Gewerkschaftsbund unterstützt Geißler - Architekt Ostertag plant neue Vorschlag.

Stuttgart - Der Streit um Stuttgart21 und besonders um den Vorschlag des Stuttgart-21-Schlichters, eine Kombination aus unterirdischem Durchgangsbahnhof und reduziertem oberirdischem Kopfbahnhof anzustreben, hat sich am Dienstag fortgesetzt.

Der Landesvorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbunds, Nikolaus Landgraf, forderte die grün-rote Koalition im Land zu einem Kompromiss im Sinne von Geißler auf. Die vorgeschlagene Kombilösung sei eine Chance für alle Projektpartner, erklärte Landgraf am Dienstag in Stuttgart. Auch die große Mehrheit der Baden-Württemberger stehe einem kombinierten Kopf- und Tiefbahnhof positiv gegenüber. Die Volksabstimmung werde eher nicht zu einer Befriedung führen, befürchtet der Landesvorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbunds. Ein Wahlkampf der Koalitionspartner gegeneinander mit einem absehbaren Erfolg der Befürworter von Stuttgart21 drohe das politische Klima weiter zu vergiften.

Abgelehnt wird die Kombilösung von dem Stuttgarter Architekten Roland Ostertag, der sich schon bisher für die Erhaltung des kompletten Hauptbahnhofs von Paul Bonatz eingesetzt hatte. Ostertag arbeitet an einem Vorschlag für eine "echte Verbesserung des Bahnknotens und der Stadt Stuttgart". Mit dem Münchner Büro Vieregg und Rößler, das vor und während der Schlichtung die Stuttgart-21-Gegner beraten hatte, entwickelte Ostertag eine Alternativlösung. Kommende Woche will er sie der Öffentlichkeit vorstellen. Mit dem Vorschlag "KL21" wollen Ostertag und seine Münchner Mitstreiter die "verfahrene Situation" auflösen. Sie streben einen modernisierten Kopfbahnhof mit 17 Gleisen und einen viergleisigen Tiefbahnhof an. Anders als bei der Kombilösung soll der unterirdische Durchgangsbahnhof in diesem Fall aber in Längsrichtung und nicht in Querrichtung unter den Gleisen des Kopfbahnhofs liegen. Der Schlossgarten, der Bonatz-Bahnhof und das städtische Umfeld würden überhaupt nicht angetastet, heißt es in der Einladung zum Pressegespräch, Probleme mit dem Grund- und dem Mineralwasser würden vermieden.

Der frühere und heutige hessische Verkehrsminister Dieter Posch (FDP) ist beim Blick auf die Querelen um Stuttgart21 "heilfroh" darüber, dass das ähnliche Projekt Frankfurt21 gestoppt wurde. In Frankfurt seien die massiven Kostenrisiken, die erheblichen Probleme aus der auf mindestens zehn Jahre geschätzten Bauphase und vor allem die zweifelhafte verkehrliche Vorteilhaftigkeit des Vorhabens rechtzeitig erkannt worden, wird Posch vom Online-Dienst des Hessischen Rundfunks zitiert.

Für Posch, heißt es bei hr-online, habe die Faszination des Projekts in den Chancen für die Stadtentwicklung gelegen. Die Möglichkeit, große Flächen in zentraler Lage für eine städtebauliche Entwicklung nutzen zu können, habe ernstgenommen und gründlich untersucht werden müssen. "Dass wir den ,Tanker Frankfurt 21', der nach Machbarkeitsstudie und Vorprojekt schon Fahrt aufgenommen hatte, gerade noch rechtzeitig wieder zum Stehen bekommen haben, halte ich für eine starke hessische Leistung", wird Posch zusammenfassend zitiert.

Sorgen macht ihm aber die schleppende Finanzierung des anstelle von Frankfurt21 vereinbarten Projekts Frankfurt RheinMainplus insbesondere durch den Bund.