwischenfall hatte nach Angaben der Bahn nur geringe Auswirkungen auf den Zugverkehr. „Ein Zug hatte sechs Minuten Verspätung, andere drei bis fünf Minuten“, heißt es bei der Bahn. „Zur Ursache dauern die Untersuchungen an“, sagt Nadia El Almi, stellvertretende Leiterin Kommunikation des Bahnprojekts. Auch die Dauer der Sperrung der beiden Gleise war am späten Abend noch nicht absehbar.

Die Abriss-Panne war am Montagabend eine Steilvorlage für Gegner des Bahnprojekts Stuttgart 21, die ihre 116. Auflage der Montagsdemonstration verzeichnete. Nach Angaben der Parkschützer gab es 1500 Teilnehmer, laut Polizei waren es 1100, die sich zu einer Kundgebung auf dem Marktplatz trafen und dann protestierend zum Hauptbahnhof zogen. „So eine spontane Sperrung von zwei Gleisen ohne nennenswerte Einschränkungen im Bahnverkehr möchte ich bei S 21 mal sehen“, lautete einer der Kommentare, „da ist dann dicht!“ Die Abrissarbeiten laufen seit dem 30. Januar. Die Dauer war auf etwa acht Wochen veranschlagt – Ende März/Anfang April soll Schluss sein.

Neuer Ärger auf den Fildern

Den nächsten größeren Einsatz wird es am Sonntag, 25. März, geben. Im Mittleren Schlossgarten muss eine 500-Kilo-Fliegerbombe aus dem Zweiten Weltkrieg entschärft werden – was eine zeitweilige Sperrung des Bahnverkehrs notwendig macht.

Neuen Ärger um das Milliardenprojekt gibt es derweil auf den Fildern. Leinfelden-Echterdingens Oberbürgermeister Roland Klenk (CDU) kritisierte am Montag in einer Pressemitteilung die Vorgehensweise von Land und Bahn beim geplanten Filder-Dialog S 21. „Da hat man schlechten Stil bewiesen“, bemängelte Klenk, dass er und die Stadträte aus einem Zeitungsartikel erfahren mussten, wer die öffentlichen Debatten über die S 21-Pläne auf den Fildern und mögliche Alternativen moderieren wird.

Dem Artikel zufolge wird der Bonner Religionspädagoge Ludwig Weitz für den Ausgleich zwischen Vertretern der Projektpartner und den betroffenen Bürgern sorgen. Die drei Veranstaltungen sollen im Mai in Leinfelden-Echterdingen stattfinden.

OB Klenk regt sich nicht über die Person Weitz auf, sondern darüber, dass weder er noch der Gemeinderat in die Entscheidung eingebunden waren. Damit setze sich fort, was sich am 7. März angedeutet habe, als die Filderkommunen beim Zeitplan vor vollendete Tatsachen gestellt wurden. Klenk fragt sich, wie in drei kurz aufeinander folgenden Sitzungen substanzielle Vorschläge aus dem Arbeitskreis Stuttgart S 21 der Stadt zur Nutzung der S-Bahn-Gleise oder zur Lage des Filderbahnhofs seriös behandelt werden sollen. Gisela Erler, Staatsrätin für Zivilgesellschaft und Bürgerbeteiligung von den Grünen, habe geantwortet, man solle froh sein, dass es überhaupt einen vorgeschalteten Dialog gäbe. „Der Filder-Dialog ist als wegweisende Form der Bürgerbeteiligung gestartet, droht jetzt aber zur Alibiveranstaltung zu werden“, klagt Klenk. Bis heute kenne man weder Termine noch Modalitäten für die Veranstaltungen.