Viele typische Beschäftigungen für Studierende etwa in der Gastronomie oder im Einzelhandel sind derzeit aufgrund der Coronapandemie nicht möglich. Foto: dpa

Viele Studierende finanzieren zum Teil oder ganz ihren Lebensunterhalt mit Nebenjobs. Diese brechen wegen der Pandemie nun weg. Bund und Land legen eine Notfallhilfe auf.

Stuttgart - Der Schlag kam nicht aus heiterem Himmel. Bereits in der zweiten Märzwoche habe ihr Arbeitgeber, ein Kino in Leonberg, Schichten abgesagt. Aufgrund der Coronapandemie gingen immer weniger Menschen ins Kino, erzählt die 25-jährige Yasmin Gerlach.

Am 17. März schloss das Kino dann wie alle öffentliche Einrichtungen, um weiteren Infektionen mit dem Coronavirus vorzubeugen. Gerlach erhielt eine Kündigung für ihren 450-Euro-Job. Sie studiert das Fach Wirtschaftsingenieurwesen Medien an der Hochschule für Medien in Vaihingen. Neben ihrer Arbeit im Kino verdiente sie vor der Coronakrise auch noch einen kleineren Betrag als Promoterin hinzu. „Ende März war klar, dass ich auch als Promoterin nichts mehr verdienen kann“, sagt die Studierende.

Auch der zweite Job wurde gekündigt

Ihre bisherige Rechnung zum Erhalt des Lebensunterhalts gehe aufgrund der Pandemie nicht mehr auf, schildert sie. „Das Geld, das ich verdient habe, hat für meine Krankenversicherung, meinen Anteil an der Miete, Lebensmittel und Handykosten gereicht. Jetzt fehlt das alles“.

Gerlach erzählt, dass sie sich eine Mietwohnung mit ihrem Freund teilt. Vorübergehend trage er die ganze Miete. „Dabei ist er in Kurzarbeit“, meint sie. Ihre Eltern seien gleichfalls von Kurzarbeit betroffen, berichtet Gerlach. Sie hätten außerdem in diesem Jahr eine hohe Summe in eine Dachsanierung investiert, erzählt sie weiter. „Ich war immer selbstständig, es ist ein mulmiges Gefühl nicht mehr alleine klar zu kommen“, sagt sie.

Bund und Land beschließen Hilfe

Bund und Land präsentieren nun Lösungen für Gerlach und andere Studierende ohne Job. Zunächst legte das Landeswissenschaftsministerium unter Führung von Theresia Bauer Ende April einen Nothilfefonds für arbeitslose Studierende an. Er stellt eine Million Euro für zinslose Darlehen in Höhe von bis zu 450 Euro pro Monat für die Monate April und Mai zur Verfügung. Studierendenwerke sollen laut Angaben des Ministeriums die Abwicklung der Hilfen übernehmen.

Zu dem Zeitpunkt der Entscheidung des Landes war noch nicht bekannt, dass auch der Bund in die Presche springen will. Bundesbildungsministerin Anja Karliczek kündigte kurz nach der Erklärung Bauers ebenfalls zinslose Notfallkredite von bis zu 650 Euro im Monat an. Laut Bundesbildungsministerium könnte die öffentliche Kreditanstalt für Wiederaufbau (Kfw) erste Gelder im Juni auf die Konten arbeitsloser Studierender anweisen. Ausländische Studierende sollen die Kredite ebenfalls beantragen können.

Darlehen sind umstritten

Die Entscheidung der grünen Wissenschaftsministerin, in Vorlage zu gehen, ist als ein Zeichen der Ungeduld mit Bundesbildungsministerin Karliczek zu werten. Die Länder und die Ministerin waren lange uneins, wie der finanziellen Not von aufgrund der Coronapandemie arbeitslos gewordenen Studierenden begegnet werden soll. Dem Vorschlag der Länder, die Leistungen des Bundesausbildungsförderungsgesetz, allgemein als Bafög bekannt, weiteren Studierenden zu ermöglichen, lehnte Ministerin Karliczek ab.

Sie verwies auf ein parlamentarisches Gesetzgebungsverfahren, das für eine Bafög-Erweiterung nötig sei. Dies koste Zeit, argumentierte die Ministerin. Karliczek favorisierte deshalb die zinslosen Darlehen. Der Bund stellt außerdem 100 Millionen Euro den Notfonds der Studierendenwerke zur Verfügung. Studierende, die nachweislich Unterstützung benötigen und keine andere Lösung finden, sollen auf diese Mittel zugreifen können.

Gewerkschaft will Zuschüsse

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) sieht in den beschlossenen Darlehen keinen gangbaren Weg. Der DGB und auch Vertreter der Verfassten Studierendenschaft plädieren in der Coronakrise für Zuschüsse, die Studierenden nicht zurückzahlen müssen.

Die Studierende Yasmin Gerlach wünscht sich, dass eine wie auch immer geartete Hilfe bald verfügbar ist. Sie hofft, dass in der Pandemie zumindest die Frage offener Krankenversicherungsbeiträge rasch gelöst wird.

Corona bringt Studium durcheinander

Auch der weitere Verlauf ihres Studiums sei derzeit unklar, meint sie. Gerlach nennt als Beispiel das bei ihr anstehende Praxissemester, dessen Realisierung derzeit in den Sternen stehe. „Ich frage mich schon, ob wir mal benachteiligt sind, weil wir wegen Corona gewisse Leistungen nicht erbringen konnten“, sagt sie.

Solche Unwägbarkeiten und die finanzielle Krise, in der Gerlach aufgrund der Pandemie steckt, verunsichern die 25-Jährige. Ihr Gemüt sei oft im Keller, beschreibt sie ihre Gefühlslage.