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Initiative rudert zurück - Aktionsbündnis entschuldigt sich - Polizei weist Provokation zurück.

Stuttgart - Das Aktionsbündnis gegen S21 und die Parkschützer-Initiative haben sich von Gewaltausbrüchen nach der Montagsdemo distanziert. Zugleich wurde aber das Vorgehen eines Polizisten in Zivil kritisch beleuchtet.

In einer Pressekonferenz haben das Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21 und die Parkschützer-Initiative am Freitag einen Trennungsstrich gezogen zwischen sich und der Gewaltanwendung beim Protest gegen das Bahnprojekt. Sprecher verurteilten die Ausschreitungen während der Bauplatzbesetzung am Montag beim Hauptbahnhof. "Es gibt nichts zu beschönigen und nichts zu beschwichtigen bei Gewalt gegen Menschen und Sachen", sagte Berthold Frieß, Landesgeschäftsführer des Bunds für Umwelt- und Naturschutz (BUND). Friedfertigkeit sei die Stärke der Protestbewegung, man sei damit bisher gut gefahren. "Ich verurteile die Dinge, die am Montag passierten, weil wir uns ganz klar gegen Gewalt stellen", bekannte sich auch Matthias von Herrmann, Sprecher der sogenannten Parkschützer, zum Aktionskonsens der Initiative. Darin wird Gewaltlosigkeit gefordert.

Zugleich entschuldigte sich Frieß im Namen des Aktionsbündnisses bei den Opfern. "Wir bedauern, dass Menschen zu Schaden gekommen sind", so Frieß. "Dass laut Aktionskonsens die Polizei nicht unser Gegner ist, wurde im Falle des Zivilpolizisten nicht beachtet", ergänzte von Herrmann.

Am Montagabend hatte er die Bauplatzbesetzung noch als "friedliche Versammlung in gelöster Feierabendstimmung" bezeichnet. Am Morgen danach, als neun verletzte Polizisten und Sachschäden in Millionenhöhe bilanziert waren, blieb er noch dabei. Jetzt beurteile er die Dinge ganz anders.

Der Rechtsanwalt Claus-Joachim Lohmann zitierte mehrere Zeugenaussagen, wonach der verletzte Zivilpolizist zur Sachbeschädigung angestachelt haben soll. Der Beamte soll Kunststoffrohre über den Zaun geworfen und Umstehende zur Zerstörung blauer Metallrohre aufgefordert haben. Nach seiner Enttarnung sei er "von einer Person dreimal gezielt mit der Faust ins Gesicht geschlagen" worden. Mehrere Zeugen bestätigten, dass sich Demonstranten schützend vor den Polizisten stellten.

Bisher unveröffentlichte Foto- und Videoaufnahmen sollten diese Aussagen unterlegen. Zudem versicherten drei Zeugen, in unmittelbarer Nähe gewesen zu sein, als ein Knallkörper explodierte. Die am nächsten stehenden Polizisten aber seien rund sechs Meter vom Explosionsort entfernt gewesen. Ein älterer Mann habe den Sprengsatz in Bauart eines übergroßen Kanonenschlags am Boden gezündet. Ihnen seien dadurch keine gesundheitlichen Schäden entstanden, versicherten die Zeugen. Laut Polizei erlitten aber acht Beamte ein Knalltrauma. "Wir erwarten, dass diese Sichtweisen in faire staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen einfließen", unterstrich Frieß.

Die Polizei bleibt bei ihrer Darstellung. Provokateure gebe es bei solchen Einsätzen nicht. Von den acht Verletzten mit Knalltrauma seien vier wieder dienstfähig. Die Staatsanwaltschaft habe mehrere Ermittlungsverfahren eingeleitet, eines wegen versuchter Tötung gegen unbekannt. Gegen einen am Montag vorläufig Festgenommenen habe das Amtsgericht Stuttgart Haftbefehl wegen des dringenden Verdachts auf besonders schweren Landfriedensbruchs und Hausfriedensbruchs erlassen. Der Haftbefehl sei vollzogen. Mit dem gleichen Vorwurf werde auch gegen andere ermittelt. Man habe beobachtet, dass Umstehende die Sachbeschädiger und Baustellenstürmer anfeuerten, man erkenne aber auch die friedliche Einstellung vieler S-21-Gegner an.