Die ehemalige Bahndirektion steht jetzt auf Betonpfählen. Foto: Lichtgut/Achim Zweygarth

Lange Zeit war die denkmalgeschützte Bahndirektion ein Sorgenkind. Nun ist die erste kritische Phase der Untertunnelung gegenüber des Stuttgarter Hauptbahnhofs geschafft. Noch in diesem Jahr soll der Tunnel-Rohbau fertig sein.

Stuttgart - Auf breiten Betonpfählen schwebt sie über dem matschigen Baustellengrund. Unten am Boden tragen Bauarbeiter in grellen Warnwesten Stahlstreben über das Gelände der S-21-Großbaustelle. Über ihnen ragt imposant die ehemalige Bundesbahndirektion.

Lange Zeit war die Bahndirektion das ausgemachte Sorgenkind im Bauabschnitt Nordkopf. Weil Teile der Eisenbahntunnel in Richtung Hauptbahnhof unter dem Gebäude hindurch verlaufen sollten, musste die Direktion aufwendig untertunneltwerden. Einen Abriss des denkmalgeschützten Gebäudes hatte die Stadt zuvor abgelehnt. „Das war die größte technische Herausforderung in diesem Bereich“, bestätigt Jörg Hamann, Projektsprecher des Bahnprojekts Stuttgart–Ulm.

Das Gebäude sollte keine Risse bekommen

Zentral war dabei vor allem die Befürchtung, dass das Gebäude im Zuge der Arbeiten Risse bekommen könnte. „Aufgrund des inhomogenen Baugrunds war das durchaus riskant“, erklärt Michael Pradel, Projektleiter des Bauabschnitts. Doch vor Ort hatte man Glück – bei den Bauarbeiten stieß man vor allem auf unkomplizierten Mergel. Inzwischen kann Pradel aufatmen: „Der schlimmste Teil ist vorbei.“

Der Weg hin zu diesem Zwischenergebnis war allerdings lang: Um unter dem Gebäude arbeiten zu können, mussten zunächst einmal Mikropfähle in den Boden getrieben und mit speziellen Balken unterbetoniert werden. Danach errichtete man eine Auffangplatte, auf der das denkmalgeschützte Gebäude heute steht – ein aufwendiges Unterfangen für die rund 250 Mitarbeiter, die auf dem Bauabschnitt beschäftigt sind. „Unter der Auffangplatte ist die Arbeit besonders anstrengend“, erzählt Pradel. Staubig sei es dort, und viele Baugeräte passten nicht darunter, sodass von den Mitarbeitern mehr von Hand transportiert werden musste.

2019 soll der Rohbau fertig sein

Nennenswert abgesenkt hat sich der Untergrund dabei jedoch nicht, soviel können die Verantwortlichen heute sagen. Das Gebäude ist intakt geblieben – auch dank spezieller Sensoren: „Wenn der Boden sich bewegt, wird das aufgezeichnet. Dank sensibler hydraulischer Pressen können die Betonpfähle, auf denen die Direktion jetzt steht, zentral gesteuert werden, um das millimetergenau auszugleichen“, erklärt Michael Pradel.

2019 soll der Rohbau für den Tunnel unter der Bahnhofsdirektion komplett fertiggestellt werden. „Wir bauen jetzt die Bodenplatten, die Wände und die Decke. Anschließend soll das Gebäude auf dem Tunnel aufgesetzt werden,“ erklärt Pradel. Das sei noch mal eine kritische Phase. Mit seinen 15 000 Tonnen ist die Direktion nicht gerade ein Leichtgewicht. „Durch das Gewicht senkt sich der Tunnel nochmals etwas ab“, so Pradel.

Auch die Verbindungen zwischen dem Kriegsberg und der Bahnsteighalle sollen demnach in diesem Jahr noch fertiggestellt werden. Sie führen unter der Bahnhofsdirektion und der Heilbronner Straße hindurch. Im Frühjahr 2020 schließlich planen die Verantwortlichen, die ehemalige Bundesbahndirektion an den Investor zu übergeben.