Auch die Abstützung des Hallendachs über den Gleisen schränkt die Kapazität im Bahnhof ein. Foto: Leif Piechowski

Die Deutsche Bahn will mit einem Notfahrplan versuchen, wieder pünktlicher zu werden. Seit einer Gleissperrung im Stuttgarter Hauptbahnhof sind viele S-Bahnen und Regionalzüge stark verspätet. Tausende Pendler verpassen ihre Anschlüsse.

Stuttgart - Nach drei Entgleisungen hat das Eisenbahn-Bundesamt, die zuständige Aufsichtsbehörde der Bahn, Anfang Oktober das Gleis 10 im Hauptbahnhof gesperrt. Weil außerdem Gleis 8 nur zu einem Drittel genutzt werden kann, gilt Stuttgart seitdem als Quelle von Verspätungen, die sich nicht nur massiv auf die S-Bahn, sondern über Regionalzüge weit ins Land hinaus auswirken.

Kurz vor Weihnachten hat die Bahn AG einen ersten Versuch gestartet, die chronische Misere mit einem Notfahrplan zu beheben. Bei der Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg (NVBW) wurden die Vorschläge von drei DB-Tochterunternehmen allerdings nicht akzeptiert. Jetzt im Januar will die Bahn einen neuen Anlauf nehmen. Grundsätzlich müssen Reisende damit rechnen, dass der Hauptbahnhof nicht mehr von allen Zügen angesteuert wird. So soll auf die verminderte Gleiskapazität reagiert und die Pünktlichkeit auf die früher über 90 Prozent liegenden Werte gehoben werden.

Die Nahverkehrsgesellschaft ist gemeinsam mit der Bahn für den Fahrplan zuständig. Zwar könnte der Schienenkonzern DB AG den Fahrplan auch ohne Absprache und Zustimmung ändern, „dann würde die Bahn für die Nahverkehrszüge aber keinen Zuschuss mehr erhalten, und zwar für den gesamten Zuglauf“, sagt Gerhard Schnaitmann von der NVBW.

Notfahrplan soll lediglich die Dauerverspätungen beheben

Schnaitmann zeigt sich unzufrieden mit den bisherigen Bemühungen der Bahn, den vorgegebenen Takt wieder zu erreichen. In einem Gespräch im Dezember habe die DB Netz AG vorgeschlagen, Züge der Murrbahn nicht im Hauptbahnhof, sondern in Backnang enden zu lassen. Reisende hätten dort auf die S-Bahn der Linie 3 wechseln müssen. Der ebenfalls von der DB geführte S-Bahn-Betrieb war darüber laut Schnaitmann nicht informiert, „die S-Bahnen wären übergequollen, das wäre im Chaos geendet, deshalb haben wir diesen Vorschlag abgelehnt“. Er selbst habe Fellbach oder Bad Cannstatt als Umsteigepunkte für den Regionalverkehr vorgeschlagen. Diese Variante hätten die DB Netz AG und die DB Regio AG verworfen. DB Netz habe argumentiert, dass mehr Züge in Cannstatt den Fahrdienstleiter überlasteten, Regio habe angemerkt, dass den Lokführern die Streckenkenntnis fehle, um über den Endpunkt Fellbach hinaus über die Gleiskurve in den Güterbahnhof nach Untertürkheim zu fahren. Dort würden die Züge wenden. Auch ein Ausdünnen des S-Bahn-Takts sei abgelehnt worden.

Man werde nun neu beraten, sagt Schnaitmann, der an die DB-Gesellschaften appelliert, sich „nicht gegenseitig zu blockieren“. Wenn Züge im Berufsverkehr in Außenbahnhöfen endeten, müsse zuletzt auch das Verkehrsministerium zustimmen.

Der Notfahrplan soll lediglich die Dauerverspätungen beheben. Ein Weiterbau von Stuttgart 21 mit der Kürzung der Bahnsteiggleise um 120 Meter ist damit nicht möglich. Dazu müsste Gleis 10 freigegeben werden.