Im Juli beginnt die Bahn auf der Schwäbischen Alb mit dem ersten Tunnel für die neue ICE-Trasse zwischen Stuttgart und Ulm. Eine der wichtigsten Personalien dabei ist noch offen.
Stuttgart - Im Juli beginnt die Bahn auf der Schwäbischen Alb mit dem ersten Tunnel für die neue ICE-Trasse zwischen Stuttgart und Ulm. Eine der wichtigsten Personalien dabei ist noch offen.
Bei der Deutschen Bahn läuft derzeit ein Casting der besonderen Art: Gesucht wird eine weibliche Persönlichkeit, die am 19. Juli, beim Festakt zum Baubeginn des 4,8 Kilometer langen Steinbühltunnels in Hohenstadt auf der Schwäbischen Alb, die Patenschaft für den Tunnel übernimmt. Noch ist die Stelle vakant. „Wir sind noch auf der Suche“, bestätigt am Freitag Stuttgart-21-Projektsprecher Wolfgang Dietrich.
Der Tunnel ist Teil der ICE-Neubaustrecke Wendlingen–Ulm, die derzeit parallel zum Projekt Stuttgart 21 gebaut wird. Finanziert wird die Strecke, die derzeit mit rund drei Milliarden Euro kalkuliert wird, in erster Linie von der Bundesrepublik Deutschland; das Land Baden-Württemberg leistet einen festen Zuschuss von 950 Millionen Euro. Vor diesem Hintergrund erscheint es nur folgerichtig, dass der bundeseigene Schienenkonzern derzeit verstärkt in der Bundespolitik nach einer Patin sucht.
Die heilige Barbara ist die Schutzheilige der Tunnelbauer
„Der Kreis der Personen, die dafür infrage kommen könnten, ist sicherlich groß, bis hin zur Frau Bundeskanzlerin“, vermutet eine Sprecherin des Stuttgarter Verkehrsministeriums. Dem eigenen Haus liege bisher keine solche Anfrage vor, ergänzt sie. Nach Informationen unserer Zeitung soll aber auch das Land im Laufe des Gesamtprojekts Stuttgart–Ulm noch das Angebot einer Tunnelpatenschaft erhalten. Hier brauchen gleich drei Röhren – die zum Flughafen, nach Feuerbach und Obertürkheim – die irdische Vertreterin der heiligen Barbara. Sie ist die Schutzheilige aller Tunnelbauer.
Ein Novum wäre die Patenschaft einer Ministerpräsidenten-Gattin nicht: 2005 hatte zum Beispiel Inken Oettinger, die Frau des damaligen Ministerpräsidenten Günther Oettinger (CDU), die Patenschaft für den Katzenbergtunnel auf der ICE-Neu- und Ausbaustrecke Karlsruhe–Basel übernommen. In Thüringen übernahm die amtierende Regierungschefin Christine Lieberknecht (CDU) Patenschaft und Tunnelanschlag. In Reutlingen schnitt OB Barbara Bosch (SPD) als Patin für den Scheibengipfeltunnel am Barbara-Tag mit den Bauarbeitern Zitronenkuchen mit Zuckerguss an.
Während in Richtung Alb die Zeit drängt, darf sich die Bahn in Stuttgart noch etwas gedulden. Meldungen, nach denen die Tunnelbohrmaschine für den 9,5 Kilometer langen Fildertunnel bereits zur Jahresmitte angeliefert werden solle, seien falsch, sagt Sprecher Dietrich: „Die Bohrmaschine kommt nicht vor Anfang 2014 nach Stuttgart“. Früher gegraben wird allerdings in der Stadtmitte. Neben dem Wagenburgtunnel soll von Herbst an im Untergrund eine Halle entstehen, in der die 120 Meter lange Bohrmaschine des Fildertunnels später gewendet wird.
„Wir kämpfen beim Zeitplan um jeden Tag und jede Woche“
„Bei der Neubaustrecke sind wir terminlich und kostenmäßig im Plan“, sagt Dietrich. Bei Stuttgart 21 solle im Juni ein neuer Bauzeitplan veröffentlicht werden. Es gebe „Verzögerungen, die aber den Endtermin 2021 nicht infrage stellen“, so Dietrich.
Terminschwierigkeiten könnten für die Bahn entstehen, wenn die Baufreigabe für das erweiterte Grundwasser-Management nicht bis Anfang 2014 vorliegt. Neue geologische Erkenntnisse zwingen den Konzern dazu, in der City bis zum Doppelten der bisher genehmigten Wassermenge aus den Baugruben abzupumpen. Kaum beeinflussen kann die Bahn auch die Genehmigung für den Bau des neuen Nesenbach-Abwasserkanals zwischen Königin-Katharina-Stift und Planetarium. Die bisherige Planung wird verändert. „Dafür reichen wir im Juni einen neuen Bauantrag ein“, sagt Dietrich.
Auf den Fildern ringt ein Konsortium unter der Führung des österreichischen Baukonzerns Porr, das den Fildertunnel bauen soll, um die Genehmigung für eine Betonfabrik auf Ackerflächen an der A 8. In der Fabrik sollen Fertigteile, sogenannte Tübbinge, für den Tunnel entstehen. Die Stadt will die Genehmigung laut Baubürgermeister Matthias Hahn (SPD) aus ökologischen Gründen nicht erteilen. Die Konsequenz, sagt Dietrich, seien 50 000 Lastwagenfahrten, um die Tübbinge von einer entfernt gelegenen Produktionsstätte an die Baustelle zu schaffen. Gleichwohl: Auch Stahl, Sand, Kies und Zement müssten in das Werk an der Autobahn gebracht werden.
„Wir kämpfen beim Zeitplan um jeden Tag und jede Woche“, sagt der Projektsprecher. Helfen soll dabei künftig die neue S-21-Projektfirma. Vier Geschäftsführer, die dem DB-Technikvorstand Volker Kefer Rapport erstatten, sollen die Schlagkraft erhöhen und für schnellere Entscheidungen sorgen. Der Aufsichtsrat des Bundesunternehmens Bahn soll die Gründung und Struktur der neuen Firma am 19. Juni beschließen. Erst danach, sagt Dietrich, könne man sich den Personalien widmen. Noch ist also unklar, wer bei S 21 künftig das Sagen haben wird.