Ein wahres Trümmerfeld hat es in Stuttgart-Wangen auf die Straße geweht. Foto: dpa

Zu Hunderten von Einsätzen sind Polizei und Feuerwehr in Stuttgart und in der Region ausgerückt, als der Sturm am Mittwoch durchs Land fegte. Im Schwarzwald wurde ein Rekordwert gemessen.

Stuttgart - Wer am Mittwoch nicht dringend aus dem Haus musste, blieb lieber in den eigenen vier Wänden. Sturmtief Burglind fegte mit heftigen Sturmböen über das Land, knickte Bäume und brachte Autofahrer in Bedrängnis. Im Schwarzwald erreichte der Wind sogar die Stärke eines extremen Orkans. Auf der 1163 Meter hohen Hornisgrinde wurden 159 Kilometer pro Stunde gemessen, die 38 Skilifte in der Region Feldberg blieben geschlossen. Ganz so extrem wütete Burglind im Rest des Landes nicht, dennoch war es draußen gefährlich: Dachziegel und Verkehrsschilder flogen umher, Bäume stürzten um. Der Wind tobte am stärksten zwischen 8 und 11 Uhr. Nach Auskunft des Meteorologen Andreas Pfaffenzeller vom Deutschen Wetterdienst wurde in der Stadt Stuttgart die höchste Windgeschwindigkeit mit 96 km/h gemessen. Das entspricht einer schweren Sturmböe. Am Flughafen erreichte der Wind eine Geschwindigkeit von 109 Kilometer pro Stunde – eine orkanartige Böe.

Acht Flugzeuge bleiben am Boden

Die Stuttgarter Feuerwehr ist zwischen 8.32 und 13 Uhr insgesamt 70 Mal wegen Sturmschäden ausgerückt. Sie musste im Bereich der Straße Roter Stich in Zuffenhausen die Fahrbahn sperren. Der Wind hatte dort ein 150 Quadratmeter großes Blechdach abgedeckt. Auch die Neue Weinsteige und die Karl-Kloß-Straße waren vorübergehend nicht befahrbar, nachdem dort Bäume auf die Fahrbahn gestürzt waren. An der Inselstraße in Wangen waren mehrere Stadtbahnlinien unterbrochen, weil hier Trümmerteile von Dächern auf die Straße gestürzt waren. An der Ganghofer Straße im Norden und an der Plieninger Straße und der Filderbahnstraße in Möhringen fielen Bäume auf geparkte Autos. Bei den übrigen Einsätzen musste die Feuerwehr sich um umgestürzte Bäume und abgerissene Äste kümmern. Die Polizei meldete insgesamt 120 Notrufe.

Der Flughafen berichtete von acht Flugausfällen. „Der Betrieb läuft aber insgesamt gut“, sagt eine Sprecherin. An die Piloten sei zwischen 8 und 9 Uhr eine Sturmwarnung ergangen. Um 9 Uhr hätten wegen eines Gewitters mit heftigem Niederschlag drei Flugzeuge etwa 15 Minuten später abgehoben. Unter den acht ausgefallenen Verbindungen sei auch eine Maschine gewesen, die nicht wegen des Sturms, sondern wegen eines Defekts am Boden geblieben sei. Außerdem wehte der Sturm mehrere Gepäckwagen gegen eine Maschine, dabei wurde das Triebwerk beschädigt. Eine Maschine der Gesellschaft Oman Air, die von Muskat im Oman nach Frankfurt unterwegs war, legte um 6 Uhr einen Stop in Stuttgart ein, weil es am Zielort um diese Zeit zu stürmisch war. Flugzeugfans stellten fest, dass dies die erste Landung einer Boeing 787, eines „Dreamliners“, in Stuttgart war.

Weihnachtscircus: Vorstellung abgesagt

Eine schlechte Nachricht erreichte Fans des Weltweihnachtscircus auf dem Wasen: Die 11-Uhr-Vorstellung wurde wegen der Sturmwarnung abgesagt. „Eine reine Vorsichtsmaßnahme“, sagte eine Sprecherin.

Einen Verletzten musste die Ludwigsburger Polizei vermelden: Der Fahrer eines Kastenwagens wurde leicht verletzt, als sein Fahrzeug gegen 8.30 Uhr auf der A 81 zwischen Zuffenhausen und Feuerbach von einer Sturmböe an eine Betontrennwand geschleudert worden ist. Wegen des Unfalls musste die Fahrbahn in Richtung Stuttgart gesperrt werden, es bildete sich ein Stau. Außer in diesem Fall sind in der Region keine weiteren Menschen zu Schaden gekommen. 18 Feuerwehren aus dem Kreis Ludwigsburg waren im Laufe des Vormittags im Dauereinsatz; rund 50 Mal rückten sie bis zur Mittagszeit aus, darunter allein 15 Mal in der Kreisstadt Ludwigsburg. „Wir sind mit einem blauen Auge davongekommen“, lautete die Zwischenbilanz des Ludwigsburger Kreisbrandmeisters Andy Dorroch am Mittwochmittag.

Der Sturm Burglind hat am Morgen im Kreis Böblingen zu zahlreichen Stromausfällen geführt. Betroffen waren etwa Böblingen, Dagersheim, Magstadt, Maichingen, Schönaich, Aidlingen, Leonberg, Weil der Stadt und Schafhausen. In den meisten Fällen war der Strom ungefähr eine halbe Stunde lang weg, berichtet eine EnBW-Sprecherin. Länger mussten die Betroffenen in Grafenau warten. Hier fiel der Strom um 8.36 Uhr aus, erst um 9.48 Uhr funktionierte die Stromversorgung wieder.

Bäume stürzen um, Trampolin fliegt umher

Rund um den Hohenstaufen hielten sich die Sturmschäden in Grenzen. Feuerwehr und Polizei zufolge gab es zwar im ganzen Kreisgebiet einzelne Bäume, die umstürzten, zu großen Schäden kam es in den meisten Fällen aber nicht. Insgesamt wurde die Feuerwehr zu 38 Einsätzen gerufen, meist um Bäume von Straßen oder Autos zu räumen. In Ebersbach stürzte ein Baugerüst auf zwei Autos, der Schaden liegt bei 10 000 Euro. In Eislingen flog ein Trampolin gegen ein Auto. In Geislingen wurden einzelne Stromleitungen vorübergehend vom Netz genommen, weil ein Passant Funkenschlag gemeldet hatte.

Polizei und Feuerwehr verzeichneten Dutzende von Notrufen. Besonders betroffen vom Orkan waren die Bereiche in und um Esslingen, sowie die Filderebene und der Raum Nürtingen. In Esslingen, Filderstadt, Ostfildern und Nürtingen sowie Frickenhausen, aber auch in Wernau und im Bereich von Plochingen wurden durch umstürzende Bäume nicht nur Straßen blockiert, sondern auch mehrere geparkte Autos beschädigt. Einige Motorräder stürzten wegen des Sturmwindes um.

Bei der Polizei Aalen, die für die Landkreise Rems-Murr, Ostalb und Schwäbisch-Hall zuständig ist, gingen von 8.40 Uhr an gut 100 Meldungen ein. „Personen kamen nach unserer Kenntnis keine zu Schaden“, sagte ein Polizeisprecher. In Fellbach-Oeffingen entwurzelte der Sturm an der Hauptstraße eine Tanne, die auf ein Haus an der Hauptstraße fiel. Bei Sulzbach stürzte ein Baum in die Oberleitung der Bahn und geriet in Brand. Es kam zu Zugausfällen. Außerdem fielen Bäume auf Stromleitungen, so kam es zu mehreren Stromausfällen. Der Bahnverkehr war ebenfalls beeinträchtigt, meldete der VVS.

Minister warnt vor Waldspaziergängen

Baden-Württembergs Forstminister Peter Hauk (CDU) warnte am Mittwoch angesichts der Sturmböen vor Waldspaziergängen im Südwesten – auch dann, wenn das Wetter wieder besser sei. „Waldspaziergänge können während und nach dem Sturm lebensgefährlich sein“, mahnte Hauk.

Der wohl größte einzelne Schaden entstand in Kehl, wo eine etwa tausend Quadratmeter große Dachfläche der Hafenverwaltung zerstört wurde. Der Schaden wird auf 250 000 Euro geschätzt. In Friedrichshafen wurde eine Straße gesperrt, weil sich ein Solarmodul von einem Dach gelöst hatte und herabzustürzen drohte. Im Land mussten Bahnreisende auch Verspätungen und Zugausfälle wegen Bäumen auf Schienen und Oberleitungen in Kauf nehmen, meldeten Polizei und Feuerwehr. Betroffen war zum Beispiel die Strecke zwischen Konstanz und Radolfzell.

Am Donnerstag soll es weniger stürmisch, dafür regnerisch werden. Die Hochwasservorhersagezentrale prognostiziert vor allem für den Schwarzwald stark erhöhte Pegelstände. Betroffen sind die Nagold und die Dreisam bei Freiburg.