Medienunterricht der anderen Art Foto: Gottfried Stoppel

Der Online-Sender Stuggi-TV und die Landesanstalt für Kommunikation gehen neue Wege in der Medienererziehung. Schulleiter sind begeistert, die Nachfrage nach den Workshops ist groß.

Stuttgart - Mit dem Smartphone sind die neun Zehntklässler der Fellbacher Helmut-von-Kügelgen-Schule ständig auf Sendung. Über Twitter, Facebook, Instagram oder neuerdings über das Live-Netzwerk Periscope. Aber das ist aus Sicht von David Rau „problematisch“. Den Chefredakteur des Internetsenders Stuggi-TV wurmt es schon lange, dass Jugendliche im Umgang mit den neuen Medien nicht genügend sensibilisiert seien: „Das Thema Medienkompetenz von Jugendlichen ist brandaktuell. Besonders das Internet birgt Gefahren, die von Jugendlichen durch mangelnde Kenntnis und Erfahrung oft nicht erkannt werden.“

Diese einführenden Worte rütteln die Waldorfschüler wach. Damit hat Rau an diesem Tag den ersten Erfolg erzielt. Die Aufmerksamkeit der jungen Menschen ist von diesem Moment an geschärft. Jetzt kann Rau, der Kameramann und die Texterin zur Sache kommen. Jetzt beginnen die Schulstunden in Medienkunde mit den Profis.

Das Projekt von Stuggi-TV läuft bereits seit Anfang des Jahres 2013. Seitdem besuchen Rau und sein Team im Jahr zehn Schulen. „Aber wir könnten locker 30 Schulen besuchen, aber das scheitert an der Zeit und am Geld“, sagt Rau über sein Projekt, das von der Landesanstalt für Kommunikation sowie der Mahle-Stiftung unterstützt wird.

„Wir versuchen in diesen eintägigen Workshops das Wissen besonders authentisch zu vermitteln“, sagt Rau. Ziel sei, dass die Schülerinnen und Schüler die Welt der Medien besser verstehen und in der Lage sind, sie kritisch zu hinterfragen. Auch der Umgang mit sozialen Netzwerken soll sicherer und reflektierter werden.

Das beginnt zunächst ganz praktisch. „Das Mikro ein bisschen höher“, korrigiert Rau den jungen Reporter Lorenz Sieger (16), als der das neue Thema anmoderieren soll: „Was ist dran an den Vorurteilen über die Waldorfschüler? Tanzen die wirklich ihren Namen? Umarmen die Schüler tatsächlich Bäume? Gibt es echt keine Noten? Heute wollen wir mit diesen Mythen aufräumen“, sagt Lorenz und blickt mit ernster Miene in die Kamera.

Schulleiter Christian B. Schad ist begeistert. So stellt er sich lebendigen Unterricht vor. „Wir wollten in unserer Schule schon immer neue Wege in der Medienpädagogik gehen, dafür ist dieses Projekt sehr gut geeignet“, sagt er. Wie viele andere Pädagogen spürt er seit Jahren, „dass Eltern es der Schule überlassen, den Kindern Medienkompetenz zu vermitteln. Daher müssen wir als Schule reagieren“. Dennoch will er an seiner Schule kein eigenes Fach Medienkunde einführen: „Ich finde es besser, die Themen in den verschiedenen Fächern immer wieder zu integrieren.“

Die Zehnte seiner Schule lernt an diesem Tag beim Tun. „So bleibt viel mehr hängen, als in einem theoretischen Vortrag“, glaubt David Rau, „wenn sie am Ende einen fertigen Beitrag anschauen, staunen sie nicht schlecht.“ Wichtiger ist aber die anschließende Diskussion und die Reaktion der Zuschauer. Wenn das Video von Stuggi-TV ins Netz gestellt wird, kommt die Nagelprobe. Dann wird klar, wie ein Beitrag wirkt. Hagelt es Proteste? Gibt es Lob!? Fühlt sich jemand auf den Schlips getreten? „Im besten Fall gehen die Jugendlichen von nun an auch verantwortungsbewusster mit Beiträgen in den Medien um“, sagt Rau und ergänzt: „Wenn der Beitrag im Netz inhaltlich diskutiert wird, zeigt sich erst, wie gut er ist.“

Lorenz Sieger, der Nachwuchs-Moderator, ist gespannt, wie der Beitrag über die Waldorfschule in der Netzwelt ankommt. Unabhängig davon haben sich seine Erwartungen an den Workshop schon jetzt erfüllt: „Mir ging es von Anfang an darum, viel Wissen mitzunehmen und mit meinen Mitschülern zu teilen. Ich bin zufrieden.“

Schulen können sich unter der E-Mail-Adresse schultour@stuggi.tv bewerben.