Der Filderbahnhof soll zum großen Umsteigepunkt werden. Nun droht die Planung  zu scheitern.

Stuttgart - Die Bahn AG will bei ihrem Projekt Stuttgart21 den Flughafen zum zweiten großen Umsteigepunkt neben dem neuen Tiefbahnhof in der City ausbauen. Die Nutzung der S-Bahn-Station unter dem Flughafen spielt eine zentrale Rolle. Die Planung aber droht zu scheitern.

Am Flughafen soll direkt unter dem Messe-Haupteingang ein neuer ICE-Bahnhof entstehen. Züge von und in Richtung Singen (Gäubahn) werden ihn aber nicht anfahren können, weil sich die Bahn die dazu nötigen Tunnel spart. Fern- und Regionalzüge aus Richtung Süden sollen daher den bestehenden S-Bahn-Halt nutzen. Wollen Fahrgäste der Gäubahn nach Ulm weiter, müssen sie den Bahnhof wechseln.

Problem seit 2007 bekannt

Damit die Bahn die beiden schmalen S-Bahn-Tunnel am Flughafen nutzen darf, soll Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) eine Ausnahmegenehmigung von der Eisenbahn-Betriebsordnung (EBO) zulassen. Offenbar reichen die Rettungswege im Tunnel für die breiteren Züge nicht mehr aus.

Der Segen von höchster Stelle wurde von der Bahn bereits im Juli 2007 als Formsache dargestellt. Damals hatten sich Bahn-Chef Hartmut Mehdorn, Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) und Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) in Berlin auf die Finanzierung von Stuttgart21 und der Strecke Wendlingen-Ulm geeinigt. Die Infrastruktur kostet nach inzwischen revidierter Rechnung bei Stuttgart 21 rund 4,1 Milliarden Euro. Die Strecke wird neu bewertet. Sie steht noch bei 2,1 Milliarden.

Die Problemlage am Flughafen war 2007 bekannt. Mehdorn erklärte die Engstelle damals aber kurzerhand für erledigt: Man könne ja eine Ministererlaubnis erhalten.

Inzwischen ist Rüdiger Grube Bahn-Chef, und auch der Verkehrsminister hat gewechselt. Die bei Bauvorhaben der Bahn ungewöhnliche Ausnahmegenehmigung ist aber noch immer nicht erteilt. Das Stuttgart-21-Sprecherbüro von Wolfgang Drexler glaubt, sie werde bald ausgestellt. "Im Rahmen des Ausnahmeantrages zur Eisenbahn-Betriebsordnung wurde von der DB der Nachweis der gleichen Sicherheit für den Echterdinger Tunnel und den Flughafentunnel vorgelegt", schreibt Drexler auf Anfrage. Und weiter: "Das Ministerium und das Eisenbahn-Bundesamt bewerten derzeit weiterhin die vorgelegten Unterlagen."

Es sind nicht die ersten Pläne, die die Bahn für ihren neuen Knotenpunkt vorgelegt hat. Erste Vorschläge waren von der Prüfbehörde Eisenbahn-Bundesamt (Eba) 2009 abgelehnt und zurückgereicht worden.

Zusätzliche Tunnel würden 80 Millionen kosten

Die neuen Pläne bewertet das Ministerium gegenüber unserer Zeitung so: "Für die Zulassung einer Ausnahme hatte der Vorhabenträger konkrete Sicherheitsnachweise zu erbringen." Mit diesen "sollte die gleiche Sicherheit belegt werden wie bei Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften. Die DB Netz AG hat bislang - entgegen einer entsprechenden Zusage - diese Nachweise nicht vorgelegt." Eine mit der Materie befasste Person der Prüfbehörde Eba fasst sich kürzer. Man müsse ablehnen, heißt es dort. Der Grund scheint offensichtlich: Der S-Bahn-Tunnel ist streckenweise nur neun Meter breit. Für den Fernverkehr sind aber mindestens 9,40 Meter vorgeschrieben. Außerdem bräuchte es wohl Rettungswege außerhalb des Tunnels.

Die Bahn AG hat bereits 2007 eine Alternative für die Anbindung der Gäubahn erwogen. Dazu müssten im Halbrund um die Messehallen zusätzliche Tunnel gegraben werden, die in die neue ICE-Station münden. Der Bahn-Konzernbeauftragte Werner Klingberg hat diese Variante bei einem Referat vor dem Gemeinderat Leinfelden-Echterdingen vor fünf Wochen als "mittlere Katastrophe" bezeichnet. Die zusätzlichen Tunnel würden bis zu 80 Millionen Euro kosten, Stuttgart 21 würde sich dadurch laut Klingberg "um mehrere Jahre verzögern".