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Entscheidende Vorbereitungen für Tiefbahnhof nicht umgesetzt - Die Kosten steigen.

Stuttgart - Die Bahn ist mit ihren Bauarbeiten für das Großprojekt Stuttgart 21 ein ganzes Jahr in Verzug. Grund sind mehrfache Änderungen der Pläne. Ihre Genehmigung ist nicht absehbar. "Wir erwarten, dass die Verzögerungen und Kosten auf den Tisch kommen", sagt ein Sprecher der Landesregierung.

Die Deutsche Bahn hat nach Informationen unserer Zeitung neue Termine der wesentlichen Bauschritte für ihren Tiefbahnhof genannt. Damit räumt sie den Zeitverzug ein. Nach früheren Angaben ihres Technikvorstands Volker Kefer könnte ein verlorenes Jahr bei dem bisher auf 4,1 Milliarden Euro kalkulierten Projekt einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag kosten. Der Streit um die Kostenübernahme ist absehbar. "Die Verzögerungen müssen im Stuttgart-21-Lenkungskreis auf den Tisch kommen. Wir erwarten von der Bahn eine aktuelle Terminplanung und eine Übersicht über die Kostenentwicklung", sagt Regierungssprecher Rudi Hoogvliet. Diese Übersicht zu geben sei "selbstverständlich".

Ohne Grundwassermanagement keine Baugrube

Im Januar 2011 hatte die Bahn auf ihrer Projektseite im Internet zuletzt (www.stuttgart-21.de) einen Rahmenterminplan veröffentlicht. Danach sollte zum Beispiel die Anlage zur Grundwasserreinigung im Schlossgarten im Herbst 2011 in Betrieb gehen.

"Wir gehen davon aus, dass wir mit dem Grundwassermanagement im Oktober 2012 betriebsbereit sind", teilt eine Sprecherin des Projekts mit. Zuvor muss allerdings die Erweiterung der Anlage genehmigt und der Baustopp aufgehoben werden. Die Erweiterung soll durch die Firma Hölscher Wasserbau erfolgen. Sie baut schon die jetzige Anlage auf. "Eine Anpassung des bestehenden Auftrags ist möglich", so die Auskunft.

Ohne ihr Grundwassermanagement kann die Bahn wegen des im Schlossgarten hoch anstehenden Grundwassers nur wenige Meter in die Tiefe gehen. Der Bahnhof aber liegt zwölf Meter unter der Grasnarbe.

Abriss des Südflügels bringt das Projekt nicht voran

Im September 2011 hatte die Bahn die Landesregierung zuletzt über Termine informiert. Die Papiere lesen sich wie ein Brandbrief. "Selbst unter Mitwirkung aller Projektplaner alle Aktionen zeitkritisch!", notierte die Bahn. Von den gesetzten Terminen konnte fast keiner eingehalten werden. Aktuelle Arbeiten wie der Abriss des Südflügels oder bald der Bau einer Logistikstraße bringen das Projekt nicht voran, solange der Konzern nicht in die Tiefe gehen kann.

"Bis zur Absenkung des Grundwassermanagements können aber eine Reihe von Arbeiten durchgeführt werden", sagt die Sprecherin. Genannt werden, ohne ins Detail zu gehen, "Verbau- und Gründungsarbeiten". Doch welche Baugrube soll verbaut, für welches Gebäude eine Gründung geschaffen werden? Bis heute hat die Bahn weder eine Firma für den Bau des Tiefbahnhofs noch für ein Technikgebäude vor dem Nordausgang des alten Bahnhofs oder für die Verlegung von Abwasserkanälen beauftragt. Unternehmen wie Züblin hatten schon im Mai 2011 moniert, dass sie bei einer weiter schleppenden Vergabe ihre Angebot zurückziehen müssten - die kalkulierten Preise sind offenbar nicht lange zu halten.

Die Vergabeverhandlungen "laufen derzeit, wir sind zuversichtlich, diese im ersten Quartal 2012 abschließen zu können", heißt es bei der Bahn. "Die Verzögerungen liegen allein im Verantwortungsbereich der Bahn", spricht der Grünen-Verkehrsminister Winfried Hermann eine Schuldzuweisung aus.

Die Sozialdemokraten, die sich zu Stuttgart 21 mit den Strecken von Feuerbach bis Wendlingen bekennen, zeigen sich erschreckt über die jüngsten Einsparvorschläge des Konzerns. So solle die alte Bahndirektion an der Heilbronner Straße komplett abgerissen statt zum Teil erhalten werden. Dafür werde sich im Gemeinderat keine Mehrheit finden, sagt SPD-Fraktionschefin Roswitha Blind. "Es gehört einiges dazu, den Abriss vorzuschlagen, die Bahn lässt kein Fettnäpfchen aus", so Blind.