Neue Funktion für die alte Kopfbahnsteighalle: Der Zugang zu den Gleisen des Tiefbahnhofs liegt eine Etage darunter Foto: Visualisierung Aldinger & Wolf

Die Deutsche Bahn will parallel zum Bau des Durchgangsbahnhofs den Bonatzbau komplett neu ordnen. Im Umfeld setzt sie auf die Hilfe der Stadt. So sollen nach StN-Informationen der Platz vor den Bahnhofsarkaden aufgewertet und der Verkehr in der Schillerstraße beruhigt werden.

Die Deutsche Bahn will parallel zum Bau des Durchgangsbahnhofs den Bonatzbau komplett neu ordnen. Im Umfeld setzt sie auf die Hilfe der Stadt. So sollen nach Informationen der Stuttgarter Nachrichten der Platz vor den Bahnhofsarkaden aufgewertet und der Verkehr in der Schillerstraße beruhigt werden.

Stuttgart - Gleichzeitig mit der Eröffnung des Stuttgart-21-Durchgangsbahnhofs, laut bisheriger Bahn-Planung Ende 2021, soll auch der 1922 eröffnete Bonatzbau total modernisiert in sein nächstes Jahrhundert gehen. Der Umbau bringt ganz erhebliche Eingriffe in die Struktur des unter Denkmalschutz stehenden Hauses und eine unterirdische Erweiterung.

„Streng vertraulich“ steht in Rot auf den Plänen und Visualisierungen zum Umbau des Bonatzbaus. Gesehen hat sie vor wenigen Wochen der Konzernvorstand mit Bahn-Chef Rüdiger Grube. Das Spitzengremium hat den nächsten Planungsschritt genehmigt und ein Budget besprochen, mit dem Stuttgarts bisherige Zugstation in die Zukunft katapultiert werden soll. Dem Vernehmen nach geht es um einen fast dreistelligen Millionenbetrag.

Ein kleiner Teil der Summe wird, weil der Aufwand teils durch den Neubau des S-21-Tiefbahnhofs verursacht wird, aus dem 6,5 Milliarden Euro umfassenden Projektbudget beigesteuert. Bezahlt werden damit die in der S-21-Bauerlaubnis 2005 genehmigten Eingriffe in den Bestand. Das sind die großen Bodenöffnungen für Treppenläufe und Aufzüge in der heutigen Kopfbahnsteighalle und der Durchbruch, der die große Schalterhalle mit einer der drei Verteilerbrücken im Tiefbahnhof verbindet.

Altbau bleibt zentraler Anlaufpunkt

Weil das neue Bauwerk weder Gastronomie noch Handel oder Ticket-Verkaufsstelle und Lounge aufnehmen kann, bleibt der Altbau zentraler Anlaufpunkt. In dem aber ändern sich durch den Anschluss an den Tiefbahnhof die Wegebeziehungen grundlegend.

„Auf dem Weg zum Tiefbahnhof müssen die Reisenden künftig nicht mehr zwangsläufig durch den Bonatzbau gehen“, sagt Sven Hantel, Leiter des Regionalbereichs Südwest der DB Station und Service. Hantel aber muss die täglich bis zu 230 000 Reisenden dorthin lenken. Im Papier an den Bahn-Vorstand ist zudem von „geringer Flächeneffizienz“ und „ungünstigen Zuschnitten“ für die bisher rund 40 Geschäfte (die in ihren Mietverträgen eine S-21-Umbauklausel stehen haben) die Rede.

Die 7800 Quadratmeter (ohne IC-Hotel) sollen neu strukturiert werden. So wird die heutige Bahnsteighalle total entrümpelt. Auf der Seite zur künftig erweiterten Innenstadt, zum Straßburger Platz auf dem Bahnhofdach hin, sind in der Halle allenfalls kleine Caféflächen möglich. Die großen Abgänge im Hallenboden lassen keine Versorgungspavillons mehr zu. „Die Haupterschließungsebene wird einen Stock tiefer, auf dem Niveau der Schillerstraße sein“, sagt Hantel.

Dort, im bei der Bahn bisher als Untergeschoss geführten Gebäudeteil, finden sich jetzt nachgeordnete Nutzungen wie Schließfächer und Autovermieter und die komplette Ver- und Entsorgung, also auch Anlieferzone und Müllbehälter. Diese Flächen sollen für den Handel freigeschlagen werden. Geplant ist dazu der Bau eines neuen unterirdischen Ver- und Entsorgungsgebäudes neben dem Bonatzbau, und zwar zwischen Nordeingang und Schillerstraße. Die heute dort gelegene Fußgängerrampe zur Klett-Passage bliebe erhalten.

Im Bonatzbau sind die Möglichkeiten begrenzt

Die Auslagerung der Anlieferung ist der Schlüssel, um die langjährige Visitenkarte der Bahn dann von Nord nach Süd, aber ohne Turm, unter laufendem Betrieb umzukrempeln. Das IC-Hotel würde Lounge, Büros und Bundespolizei weichen und mehr in die Gebäudemitte rücken. Die Ladenzonen der neuen Haupterschließungsebene würden mit den bisherigen darüber liegenden Ladenflächen verbunden. Eine Ausweitung ist nicht geplant. Handel, Reisendenversorgung und bahneigene Nutzungen sollen bei rund 7800 Quadratmetern verharren. Auch dann wird das neue Hotel samt kleineren Konferenzräumen für den Düsseldorfer Architekten Christoph Ingenhoven, aus dessen Feder der Durchgangsbahnhof stammt, schwierig genug unterzubringen sein. Ob das Dach des Bonatzbaus künftig Fotovoltaikzellen statt Teerpappe decken, sei eine „Detailfrage“, sagt Hantel. Wie viele andere muss sie mit den Denkmalschützern, Stadtverwaltung und Gemeinderat besprochen werden. „Es wird mehr Bonatz sein als bisher“, beschreibt Hantel den Charakter des Umbaus.

Die Bahn will ihre Pläne dem neu gewählten Gemeinderat vorstellen und ihn für die Aufwertung des Bahnhofsvorfelds gewinnen. Das Projekt biete eine „Riesenchance“, sagt S-21-Sprecher Wolfgang Dietrich. Im Bonatzbau seien die Möglichkeiten begrenzt, davor aber könne die Stadt gestalten.

Das will der Gemeinderat auch. Die Grünen fordern in Verlängerung der Königstraße einen Weg über die Autoschneise Schillerstraße. Sie sind damit womöglich etwas näher an der Realität als die CDU. Deren Fraktion möchte, dass die Clubszene für Konzerte „in der dann frei werdenden heutigen Bahnhofshalle des Bonatzbaus“ einen Veranstaltungsort erhält. Hantel zeigt sich überrascht. Die Halle wird nicht frei.