Im Schlossgarten schlummern noch immer Blindgänger im Untergrund Foto: dpa

500 Kilogramm schwerer Blindgänger muss unschädlich gemacht werden.

Stuttgart - In gut zwei Wochen wird im Schlossgarten Ausnahmezustand herrschen. Das hat dann zwar mit der Tieferlegung des Hauptbahnhofs, also mit Stuttgart 21 zu tun. Doch es sind keine Protestaktionen der Projektgegner, die für massiven Polizeieinsatz sorgen werden, sondern eine Bombe. Ein ungefähr 500 Kilogramm schweres und unter Umständen hochexplosives Überbleibsel aus dem Zweiten Weltkrieg soll am 25. März entschärft und geborgen werden.

Schon jetzt ist das Eck im Schlossgarten gegenüber einem Baum, in dem der mysteriöse Juchtenkäfer vermutet wird, abgesperrt, damit kein Lastwagen darüber hinwegrumpelt und mit Gewicht und Erschütterung für Gefahr aus der Tiefe sorgen kann. Wenn in zwei Wochen die Experten des Kampfmittelbeseitigungsdiensts anrücken, um ihre gefährliche Arbeit zu verrichten, wird die Absperrung ungleich umfangreicher sein.

Stelle wird großräumig abgesperrt

Die Stelle, an der der Blindgänger der britischen oder amerikanischen Bomber vermutlich liegt, wird großräumig abgesperrt werden. Wie massiv die Verkehrsbehinderungen an dem Sonntag sein werden, ist schwer abzuschätzen. Dass besondere Vorsicht geboten ist, versteht sich von selbst. Denn die Splitter einer freiliegenden Bombe können bis zu 1500 Meter weit fliegen.

Am 19. April 1945 ging die letzte Fliegerbombe auf Stuttgart nieder. Eine einzelne britische Bombe schlug um 22.12 Uhr in der Pragstraße auf und tötete einen Menschen. Insgesamt wurde die Landeshauptstadt 53-mal aus der Luft angegriffen. 8300 britische und US-amerikanische Flugzeuge warfen damals 12 000 Spreng- und 1,3 Millionen Brandbomben ab. 4562 Menschen wurden getötet, mehr als 39 000 Gebäude zerstört oder beschädigt.

Bei manchen Sprengkörpern versagt der Zündmechanismus. Und mit diesen Blindgängern haben die Mitarbeiter des Kampfmittelbeseitigungsdiensts in fast regelmäßigen Abständen zu tun. Jetzt also erneut im Schlossgarten. Die Bahn war im Krieg und danach beim Wiederaufbau unverzichtbar. Deshalb waren Schäden an den Gleisanlagen sofort repariert worden. Für eine umfassende Suche nach Blindgängern blieb dagegen keine Zeit. Und deshalb tauchen die gefährlichen Relikte des Kriegs immer wieder auf.

„Zünder entfernt, Bombe entschärft.“

Seit mehreren Jahren können die Bombenräumer auf Bilder der alliierten Luftaufklärung zugreifen, mit denen Trichter von Blindgängern ausfindig gemacht werden können.

So konnten die Experten im April 2008 im Unteren Schlossgarten eine 470 Kilogramm schwere Fliegerbombe an den Haken nehmen. Dafür war eine der größten Evakuierungsaktionen seit mehr als zehn Jahren vonnöten gewesen. Polizisten holten rund 800 Anwohner aus den Betten, der Verkehr wurde umgeleitet, Lautsprecherwagen fuhren durchs Stöckachviertel, für S-Bahn-Linien sowie für alle Regional- und Fernzüge sprangen die Signale auf Rot. Schon nach zehn Minuten gaben die Bombenräumer Entwarnung: „Zünder entfernt, Bombe entschärft.“

Ende November 2010 sperrte die Polizei den Rosensteinpark weiträumig. Zwei 250-Kilo-Sprengbomben britischer Herkunft mussten unschädlich gemacht werden. Die Wilhelma blieb geschlossen, die Stadtbahn-Linie U 14 musste ihren Betrieb für Stunden einstellen. Eine der Bomben steckte senkrecht in der Erde, was problematisch war. Der Einsatz verlief erfolgreich.