Das Sommersemester an den Universitäten und Hochschulen findet nur digital statt. In Esslingen können studierende an einer VR-Live-Vorlesung teilnehmen. Foto: Hochschule Esslingen

Aufgrund der Coronapandemie findet das Sommersemester nur digital statt. An der Hochschule in Esslingen setzt man im digitalen Semester deshalb auf eine Weltneuheit.

Stuttgart - An einem normalen Montag ist Franziska Wachter früh wach. Um 6 Uhr klingelt ihr Wecker, dann macht sich die 23-Jährige fertig und fährt zu ihrer ersten Vorlesung an die Universität nach Hohenheim. An diesem Montag klingelt der Wecker eineinhalb Stunden später als für gewöhnlich. „Dass der lange Fahrtweg derzeit wegfällt, das ist das Gute an dem Online-Semester“, sagt die Stuttgarterin. Wie sie, sind rund 360.000 Studierende vor einer Woche im Südwesten in das Sommersemester gestartet. Aufgrund der Coronapandemie wird das Semester in ganz Baden-Württemberg digital abgehalten.

Wachters Kurse finden nun entweder über die Videokonferenz-Plattform Zoom statt, oder ihre Dozenten laden auf der Lernplattform Ilias neben den Kursfolien auch Erklärvideos hoch. „Es funktioniert erstaunlich gut“, sagt die 23-Jährige. Allerdings vermisse sie das Uni-Leben und könne sich zuhause nicht gut motivieren. „Viele der Vorlesungen müssen wir eigenständig erarbeiten, da fällt die Motivation schon schwer. Deshalb habe ich mir einen Plan geschrieben, den ich jetzt abarbeite“, sagt die Stuttgarterin.

Prüfungen müssen in digitale Formate überführt werden

Zufrieden mit dem Start in das digitale Semester zeigt sich Korinna Huber, Prorektorin der Lehre an der Universität Hohenheim. „Wir können 90 Prozent unserer Angebote digital anbieten“, sagt die Professorin. Gerade sei sie damit beschäftigt, die Prüfungen in eine „digitale Form zu überführen“. Auch Mathias Hinkelmann von der Hochschule der Medien (HdM) befasst sich derzeit mit dieser Arbeit. Denn das digitale Semester ist für die Universitäten nicht nur eine technische, sondern auch eine administrative Mammut-Aufgabe. „Wir haben noch nicht alle Regelungen für die Prüfungen, aber wir sind gerade dabei, nach und nach alle Schritte abzuarbeiten“, sagt der Prorektor der Lehre der HdM.

In Esslingen wird ein virtueller Hörsaal getestet

Wolfgang Coenning, der an der Hochschule in Esslingen lehrt, sieht das digitale Semester nicht nur als eine Herausforderung, sondern auch als eine Chance „jetzt über neue innovative Lehr-Lern-Szenarien nachzudenken und diese voranzutreiben“. Studierende in Esslingen können trotz des digitalen Semesters ein wenig Vorlesungssaal-Gefühl in das eigene WG-Zimmer bringen. In Zusammenarbeit mit dem Kreismedienzentrum Göppingen und der Firma Würth Industrie Service testet die Hochschule Esslingen den laut dem Unternehmen ersten virtuellen Hörsaal weltweit. „So macht lernen Spaß“, sagt Coenning.

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Auch wenn es für Margarita Fangrat an der HdM noch keine VR-Live-Vorlesung gibt, zeigt sich die Studentin zufrieden mit dem Start in das digitale Semester. „Ich bin begeistert, wie das technisch alles klappt“, sagt die 24-Jährige. „Man merkt, dass es viel Disziplin erfordert“, so Fangrat weiter. „Aber es sind alle besser vorbereitet und pünktlicher“. Allerdings vermisst die Studentin angeregte Diskussionen während Vorlesungen und auch die Gruppenarbeiten und Projekte gestalten sich über Zoom schwierig. „Ich merke, wie müde mich es macht, den ganzen Tag vor dem Laptop zu sitzen“, sagt die 24-Jährige. „Ich hoffe, dass es dieses Semester irgendwann noch möglich wird, dass man sich wenigstens für Projektarbeiten treffen darf“. Denn die Studentin der Unternehmenskommunikation vermutet, dass mit der Zeit auch die Motivation nachlassen werde.

Studierenden müssen auf Laborarbeiten verzichten

Ähnlich wie Farngrat geht es auch Yannick Kloos. Auch er hofft, dass die Studierenden bald wieder in die Universitäten und Hochschulen dürfen. Er studiert im sechsten Semester an der Hochschule in Esslingen Maschinenbau. „Wir haben in den höheren Semestern viele Arbeiten im Labor. Die fallen alle weg“, erklärt er seine Situation. Er selbst bezeichnet sich als einen Typ, der sich gerne auch mal selbstständig den Lerninhalt beibringt und nicht zu jeder Vorlesung geht. Allerdings kann sich Kloos zuhause nur schwer konzentrieren. „Es ist einfach schwierig, wenn man am selben Ort lebt und arbeitet“, sagt der Student.

Trotz der ungewöhnlichen Situation zeigt sich Marion Laging, die Prorektorin für Lehre und Weiterbildung der Hochschule in Esslingen, sowohl mit den Lehrenden als auch mit den Studierenden zufrieden. Und „wenn es doch mal haken sollte, dann sind das ganz normale Startschwierigkeiten, die alle Beteiligten mit Humor nehmen“.