Im Mittleren Schlossgarten schlägt das Herz von Stuttgart 21, doch ob der Tiefbahnhof wie geplant 2021 in Betrieb gehen kann, entscheidet sich wohl an anderer Stelle Foto: Peter Michael Petsch

Die Juchtenkäfer im Rosensteinpark bringen den Zeitplan für Stuttgart 21 offenbar stärker ins Wanken als gedacht. Sechs Bäume stehen einer komplizierten Tunnelverzweigung im Weg. Können sie in diesem Jahr nicht gefällt oder verpflanzt werden, ist der Inbetriebnahmetermin 2021 wohl nicht zu halten.

Die Juchtenkäfer im Rosensteinpark bringen den Zeitplan für Stuttgart 21 offenbar stärker ins Wanken als gedacht. Sechs Bäume stehen einer komplizierten Tunnelverzweigung im Weg. Können sie in diesem Jahr nicht gefällt oder verpflanzt werden, ist der Inbetriebnahmetermin 2021 wohl nicht zu halten.

Stuttgart - Einmal im Vierteljahr will Stuttgart-21-Sprecher Wolfgang Dietrich berichten: Was geht voran beim Bahnprojekt, und wo stockt es. Am Donnerstag ließ Dietrich mehrere Schaubilder an Medienvertreter austeilen, die allesamt mit grün eingefärbten Zeitleisten versehen waren. Grün signalisiert: Alles okay, der Bau schreitet planmäßig voran. Psychologie der Farben. Aber es ging der Bahn lediglich darum zu zeigen, wann wo was läuft auf den vielen Stuttgart-21-Baustellen zwischen Stuttgart und Ulm.

Dabei gibt es etliche kritische Punkte, die die geplante Inbetriebnahme von S 21 im Jahr 2021 gefährden. So hinkt die Bahn beim Flughafenbahnhof hoffnungslos hinterher. Dietrich skizziert einen „ambitionierten Zeitplan“, hofft, die öffentliche Erörterung der Einwendungen gegen die Pläne könne noch vor den Sommerferien stattfinden. Ohne eine Baugenehmigung Anfang 2015 sei die planmäßige Inbetriebnahme mit Flughafenanbindung in Gefahr.

Stärkere Bauchschmerzen bereitet den Planern der Rosensteinpark. Die Situation dort könnte den anvisierten Startzeitpunkt des Bahnknotens schon bald Makulatur werden lassen. Darf die Bahn jene Bäume, in denen Juchtenkäfer vermutet werden, in der nächsten vegetationsfreien Zeit nicht versetzen oder fällen, „könnte sich das auf den Endtermin auswirken“, sagt Projektsprecher Dietrich. Soll heißen: Die Inbetriebnahme des Tiefbahnhofs fällt 2021 aus, wenn sechs Bäume auch über die nächste vegetationsfreie Zeit zwischen Oktober 2014 und Februar 2015 hinaus stehen bleiben. In Geld ausgedrückt: 100 Millionen Euro Mehrkosten für jedes Jahr Verzögerung.

Dabei befindet sich im Bereich Ehmannstraße am Rand des Parks einer der sensibelsten Punkte von S 21. Die Bahn plant an dieser Stelle einen der kompliziertesten Eingriffe in den Untergrund: Dort kreuzen sich der neue Fernbahntunnel aus Bad Cannstatt und der neue tiefer liegende S-Bahn-Tunnel. Gleichzeitig verjüngt sich jede Trasse von zwei Gleisen auf eins. Das Kreuzungsbauwerk wird dort in einer offenen Baugrube erstellt, weshalb die von Lieferverkehr stark befahrene Ehmannstraße verlegt werden muss. Etliche Bäume sind bereits gefallen, sechs blieben verschont, weil dort die streng geschützten Rosen- und Juchtenkäfer vermutet werden.

Das Thema Artenschutz wird laut Dietrich zusehends zum kritischen Faktor für S 21: „Wenn der Artenschutz so wie in Stuttgart gehandhabt wird, dann wird es keine Stromtrasse zwischen Norddeutschland und Bayern geben.“ Artenschutz sei wichtig, aber immer auch eine Frage der Abwägung.

Bei Naturschützern darf Dietrich nicht auf Mitgefühl hoffen. „Die Bahn hat sich selbst durch eigene schlampige und veraltete Untersuchungen sowie durch Ignoranz beim Arten- und Naturschutz in missliche Situationen manövriert“, sagt der Regionalgeschäftsführer des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND), Gerhard Pfeifer. Die Bahn nehme Naturschutz immer noch auf die leichte Schulter.