Oberirdisch rollen die Bagger, doch unterirdisch wird Stuttgart 21 erst mal nicht weitergebaut. Foto: dpa

Wegen Grundwasser-Problem: Bahn kündigt an, alle Tiefbauarbeiten zurückzustellen.

Stuttgart - Der Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND) entscheidet am Freitag, ob er beim Projekt Stuttgart21 gegen die Bahn AG klagt. Er will zur Frage, ob mehr Grundwasser abgepumpt werden darf, gehört werden. Die Bahn kündigte am Mittwoch an, alle Tiefbauarbeiten zurückzustellen.

Der BUND ist Mitglied des Aktionsbündnisses gegen den Tiefbahnhof, dem zentralen Teilstück von Stuttgart 21. Die Landesvorsitzende Brigitte Dahlbender ist seit wenigen Tagen gemeinsam mit dem SÖS-Stadtrat Hannes Rockenbauch neue Sprecherin des Bündnisses.

BUND bisher nicht gehört

Man könne, so Dahlbender am Mittwoch vor der Presse, beim Verwaltungsgerichtshof Mannheim einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die Bahn stellen. Hintergrund ist, dass die Bahn zum Bau der neuen Infrastruktur in der Stuttgarter City doppelt so viel Grundwasser wie bisher genehmigt abpumpen will.

Tiefbahnhof und Tunnel liegen im Grundwasser, sollen aber im Trockenen entstehen, weshalb während der laut Bahn siebenjährigen Bauzeit Wasser gepumpt und größtenteils wieder ins Erdreich zurückgeleitet werden muss. Die Bahn hat die neue Fördermenge bei ihrer Aufsichtsbehörde, dem Eisenbahn-Bundesamt in Bonn (Eba), beantragt. Der BUND ist bisher nicht gehört worden. Auf diese Anhörung pocht Dahlbender. "Wir sind ein klageberechtigter Umweltverband und können gerichtlich vorgehen, wenn uns unser Beteiligungsrecht verweigert wird", so die Landesvorsitzende des 80.000 Mitglieder starken Vereins.

Sollte das Eba bis Freitag nicht einlenken und ein förmliches Planänderungsverfahren samt Umweltverträglichkeitsprüfung zusagen, will der BUND klagen. "Wir lassen uns beraten und wollen sehen, mit welchen Eilverfahren wir dann vorgehen", sagt Dahlbender.

Warnung vor "intensivem" Widerstand

Das Aktionsbündnis, das für den 9. Juli um 14.30 Uhr zur nächsten Großdemonstration gegen Stuttgart 21 aufruft, forderte erneut einen Baustopp bis zur Volksabstimmung im Herbst und eine Beteiligung am Stresstest. Der Test war in der Stuttgart-21-Schlichtung unter Heiner Geißler vereinbart worden. Die Bahn muss nachweisen, dass der neue Durchgangsbahnhof 30 Prozent mehr Züge bewältigen kann als heute im Kopfbahnhof fahren. Die Ergebnisse sollen am 14. Juli von 16 bis 21 Uhr im Rathaus vorgestellt werden. Tags darauf will Bahn-Chef Rüdiger Grube Aufträge im Umfang von rund 750 Millionen Euro vergeben.

Die Vorgaben zum Stresstest seien bisher unbekannt, sagten Dahlbender und Rockenbauch und fordern eine Beteiligung. Der Terminvorschlag der Bahn für den 14. Juli offenbare, dass eine Schauveranstaltung geplant sei. Wenn die Bahn nicht innehalte, warnt der Grünen-Stadtrat Jochen Stopper, werde die von der Regierung für Herbst geplante Volksabstimmung über die Landesbeteilung an Stuttgart 21 "unsinnig".

Alle Tiefbauarbeiten aufgeschoben

Die Bahn kündigte am Mittwoch neben dem nächste Woche beginnenden und fünf Monate dauernden Aufbau der 17 Kilometer Rohrleitungen für den Grundwasser-Kreislauf in der City weitere kleine Arbeiten an. Bis die neue Genehmigung für die erhöhte Wasserentnahme vorliege, "wird die Bahn keine Baumaßnahmen machen, die vom Grundwasser abhängig sind", sagte der Anwalt Josef-Walter Kirchberg im Auftrag der DB. Damit werden faktisch alle Tiefbauarbeiten aufgeschoben.

Man erhoffe sich die Genehmigung aber bereits bis in zwei Monaten, sagte Kirchberg. Die Forderungen des BUND und der Landesregierung nach einer umfänglichen Beteiligung wies Kirchberg zurück. Man brauche nur eine wasserrechtliche Entscheidung, auf die Anhörung von Verbänden könne dabei in der Regel verzichtet werden.

Dahlbender und Rockenbauch kritisierten in ihrer Pressekonferenz auch den Grünen-Verkehrsminister Winfried Hermann und Regierungschef Winfried Kretschmann (Grüne). Die Regierung sei zu passiv. "Sie muss agieren, sie muss der Bahn Bedingungen vorgeben und kann nicht einfach Zeitpläne akzeptieren", so Dahlbender. "Wir wollen der Landesregierung den Rücken stärken, wir wollen keine Zustände wie am 30. September 2010 im Schlossgarten", sagte Rockenbauch. Damals hatte die Polizei Wasserwerfer gegen Blockierer eingesetzt. Zahlreiche Menschen wurden zum Teil schwer verletzt. Der Widerstand gegen das 4,1 Milliarden Euro teure Projekt werde dennoch "intensiv sein", wenn die Bahn den Südflügel des Hauptbahnhofs abbreche und erneut Bäume fälle, warnt Dahlbender.