Weiter in Bewegung: Das Bürogebäude der Landeswasserversorgung. Foto: Peter Petsch

Die Bahn muss bei ihren Bauarbeiten für den Fildertunnel erneut auf die Bremse treten. Weil sich das Bürogebäude der Landeswasserversorgung weiter senkt, haben die Baufirmen den Vortrieb reduziert.

Stuttgart - Die Bahn AG muss bei ihren Bauarbeiten für den Fildertunnel erneut auf die Bremse treten. Weil sich das Bürogebäude der Landeswasserversorgung (LW) in der Schützenstraße 4 weiter senkt, haben die Baufirmen den Vortrieb reduziert.

Direkt neben dem Wagenburgtunnel wird seit Wochen rund um die Uhr ein Baustollen für den beim Projekt Stuttgart 21 geplanten, rund 9,5 Kilometer langen Fildertunnel vorangetrieben. Am 5. Dezember war an dem nur knapp über der Tunneldecke stehenden Haus der Wasserversorgung eine Absenkung gemessen worden. Sie betrifft die rechte, zur Paul-Löbe-Staffel gelegene Hausseite und betrug damals 5,1 Millimeter. Inzwischen liegt sie nach der jüngsten Messung vom 7. Januar an der vorderen Hausecke bei 9,3, an der hinteren Ecke bei 3,7 Millimetern.

Das aus den 50er Jahren stammende Gebäude senkt sich nicht gleichmäßig, sondern einseitig, was zu Schäden führt. „Wir haben inzwischen Risse im Haus, sie sind innerhalb kurzer Zeit entstanden“, sagt LW-Pressesprecher Bernhard Röhrle.

Für die 70 Beschäftigten in diesem und weitere zehn Mitarbeiter im ebenfalls der LW gehörenden daneben stehenden Haus Schützenstraße 6 bestehe keine Gefahr, beruhigt Röhrle, die bisherigen Werte lägen außerhalb des kritischen Bereichs. Sowohl die Bahn als auch die mit eigenen Messtrupps ausgerüstete Wasserversorgung überwachten das Gebäude. „Die Messergebnisse der Bahn und unsere Werte sind identisch“, so Röhrle, der von einem „funktionierenden Datenaustausch“ spricht. Durch ihre eigenen Messetrupps ist die Landeswasserversorgung in einer besonderen Situation, die Röhrle so beschreibt: „Die Bahn weiß, dass wir sehr genau Bescheid wissen. “

Baufirmen tasten sich langsamer vor

Für die Schützenstraße 4 liegt ein Gutachten vor, das für die Absenkung Vorwarn-, Warn- und Alarmwerte nennt. Bei den Setzungswerten und Setzungsdifferenzen an den Hausseiten gebe es noch „Luft, bis es kritisch wird“, so Röhrle. Die Bahn habe allerdings auf die Absenkung reagiert, indem der Abschlag reduziert worden sei. Die Baufirmen tasten sich also langsamer vor. Statt 1,5 Meter wird pro Tag nur noch ein Meter Tunnel gegraben und mit Stahlmatten und Spritzbeton gesichert. Über Lanzen, die bis zu zwölf Meter in den Berg getrieben werden, wird zudem ein Betongemisch unter das Bürogebäude gepumpt, das das Gestein über dem späteren Tunnelausbruch stabilisieren und Hohlräume schließen soll. „Momentan ist die Baustelle etwa in der Hausmitte, der Tunnel verläuft aber nicht genau in der Hausachse“, so Röhrle. Man erwarte weitere Bewegungen und werde die Arbeiten daher „in den nächsten Tagen und Wochen sehr intensiv beobachten“.

In dem von der Bahn im Internet zur Verfügung gestellten Informationssystem, das über alle S-21-Tunnel informiert, ist der Baustollen übrigens nicht dargestellt – obwohl er, wenn Stuttgart 21 mit dem neuen Tief- und Flughafenbahnhof fertig sein wird, als Rettungsstollen und Feuerwehrzufahrt zum Fildertunnel dauerhaft erhalten bleibt.

Von den Tunnelbauarbeiten für Stuttgart 21 sind im Stadtgebiet viele Eigentümer betroffen. Auf dem Killesberg und der Gänsheide, im Kernerviertel, in Gablenberg, Wangen und Untertürkheim haben sich Anwohner-Netzwerke gebildet, die Fachwissen und Erfahrung sammeln, bündeln und Betroffenen zur Verfügung stellen wollen. Zusammen mit der Fraktion der Grünen im Gemeinderat veranstalten die Netzwerke am Freitag, 17. Januar, um 19 Uhr im Rathaus einen Informationsabend unter dem Titel „Der Tunnel unter meinem Haus“. Zu den Themen Entschädigung, Gestattungs- und Bauerlaubnisvertrag und Haftung bei Bauschäden sprechen Experten.