Von dieser Baugrube am Rosensteinpark aus werden die Röhren für die Fernbahn zum Neckar vorangetrieben. Rechts ist ein Schalwagen für die Tunnel-Innenwand zu sehen. Foto: Lichtgut/Achim Zweygarth

Die Bahn hat mit dem Bau einer Tunnelkreuzung am Rosensteinpark begonnen. Die Röhren liegen unter Bäumen, in denen der streng geschützte Juchtenkäfer wohnt.

Stuttgart - Vor rund zwei Wochen haben die Macher des Bahnprojekts Stuttgart 21 den Baubeginn für den Andrea-Tunnel gefeiert. Die Röhren für die S-Bahn, denen Andrea Klöber, Bezirksvorsteherin in Feuerbach, ihren Namen gegeben hat, werden zwischen neuer Neckarbrücke und Hauptbahnhof unter dem Rosensteinpark und in geringer Tiefe parallel zur Rosenstein- und Nordbahnhofstraße verlaufen. Bei der Landesbank schließen sie an die bestehenden S-Bahn-Tunnel an.

Der neue Weg für die S-Bahn ist Teil des Projekts Stuttgart 21. Bereits im Januar 2007 hat die Bahn die Freigabe für die Tunnel erhalten – auch für die beim Abstellbahnhof am Rand des Rosensteinparks zu grabenden Fernbahntunnel nach Bad Cannstatt.

Erst kein Nachweis auf den Käfer

Damals, sagt der bei der S-21-Projektgesellschaft für Umweltbelange zuständige Florian Bitzer, habe es im Gutachten keinen Nachweis auf Juchtenkäfer gegeben. Die Bäume hätten gefällt, die Ehmannstraße in den Park verlegt, eine große Grube geöffnet und die Tunnelkreuzung mit den 27 Meter tief liegenden S-Bahn-Röhren und denen für die Fernbahn darüber von oben betoniert werden können. Die Bauarbeiten wurden im März 2012 vergeben. Im März 2017 sollte der Rohbau fertig sein.

Doch als die Bahn bauen wollte, war der streng geschützte Juchtenkäfer da. Zwei Brutbäume am Parkrand an der Ehmannstraße sind nachgewiesen, vier weitere beherbergen den Juchti möglicherweise auch. Der Käfer genieße höchste Priorität, sagt Bitzer, darüber wache die EU, bei der eine Fällgenehmigung hätte beantragt werden müssen. Die Bahn scheute das langwierige und in diesem Fall, weil es Alternativen gibt, absehbar nicht erfolgreiche Verfahren. Sie plante um. Nun wird die Tunnelkreuzung von zwei kleineren Baugruben aus unterirdisch gefertigt. Die Bäume bleiben stehen, ihnen soll trotz gestapelter Betonröhren genug Erde unter den Wurzeln bleiben, damit sich der Käfer heimisch fühlt. Die Straße bleibt auch, es fällt weniger Aushub an. „Die Mehrkosten liegen bei 20 Millionen Euro, aber der Eingriff in die Natur ist geringer“, sagt Bitzer. Die Planänderung habe die Baufirma „in letzter Sekunde bekommen“, sagt der S-21-Abschnittsleiter Christoph Lienhart. Er und weitere Verantwortliche lobten beim Ortstermin das sonst wegen seiner zeitraubenden Gründlichkeit von den früheren Bahn-Vorständen Rüdiger Grube (im Streit geschieden) und Volker Kefer (im Ruhestand) gescholtene Eisenbahn-Bundesamt.

Ausbauoptionen nach S 21 Blick

Am Ende des S-Bahn-Tunnels, am Rosensteinhang zum Neckar hin, müssen dennoch rund 100 Bäume fallen. Die Planung dort ist alternativlos, auch wenn in sechs Bäumen Juchtenkäfer vermutet werden. Der Antrag sei bei der EU gestellt, man hoffe auf Genehmigung bis Oktober, so Bitzer.

Der für die S-Bahn zuständige Verband Region Stuttgart (VRS) sieht in der mit S 21 zwischen Cannstatt und Hauptbahnhof erreichten Trennung von S- und Fernbahn einen großen Schritt zu mehr Pünktlichkeit. „Außerdem denken wir über Stuttgart 21 hinaus“, sagt Verkehrsdirektor Jürgen Wurmthaler. Der VRS lässt eine Direktverbindung von Cannstatt nach Feuerbach („P-Option“) und die Anbindung der Gäubahn nach Cannstatt und ein Wendegleis am neuen Tiefbahnhof prüfen. Rund ein Jahr soll der Rohbau der S-Bahn-Tunnel dauern. Patin Klöber, die am Mittwoch die matschigen Schritte auf den ersten Tunnelmetern ging, will öfter nach den Mineuren schauen.