Das Handout der Bahn zeigt ein Computerbild des Bahnprojektes Stuttgart 21. Um die Mehrkosten in Milliardenhöhe für den Weiterbau gibt es Streit zwischen dem Land und der Bahn AG. Foto: DB AG

Für ihr Projekt Stuttgart 21 will die Deutsche Bahn 1,657 Milliarden Euro zusätzlich bereitstellen. Im zweiten Schritt will sich die Bahn den Großteil der Summe über eine Klage vom Land holen.

Stuttgart - Die 20 Mitglieder des Bahn-Aufsichtsrats erhielten am Freitag eine Beschlussvorlage des Bahn-Vorstands. Die Kontrolleure, unter ihnen zehn Arbeitnehmer-Vertreter, sollen am 5. März einem deftigen Nachschlag für den Tiefbahnhof und die Stecke Feuerbach–Wendligen zustimmen. Damit würde die Bahn ihren Eigenanteil von bisher 1,7 Milliarden Euro praktisch verdoppeln. Der sogenannte Gesamtwertumfang (die absehbar nötige finanzielle Leistung) für Stuttgart 21 wachse damit von jetzt 4,33 auf 5,987 Milliarden Euro.

Stuttgart 21 ist von Bahn, Bund, Land, Stadt und Region Stuttgart sowie dem Flughafen bis maximal 4,5 Milliarden Euro finanziert. Am 12. Dezember hatten Bahn-Chef Rüdiger Grube und Technikvorstand Volker Kefer eine Kostenexplosion auf bis zu 6,8 Milliarden verkündet. Die Chefs sollen nun mindestens 300 Millionen einsparen. Für weitere 300 Millionen Euro, die sich aus Schlichtung und verbessertem Flughafenbahnhof ergäben, sieht sich das Bundesunternehmen das Land zuständig.

Der Aufsichtsrat soll den Vorstand am 5.  März beauftragen, die sogenannte Sprechklausel aus dem Finanzierungsvertrag offiziell zu ziehen. Damit will sich die Bahn vom Land mehr als eine Milliarde ihres Zuschusses zurückholen. Im Fall der Weigerung werde der Gerichtsweg eingeschlagen, sagt ein Kontrolleur. Im Gremium wird von erheblichem politischem Druck gesprochen. Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) wird mit den Worten „Es gibt Order, das am 5. vom Tisch zu bringen“ zitiert.

Eine Zwangsbeteiligung würde den Landeshaushalt empfindlich treffen

Im Aufsichtsrat wird erwartet, dass einzelne Mitglieder der Vorstandslinie aus Sorge um die persönliche Haftung nicht folgen und gegen den Finanzierungsvorschlag stimmen werden. Das Aktionsbündnis der S-21-Gegner hat Strafanzeigen wegen Untreue angekündigt. Mit dem Zuschuss von 1,657 Milliarden Euro bliebe die Bahn knapp unter der Grenze, an der die Investition in Stuttgart für den Konzern unwirtschaftlich wird. Kefer hatte 1,87 Milliarden Euro Zusatzkosten für die Bahn als absolute Grenze bezeichnet.

Der Bund wird nach Informationen unserer Zeitung für die Bahn auch dann nicht in Haftung eintreten, wenn die Bahn vor Gericht verlieren würde. Ein Urteil würde damit endgültig festschreiben, wer das Projekt mit welchen Anteilen bis zur Inbetriebnahme finanzieren muss. Die Landesregierung verweist darauf, dass die am 12. Dezember genannten 6,8 Milliarden Euro Baukosten von Gutachtern nicht als Obergrenze definiert worden sei. Die Kosten für das Projekt seien vielmehr „nach oben offen“. Eine Zwangsbeteiligung würde den Landeshaushalt empfindlich treffen. Das Land bezahlt bisher 930 Millionen für S 21 – und betont, dass es das „freiwillig“ tue. Eine Lösung der Finanzmisere ist aus Sicht des Landes zum Beispiel die Aufnahme von Stuttgart 21 in den Bundesverkehrswegeplan. Aus diesen Bundesmitteln wird neue Schienen-Infrastruktur bezahlt.

Der Bund werde für Stuttgart 21 keine weitere Finanzierung übernehmen, dementierte ein Sprecher von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) Informationen von Anton Hofreiter (Grüne). Hofreiter ist Vorsitzender des Verkehrsausschusses des Bundestags. Vor diesem Ausschuss werden Grube, Kefer und der Aufsichtsratsvorsitzende Utz-Hellmuth Felcht am 28. Februar gehört. Man werde vor den Abgeordneten garantiert keine neuen Finanzierungen debattieren, heißt es bei der Bahn. Man wolle die Wertigkeit des Aufsichtsrats nicht infrage stellen.