In der Nähe von Kupferzell sind beim Sturm vergangene Woche zwei gewaltige Strommasten umgeknickt. Foto: Transnet BW

Im Hohenlohischen hat der Sturm Burglind in der vergangenen Woche zwei wichtige Strommasten umgeknickt. Das kommt sehr selten vor – und keiner kennt bislang die genaue Ursache.

Stuttgart/Kupferzell - Die Szenerie wirkt bizarr. Auf dem Hügel bei Kupferzell (Hohenlohekreis) liegen zwei riesige Strommasten. Die Stahlkolosse sind umgeknickt wie Streichhölzer, Metallteile ragen in alle Richtungen. 50 und 80 Meter hoch waren sie, bevor der Sturm Burglind sie am vergangenen Mittwoch auf freier Fläche einfach weggefegt hat. Die Masten sind nur noch Schrott, der Neuaufbau wird wohl Monate dauern. Mitarbeiter des Betreibers, der Stuttgarter Transnet BW, sind dabei, provisorische Gestelle zu errichten, damit die Leitungen möglichst bald wieder ans Netz gehen können. Mit etwas Glück könnte das an diesem Mittwoch erfolgen.

Doch der Zwischenfall wirft Fragen auf. Die Transnet BW betreibt das Strom-Übertragungsnetz in Baden-Württemberg, also die Fernleitungen. Sie sichern die Versorgung des gesamten Bundeslandes. Und sollten dementsprechend möglichst wenig anfällig sein. Dass zwei derart große Masten, die zudem aufgrund ihrer Bauweise wenig Angriffsfläche für Wind bieten, einfach in sich zusammenbrechen, kommt sehr selten vor. „Zuletzt haben wir im Jahr 2015 einen solchen Masten verloren“, sagt Sprecherin Annett Urbaczka. Damals hatte aber ein Tornado den Koloss bei Blumberg an der Schweizer Grenze getroffen.

Das war jetzt in Kupferzell nicht der Fall. Und obwohl Burglind Windgeschwindigkeiten von weit über 100 Stundenkilometern erreicht hat, rätseln Experten über die Gründe für den Zwischenfall. „Das ist außergewöhnlich und wir können bisher nicht sagen, wie es geschehen ist. Die Untersuchungen laufen noch“, sagt Annett Urbaczka. Der Stromkreis sei unmittelbar nach dem Zusammenbrechen abgeschaltet worden, eine Ersatzleitung sei eingesprungen. „In der Versorgungssituation hat es unseres Wissens nach keine Störung gegeben“, betont die Sprecherin. Man könne in solchen Fällen den Strom auf andere Trassen umleiten. Über 80 davon gibt es im Land.

Hunderte Störungen durch Sturm

Dabei haben allerdings die milde Witterung und die Feriensituation im Land den Versorgern in die Karten gespielt. Die Stromnachfrage war dementsprechend geringer als zu Spitzenzeiten. Wie viele solche Masten umknicken können, bis es Schwierigkeiten bei der Versorgung gibt, kann man bei der Transnet BW nicht sagen. Zu häufig und in der Fläche sollte das jedoch nicht passieren: „Das ist für die Stabilität des Netzes wichtig“, so die Sprecherin. Dementsprechend akribisch soll die Ursachenforschung ausfallen.

Auch beim größten Stromnetzbetreiber im Land, der Netze BW, ist man gespannt auf die Ergebnisse. Dort hat Sturm Burglind für Hochbetrieb gesorgt. Am vergangenen Mittwoch, aber auch an den Tagen danach, seien im eigenen Einzugsbereich mehr als 120 Mitarbeiter im Dauereinsatz gewesen, um die Schäden zu beheben, sagt Sprecherin Dagmar Jordan. Dazu kam noch Unterstützung von Fremdfirmen. Im Mittelspannungsnetz habe man 40 Störungen verzeichnet, im Niederspannungsnetz noch einmal 120 weitere. „Die meisten konnten wir durch Umschaltungen im Netz auffangen. Dadurch haben viele Stromausfälle nur kurz gedauert“, so die Sprecherin.

Die Reparaturarbeiten sind in vollem Gange

Hunderte Schadensstellen müssen jetzt repariert werden. Dabei ist man auf einem guten Weg. „Viele Reparaturen sind schon erledigt“, so Dagmar Jordan. Am härtesten getroffen hat es den Nordrand des Schwarzwaldes, den Schwarzwald selbst, das Allgäu und Hohenlohe, wo auch die beiden großen Masten zusammengebrochen sind. Allerdings rührten bei der Netze BW die meisten Schäden an Leitungen und Masten von umgestürzten Bäumen oder umherfliegenden Gegenständen her. Zeitweise liefen die Meldungen dort im Minutentakt ein, sagt Günter Daum von der Leitstelle in Esslingen: „Wir konnten den Weg, den der Sturm durch das Land genommen hat, anhand der Störungsanzeigen am Bildschirm nachvollziehen – aus dem Mannheimer Raum am frühen Morgen bis in den Südosten gegen Mittag.“

Neben umgeknickten Masten und zerstörten Stromleitungen hat der viele Wind rund um Weihnachten und den Jahreswechsel aber auch einen anderen Effekt gezeigt. Demnach gibt es einen neuen Windkraft-Rekord für Baden-Württemberg. Am 3. Januar gegen 6.30 Uhr haben die Anlagen im Land mit 1285 Megawatt (MW) soviel Windenergie ins Netz eingespeist wie nie zuvor. Die alte Bestmarke war während eines Herbststurms am 13. September mit 1139 MW gemessen worden. Dieser Wert ist in den vergangenen Wochen gleich mehrfach übertroffen worden. Laut Transnet BW liegt das sowohl am ungewöhnlichen Windaufkommen zuletzt als auch an einem weiteren Ausbau der Anlagen. Derzeit verfügen alle Windkraftwerke im Land zusammen über eine installierte Leistung von 1450 MW, im September sind es noch 1350 MW gewesen.