Als das Leben noch halbwegs normal war: Szene aus der Böhringerstraße in Zuffenhausen 1942. Foto: Stadtarchiv

Am Samstag erscheint das Nachfolgemagazin mit Fotos und Beiträgen über das damals noch unzerstörte Stuttgart. Es enthält Erinnerungen, aber auch ganz aktuelle Blicke auf die Stadt.

Stuttgart - „Ich bin tief bewegt“, schrieb Hans Gronbach kurz nach dem Auftakt zu unserem Geschichtsprojekt „Stuttgart 1942“ im vergangenen Jahr. Dank der historischen Bilder könne er nun „durch die Straßen seiner Kindheit gehen“. Sein Leserbrief war eine von Hunderten Reaktionen auf unsere Geschichtsserie, in der unsere Redaktion einen 12 000 Bilder umfassenden Bestand aus dem Stuttgarter Stadtarchiv ausgewertet hat. Die Fotos bilden zusammengenommen gewissermaßen das erste „Street View“ der Welt. Für das „Stuttgart-1942-Projekt“ haben wir sie mittels Verschlagwortung und Online-Suchfunktion für Menschen wie Hans Gronbach nutzbar gemacht.

„Stuttgart 1942“ war von Anfang an auch auch ein Projekt der gedruckten Zeitung. Ausgehend von dem Bilderbestand haben wir mehr als 100 redaktionelle Beiträge veröffentlicht. Einige dieser Beiträge sind nun in einem neuen Magazin versammelt, das wie die Serie und das Vorgängerheft vom Vorjahr den Titel „Stuttgart 1942“ trägt. Von diesem Samstag an ist das 132 Seiten starke Heft in Kiosken , Buchhandlungen und über den Onlineshop unserer Zeitung erhältlich.

Auf 132 Seiten finden sich auch ganz neue Inhalte

Das erste „Stuttgart 1942“-Magazin bestand im Wesentlichen aus Fotos, die das noch unzerstörte Stuttgart zeigen. Das Interesse der historisch interessierten Leserinnen und Leser daran war groß. Das gab den Anstoß für eine Fortsetzung unserer Zeitreise. Auch im Nachfolgeheft sind zahlreiche historische Fotos abgedruckt – ergänzt um ausgewählte Artikel und ganz neue Inhalte.

So lädt das neue Magazin dazu ein, mit offenen Augen durch Stuttgart zu gehen und alte Stadtansichten ebenso wahrzunehmen wie neue. Für diesen Zweck haben wir mehrere Dutzend Motive aus dem historischen Fotobestand ausgewählt und ihnen für einen Damals-heute-Vergleich aktuelle Fotos gegenübergestellt.

Die letzten Zeitzeugen

„Stuttgart 1942“ ist auch ein Projekt von der und für die letzte Zeitzeugengeneration, die noch von damals erzählen kann. Diese Menschen waren 1942 Kinder. Ihre Erinnerungen standen im Zentrum unseres redaktionellen Interesses. Für einige von ihnen brachte „Stuttgart 1942“ ein Wiedersehen. Nachdem wir beispielsweise die Erinnerungen von Hilde Ruck veröffentlicht hatten, meldete sich eine Schulkameradin. 80 Jahre nach der gemeinsamen Schulzeit nahmen die beiden wieder miteinander Kontakt auf. Ein anderes Beispiel: Renate Scharpf-Harbig hatte einem Leserbrief ein Foto beigefügt als Beweis, dass sie auch als kleines Mädchen 1942 hübsch gekleidet war. Das sah eine Jugendfreundin ihrer Schwester und griff zum Telefon – nach vielen Jahrzehnten trafen sie sich wieder.

Eine andere Art von Wiedersehen erlebte Jürgen Löhle. „Da hat es mir gerade fast die Kaffeetasse aus der Hand gehauen“, schrieb unser Autor, nachdem er auf einem Foto in der Zeitung seinen Vater erkannte. Der war damals 28 Jahre alt, Sanitätssoldat in Frankreich und wohl auf Heimaturlaub. Zufällig wurde er 1942 von einem der städtischen Beamten, die damals das gesamte Stadtgebiet fotografieren sollten, aufgenommen. Dorothea Huber machte eine ähnliche Entdeckung: Der Radfahrer, den das Titelbild unseres ersten „Stuttgart 1942“-Magazins schmückt, ist ihr Vater.

Das Jahr 1942 zum Anfassen

Solche Erzählungen machen aus „Stuttgart 1942“ weit mehr als nur eine Sammlung von 12 000 Fotos. Auch viele persönliche Schicksale sind damit verbunden. Denn die Auswirkungen der vom NS-Unrechtsstaat und Krieg geprägten damaligen Zeit waren in der Stadt vielfach zu spüren. Das wird besonders plastisch, wenn Leserinnen und Leser davon berichten, wie das Jahr 1942 ihre Familiengeschichte prägte – als etwa ein geliebter Onkel bei der ersten schweren Bombennacht im Mai ums Leben kam.

Andere zeigten uns Erinnerungsstücke. Bei zwei Terminen im Auktionshaus Eppli wurde das Jahr 1942 in Form von Schriftstücken, Schmuck und Gebrauchsgegenständen im wahrsten Sinne des Wortes greifbar. Doch auch für jüngere Leserinnen und Leser gibt es bei den bilderreichen Spaziergängen durch das Stuttgart des Jahres 1942 viel zu entdecken. Da ist der Eisstand, da sind die Flaneure, die sich „stadtfein“ gemacht haben, und da sind Kinder, die auf Tretrollern durch die kriegsbedingt fast autofreien Straßen rollen.

Dank dafür gebührt dem Stadtarchiv Stuttgart – und den vielen Zeitzeuginnen und Zeitzeugen, die uns ihre persönlichen Geschichten zu den Fotos erzählt haben.