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Nur wenige Menschen protestieren am Montagmorgen gegen den Aufbau der Grundwasserrohre.

Stuttgart - Nur wenige Demonstranten haben am Montagmorgen die Grundwasseraufbereitungsanlage für Stuttgart21 am Hauptbahnhof blockiert. Mit eineinhalb Stunden Verzögerung konnte der Aufbau des Rohrleitungsnetzes beginnen.

 

Rund 150 Männer und Frauen haben sich Montagmorgen vor der Zufahrt zu Grundwasseraufbereitungsanlage beim alten Omnibusbahnhof versammelt. Gegen 6.30 Uhr rollt eine Kolonne von elf Baufahrzeugen auf die S-21-Baustelle zu. Sie wird von den Demonstranten gestoppt.

Um 7.20 Uhr rollt eine zweite Kolonne heran. Es sind 30, 40 Polizeifahrzeuge. Die Kolonne reicht vom Südflügel bis zur Wolframstraße. Die Cannstatter Straße ist ab sofort gesperrt. "Haut ab, haut ab", rufen die Demonstranten.

"Ich will, dass Sie den Weg freimachen"

Um 7.30 Uhr macht die Polizei die erste Durchsage über Lautsprecher: "Sie werden hiermit gebeten, die Blockade sofort zu beenden!" Die Menge skandiert: "Oben bleiben!" Drei Beamte vom sogenannten Antikonfliktteam versuchen, die Protestierer zum Gehen zu bewegen. Die Gespräche bleiben ohne greifbares Ergebnis. "Ich will mein Demonstrationsrecht ausüben", sagt ein Mann in roter Regenjacke. "Ich will, dass Sie den Weg freimachen", sagt der Konfliktverhinderer.

Kurz vor acht kommt die zweite, um acht Uhr die dritte Durchsage: "Wir fordern Sie zum letzten Mal auf. Kommen Sie dem nicht nach, werden wir zwangsweise räumen. Sie können sich wegen Nötigung strafbar machen." Die meisten Demonstranten gehen jetzt freiwillig beiseite. "Wir haben Parkschützer-Alarm ausgelöst", berichtet einer. Die elektronische Kurznachricht erhalten mehrere tausend Mitglieder der Parkschützer-Initiative. Doch vor dem Hauptbahnhof tut sich nichts mehr. Rund 150 Demonstranten stehen mehreren Hundert Polizisten gegenüber. Dabei bleibt es für heute.

Nächste Großdemo am 9. Juli

Sieben Männer und eine Frau gehen nicht weg. Sie setzen sich vor der Zufahrt auf die Straße. Um 8.08 Uhr gehen zwei Polizeibeamte auf den ersten Blockierer zu und fragen: "Kommen Sie mit? Oder wollen Sie getragen werden?" Der Mann zögert. "Ich gehe - aber nur unter Protest", sagt er. Die Beamten führen ihn ab. Seine Personalien werden erfasst; auch um ihm die Gebühren für den Einsatz in Rechnung zu stellen.

Sechs Blockierer gehen noch zu Fuß, nur einer wird getragen. Nach drei Minuten ist die Straße geräumt. Die Menge hinter der Polizeiabsperrung ruft: "Schuster weg!" Ein einsamer Ruf dringt durch den Chor hindurch: "Wo ist Kretschmann?"

Als sich die Kolonne der Baufahrzeuge in Bewegung setzt, hocken sich ein paar junge Leute spontan auf die Straße. Es gibt kleinere Rangeleien mit den Beamten. Um 8.30 Uhr fährt die Kolonne auf die Baustelle ein. Als gegen Mittag auf der Cannstatter Straße die ersten beiden Stützen für das 17 Kilometer lange Rohrleitungsnetz aufgebaut werden, bleiben die Arbeiter ungestört.

"Wir tragen diese Verantwortung"

"Dass heute nicht so viele Demonstranten da sind, sagt nichts über unseren Erfolg oder Misserfolg aus", meint SÖS-Stadtrat Hannes Rockenbauch, der die Blockade aus nächster Nähe beobachtet. Die einen machten auch bei kleinener Aktionen mit; andere konzentrierten sich lieber auf die nächste Großdemo am 9.Juli. "Die Menschen spüren jetzt wieder, dass es auch auf ihren persönlichen Widerstand ankommt", meint Rockenbauch, der hier für das Aktionsbündnis gegen Stuttgart21 spricht.

"Wenn die Bahn Bäume fällt oder den Südflügel abbricht, werden tausende Menschen auf die Straße gehen", kündigt Rockenbauch an. Im Interview mit der "Süddeutschen Zeitung" hat Baden-Württembergs Innenminister Reinhold Gall (SPD) erklärt, dass es "Aufgabe des Staates" sei, das Baurecht der Bahn auch gegen Widerstand der Demonstranten "selbstverständlich zu ermöglichen". Recht müsse zu Recht verholfen werden. "Wir sind jetzt in der Regierung und tragen diese Verantwortung", so Gall.