In der Grube mit den vielen Pfählen soll im Frühjahr 2016 der Grundstein für den Tiefbahnhof gelegt werden Foto: Lichtgut/Achim Zweygarth

Diskutieren Sie mit: Die Partner des Bahnprojekts Stuttgart 21 haben am Mittwoch im Rathaus ihre Einigkeit beschworen. Bahn-Vorstand Volker Kefer hat die Runde darauf eingestimmt, dass das Projekt kaum noch bis Ende 2021 fertig werden kann. Die Bahn plant aktuell 40 Änderungen.

Stuttgart - Wer trägt die Schuld, wenn das Mega-Projekt Stuttgart 21 nicht wie von der Bahn geplant Ende 2021 in Betrieb gehen kann? Wer trägt die weiteren Mehrkosten? Diese Fragen wollen die Projektpartner nicht mehr stellen.

„Wenn der eine den anderen für schuldig erklärt, dann hilft uns das nicht weiter, wir wollen einen Rechtsstreit durch bessere Abstimmung vermeiden“, sagte Landes-Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) am Mittwoch. Indirekt sagte er, dass das Land unschuldig ist: „Wir haben mehr Personal im Regierungspräsidium und uns für Arbeitsteilung beim Eisenbahn-Bundesamt ausgesprochen“. Das Bonner Eba ist die eigentliche Genehmigungsbehörde.

Neuer Steuerungskreis soll helfen

Bei der Sitzung des S-21-Lenkungskreises haben Bahn, Stadt und Region Stuttgart und das Land die Gründung eines neuen Steuerungskreises vereinbart. Er soll alle sechs Wochen tagen und Genehmigungen für die Baustelle beschleunigen. Der wichtigste Partner, das Eba, saß nicht am Tisch. Den Eba-Chef habe er am Dienstag angeschrieben und um Teilnahme am Steuerungskreis gebeten, sagte Volker Kefer, der stellvertretende Vorstandschef der Bahn.

Stuttgart 21 klebt seit der Schlichtung mit Heiner Geißler im Rathaus an Kefer. Es ist zu seinem Projekt geworden. Seit der Kostenexplosion Ende 2012 von 4,5 auf 6,5 Milliarden Euro hat der Bahn-Aufsichtsrat Kefer zum regelmäßigen Rapport verdonnert. Er informiere dort „umfassend“, sagte Kefer. Ab Anfang 2018 werden die 4,5 Milliarden Euro der Projektpartner verbraucht sein. Dann zahlt die Bahn allein weiter. Sie will das Land auf Mitzahlung verklagen.

Kefer berichtete vor der Presse vom Baufortschritt. Auf der Alb sei er gewaltig, man liege teils vor dem Zeitplan. Aber die Strecke nach Ulm zählt nicht zu Stuttgart 21. In der Stadt habe man zehn Kilometer Tunnel gegraben, „einen Wert, den wir erst zum Jahresende haben wollten“, so Kefer. Die Bauleistung ist im dritten Quartal aber erheblich zurückgegangen, von zuvor 3461 auf 2764 Meter in drei Monaten. Insgesamt sind 9800 Meter von 60 Kilometern gegraben.

Bahnchef Kefer: Inbetriebnahmetermin kritisches Thema

„Es ist nicht alles Gold was glänzt, wenn wir an den Inbetriebnahmetermin kommen“, sagte Kefer. 2021 sei „das kritische Thema“. Um den Termin zu halten seien „erhebliche Gegensteuerungsmaßnahmen“ nötig. Kefer: „Wir haben Handlungsbedarf.“

Die Zeiträume für eine pünktliche Fertigstellung würden enger, sagte OB Fritz Kuhn (Grüne), und dass die Stadt die Bahn unterstütze. Indirekt sagte er zum Thema Schuld: „Die Bahn baut und nur die Bahn. Der Steuerungskreis ersetzt nicht ordentliche Verfahren“.

Genehmigungsverfahren folgen gesetzlichen Vorgaben, die Einwände Betroffener zulassen und ihnen Äußerungsfristen geben. Allein am Flughafen, wo der Anschluss der Fern- und Gäubahn planerisch und baulich zweigeteilt werden soll, muss die Bahn 40 Einwände abarbeiten.

Einigkeit über Zusatzgleis am Flughafen

Der Flughafenanschluss ist der zeitlich kritischste Abschnitt. Aber auch am Hauptbahnhof klemmt es durch die inzwischen beschlossene Verschiebung der Fluchttreppenhäuser. Grundsteinlegung solle dort im Frühjahr 2016 sein, sagte Kefer.

Für den Flughafen will Kefer vom Eba bis März 2016 eine Genehmigung haben. Zum Thema Schuld sagte Kefer indirekt. „Das Eba sagt, es bauche acht Monate, der Abschnitt ist aber terminführend für das ganze Projekt!“ Am Flughafen haben sich die Partner auf ein Zusatzgleis für die Gäubahn und dessen Finanzierung verständigt. Eine Fahrplansimulation habe die größere Stabilität der Neuplanung bestätigt, sagte Regionaldirektorin Nicola Schelling.

Die Terminschwierigkeiten werden sich durch weitere Änderungen voraussichtlich verschärfen. Aktuell hat die Bahn in Stuttgart zwölf Änderungen und zwei Neuplanungen laufen, bei der Neubaustrecke bis Ulm sind es zwei. Insgesamt sind 24 weitere Änderungen geplant, die teils erheblich in den Bau eingreifen und wie die Fluchttreppen zu Mehrkosten führen können. Die abschließende Simulation zur Entfluchtung sein noch nicht vollzogen, sagte Kuhn dazu. Sie soll im Frühjahr 2016 vorliegen.