Verwaltungsgerichtshof sieht Mängel beim Artenschutz - Urteil wird Freitag gefällt.

Stuttgart - Die Bahn hat im Schlossgarten für Stuttgart 21 eine Anlage zur Grundwasser-Reinigung aufgebaut und verlegt Rohre. Die Ursprungspläne dafür wurden stark geändert. Der Bund für Umwelt und Naturschutz klagt dagegen. Er war zur Änderung nicht gehört worden und sieht den Natur- und Artenschutz übergangen.

Die Deutsche Bahn muss um ihr Baurecht für die Grundwasser-Anlage für Stuttgart 21 bangen. Der 5. Senat des Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (VGH) in Mannheim machte im Verfahren des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) am Donnerstag deutlich, dass er "Probleme" mit der Entscheidung des Eisenbahn-Bundesamtes zur Planänderung hat. Das Amt in Bonn ist Aufsichtsbehörde der Bahn und erteilt die Planfeststellungsbeschlüsse, also Baugenehmigungen.

Die Klage des BUND sei grundsätzlich zulässig, entschied VGH-Vizepräsident Heinz Bölle am Donnerstag. Heute will der Senat sein Urteil in der Sache sprechen. Sollte der BUND den Rechtsstreit gewinnen, müsste die Bahn ihre Bauarbeiten sehr wahrscheinlich erneut einstellen, bis eine neue Baugenehmigung mit dem Votum des BUND vorliegt. Das könnte ein Jahr dauern. Von der Verzögerung wäre das gesamte Projekt betroffen, weil ohne Pumpen der im Grundwasser liegende Tiefbahnhof nicht begonnen werden kann. Ein Baustopp würde Stuttgart 21 verteuern, warnt die Bahn.

Der Umweltverband hat zusätzlich zur Klage einen Eilantrag eingereicht. Es wird der sofortige Baustopp gefordert. Auch über den Eilantrag wird heute entschieden. Der VGH hatte Anfang Oktober einen Baustopp verhängt. Das Eisenbahn-Bundesamt (Eba) hob ihn aber wieder auf. Nun liegt die Entscheidung erneut in Mannheim. "Im Eilverfahren sind wir nun die letzte Instanz. Unser Beschluss ist dann unanfechtbar", informierte die Sprecherin des Gerichts.

Die Richter äußerten sich am Donnerstag deutlich. Ihnen fehlen in der geänderten Baugenehmigung verbindliche Regeln. Es sei nicht genau festgelegt, wie die Bahn mit geschützten Arten im Park wie zum Beispiel dem Juchtenkäfer, der in Platanen wohnt, umzugehen habe. Die Frage sei, so der Vorsitzende Richter Heinz Bölle, "ob sich im Ergebnis bei einer Beteiligung des BUND am Genehmigungsverfahren etwas geändert hätte". Bölle beantwortete die Frage gleich selbst: Man könne "sicher nicht sagen, dass sich nichts geändert hätte", so der Richter.

Das Eisenbahn-Bundesamt und die Bahn vertreten die Ansicht, dass sich mit der Zentralisierung der Wasser-Anlage in Sachen Naturschutz gebenüber 2005 keine neuen Tatsachen ergeben haben. Damals war der ersten Teilplan für den neuen, achtgleisigen Durchgangsbahnhof in Stuttgart genehmigt worden. Zur Planfeststellung gehörten 2005 vier Anlagen, in denen Grundwasser aus Baugruben gepumpt, gefiltert, und im Park wieder in den Boden gebracht oder aber in den Neckar abgeleitet werden soll.

Die Bahn dürfe seit dieser ersten Genehmigung auch Bäume fällen und das Leitungsnetz im Park aufbauen, "also wäre es unsinnig, das Thema bei weiteren Betrachtungen nochmals aufzugreifen", sagte ein Vertreter des Eba. So lange die Bahn eine ökologische Bauüberwachung durchführe, müsse die Behörde nicht eingreifen und die Überwachung anordnen. Das könne sie auch gar nicht. "Wir haben kein Instrument, um eine Planfeststellung zu revidieren", so der Eba-Vertreter.

Das Gericht sieht das anders. Das Eba habe den alten Plan geändert, "also dessen Bestandskraft gebrochen", so Richter Bölle. Dann hätten auch gleich Fragen des Artenschutzes geklärt werden können. Das Problem sei bekannt gewesen, schließlich habe die Behörde am Tag der Genehmigung ein Fachgutachten in Auftrag gegeben. "Wenn sie bei jeder Entscheidung jedem Hinweis nachgehen, kommen Sie zu keiner Entscheidung", kommentierte der Eba-Vertreter den Richter. Auch Bahn-Anwalt Josef-Walter Kirchberg zeigte Nerven: "Wir kümmern uns intensiver um den Juchtenkäfer als die, die dort zelten!", sagte er.

"Flexibilität in der Planung ist zu begrüßen", sagte BUND-Anwalt Tobias Lieber, "aber man muss sie auch nutzen." Mit der detaillierteren Ausführungsplanung, die dem Verband aber leider nicht vorliege, könne man nun zum Beispiel den Verlauf der Wasserleitungen genau festlegen.