Bahn will Arbeiten jedoch erst nach einem Treffen mit der neuen Landesregierung fortführen.
Stuttgart/Berlin - Die Deutsche Bahn steht zu Stuttgart21. Der zunächst bis 12.Mai geltende Baustopp soll trotzdem bis zur ersten Krisentreffen mit Regierungschef Winfried Kretschmann (Grüne) in wenigen Tagen verlängert bleiben. Die Bahn will nicht provozieren - mahnt aber aus Zeit- und Kostengründen "Handlungsbedarf" an.
Die Deutsche Bahn AG nimmt zu politischen Entwicklungen keine Stellung. Der Marschroute ist man auch am Donnerstag treu geblieben. Zum Amtsantritt von des Grünen-Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann erklärte ein Bahnsprecher lediglich, dass man mit der neuen Landesregierung bald Gespräche zu Stuttgart21 aufnehmen werde. Mehr nicht.
Das Schweigen der Bahn heißt nicht, dass S21 in der Berliner Konzernzentrale kein Thema wäre - im Gegenteil. Vorstandschef Rüdiger Grube, Infrastruktur- und Technikvorstand Volker Kefer und ein Team von Planern, Controllern, Juristen und Ingenieuren entwerfen derzeit die Marschroute für die erwartete harte Auseinandersetzung mit der grün-roten Landesregierung. Dabei werden zwei Strategieen diskutiert: Die Falken setzen auf volle Konfrontation, die Tauben auf maximalen Interessensausgleich.
Die Tauben haben derzeit offenbar die Nase vorn. Nach gesicherten Informationen unserer Zeitung wollen Grube und Kefer alsbald dem neuen Ministerpräsidenten und seinem Finanz- und Wirtschaftsminister Nils Schmid - dessen SPD im Gegensatz zu den Grünen das Bahnprojekt befürwortet - das Angebot machen, den derzeitigen Bau- und Vergabestopp für Stuttgart21 zumindest bis zur ersten Sitzung des Lenkungskreis auszuweiten. "Das soll ein klares Zeichen sein, dass wir keine Provokation wollen", meint ein Vertrauter Grubes.
"Das Entgegenkommen der Bahn sollte nicht missverstanden werden"
Vorstand Kefer hatte kurz nach der Landtagswahl am 27.März erklärt, dass man bis zum Amtsantritt der Regierung keine neue Fakten schaffen werde. Dieses Zugeständnis wird nun verlängert - wobei die Bahn davon ausgeht, dass sich das oberste Entscheidungsgremium zu S21 schon "in den nächsten Tagen trifft". Andernfalls sei die Verlängerung des Moratoriums vom Tisch, heißt es. Auch Kretschmann und Schmid haben bereits um einen baldigen Termin gebeten. Das Treffen soll Ende kommender Woche, spätestens übernächste Woche stattfinden.
"Das jetzige Entgegenkommen der Bahn mit dem Baustopp sollte aber nicht missverstanden werden", schränkt ein Kenner des Konzern ein: Die Bahn stehe nach wie vor zu S21; Grube wolle bauen und zusammen mit der Landesregierung "Wege zur Realisierung" suchen. Viel Handlungsspielraum hat die Bahn ohnehin nicht: Zum einen müssen bis spätestens Juni Großaufträge im Umfang von etlichen Hundert Millionen Euro für den Neubau des Technikgebäudes am Norausgang, die Fertigstellung der Grundwasseraufbereitungsanlage am Schlossgarten sowie den Bau des zehn Kilometer langen Fildertunnels vergeben werden. Zum anderen kann die Bahn den Baustopp nicht unbegrenzt verlängern, so lange dies SPD und Güne wie ein Eingeständnis zur Übernahme der daraus resultierenden Mehrkosten interpretieren können.
"Die Verlängerung des Baustopps bis zu einer Volksabstimmung im Oktober kommt nur bei einem Beschluss des Lenkungskreises in Frage, der die Bahn von solchen Kosten freistellt", heißt es im Konzern. Dieses Thema müssten Grube und Kretschmann umgehend angehen. Auch OB Wolfgang Schuster (CDU), der Kretschmann am Donnerstag eine "offene und faire Zusammenarbeit" angeboten hat, wird im Lenkungskreis mehr als ein Wort mitreden.
Die CDU/CSU-Fraktion im Bundestag ermahnte am Donnerstag die Bahn, auch nach dem Amtsantritt der neuen Landesregierung bei Stuttgart21 "weiterhin offen mit den Fakten" umzugehen. Man unterstützte das Projekt, wolle aber erst nach dem Stresstest des Tiefbahnhofs das weitere Vorgehen von CDU und CSU beraten. Die Parkschützer-Initiative in Stuttgart ruft für den heutigen Freitag zur Blockade der S-21-Baustelle beim alten Omnibusbahnhof auf. Man wolle sich "auch unter anderen politischen Vorzeichen dem Baufortschritt in den Weg stellen", kündigt die Initiative an.