In den roten Turm zieht die Ausstellung für das Bahnprojekt Stuttgart-Ulm ein. Der blaue Container davor nimmt die Bahnhofsmission auf. Foto: Lichtgut/Achim Zweygarth

Das Interesse an der Bahnhofsbaustelle hat 2019 leicht nachgelassen. Grund ist die Schließung der Ausstellung im Bahnhofsturm. Wer mit Führer auf die Baustelle will, muss ab Juli 2020 deutlich mehr bezahlen.

Stuttgart - Am 28. Juli 2019 musste der Verein Bahnprojekt Stuttgart-Ulm seine Ausstellung im Bahnhofsturm schließen, weil das alte Bahnhofsgebäude von Grund auf saniert wird. Der Verlust der Räume und des zentralen Treffpunkts für Führungen drückte die Besucherzahlen. Statt 230 000 im Turm gab es noch 120 000. Im Vorjahr gab es 795 Führungen im Turm, nun 686 und 1143 statt 1233 (2018) über die Stuttgart-21-Baustelle. Insgesamt rund 170 000 Menschen seien über das Bahnprojekt informiert worden, im Vorjahr waren es rund 287 000.

Umso mehr fiebert der Verein mit Bernhard Bauer an der Spitze der Eröffnung seines 3,4 Millionen Euro teuren Neubaus an Gleis 16 entgegen. Bauer (69) steht dem von den S-21-Projektpartnern getragenen Verein seit Ende Juli 2019 vor. Bis Ende 2011 hatte er als Spitzenbeamter das Umwelt- und Verkehrsministerium von Tanja Gönner (CDU) geführt.

Tage der offenen Tür

Der neue Ausstellungsturm wird auf sechs Etagen mit insgesamt 500 Quadratmetern Ausstellungsfläche nur halb so groß wie bisher, dafür weichen großformatige Modelle modernster Technik. „Wir werden eine interaktive Kinoebene haben. Dankt Digitaltechnik kann man virtuell schon durch die neue Bahnhofhalle gehen“, sagt Pressesprecher David Bösinger. Besucher könnten damit einen realitätsnahen Eindruck erhalten. Ob der Neubau das virtuelle Bild bestätigt kann frühestens Ende 2025 bei der Eröffnung des Tiefbahnhofs überprüft werden.

Der Verein lädt vom 3. bis 5. Januar 2020 jeweils von 10 bis 16 Uhr auf die Baustelle im Schlossgarten ein. Über vier Zugänge im Park, beim Leitner-Steg und vor der LBBW können markante Punkte besichtigt werden, auch die neue Stadtbahnhaltestelle Staatsgalerie, der Nesenbach-Abwasserkanal oder die auf Stützen gestellte alte Bahndirektion. „Mit durchschnittlich 32 000 Besuchern ist das die erste Großveranstaltung des Jahres“, sagte Bauer am Montag vor der Presse. Die Baustelle sein ein Touristenziel wie die großen Automuseen.

Verein erhöht die Preise für Führungen

Sein Augenmerk hat Bauer auf die Konsolidierung gelegt. So wird der Verein aus der Jägerstraße 2 aus- und in Containerbüros an der Baustelle einziehen, um Mietkosten zu senken. Dem Verein stehe ein Etat von rund drei Millionen Euro pro Jahr zur Verfügung, die Budgetplanung reiche bis 2025. Der Obolus für die verschiedenen Führungen steigt ab Juli 2020, für die im Turm verdoppelt er sich von fünf auf zehn Euro. Eine Baustellenführung (ohne Tunnel) kostet dann 20 statt 14 Euro. Der neue Infoturm soll auch den anhaltenden Protest gegen das Projekt zeigen, um diesen Teil kümmere sich, so Bösinger, das Verkehrsministerium. Der Turm könne später für Ausstellungen zum Rosenstein-Wohnquartier genutzt werden.

Bauer erwartet, dass die in der Bürgerumfrage der Stadt erhobenen mäßigen Zustimmungswerte für Stuttgart 21 wieder steigen. „Die Zustimmung ist immer dann gesunken, wenn es neue Kosten gab“, sagte er. Das war Anfang 2018 mit dem Sprung von 6,5 auf 7,7 Milliarden Euro der Fall, in diesem Jahr wurden 8,2 Milliarden erreicht. Der Faszination eines Baustellenbesuchs solle das keinen Abbruch tun. Stuttgart 21 sei „hohe Ingenieurskunst, absolut begeisterungswert“, so Bauer. Der Streckenbau nach Ulm sei heute „von fast allen akzeptiert“, und die Entscheidung für Stuttgart 21 werde „in 30 Jahren von allen als Weise gelobt werden“.