Alleine schon aufgrund der geringen Körpergröße fehlt Kindern im Straßenverkehr vielfach der nötige Überblick und sie werden leicht übersehen. Foto: dpa-Zentralbild

Jährlich werden rund 30.000 Kinder unter 15 Jahren bei Verkehrsunfällen verletzt. Eine Studie erklärt nun, warum es Kindern trotz Verkehrserziehung lange schwerfällt, die Straßen richtig zu überqueren.

Iowa City - Kinder auf der Straße spielen lassen? Alleine zur Schule laufen lassen? Eigentlich sollte das selbstverständlich sein. Doch viele Eltern scheuen sich vor der Entscheidung, besagt doch die Statistik, dass der Straßenverkehr für Kinder zur tödlichen Gefahr werden kann: Nach Angaben des Deutschen Verkehrssicherheitsrats werden pro Jahr rund 30 000 Kinder unter 15 Jahren bei Verkehrsunfällen verletzt. Vor allem Kinder im Vor- und Grundschulalter seien im Straßenverkehr noch unsicher.

Kinder haben weniger Zeit für das Queren der Straße

Dass es bei der Verkehrserziehung viel Geduld braucht, will nun eine neue Studie der University of Iowa in den USA zeigen, die im „Journal of Experimental Psychology: Human Perception and Performance“ veröffentlicht wurde: Demnach haben Kinder noch bis etwa zum Teenageralter Schwierigkeiten, vielbefahrene Straßen sicher zu überqueren. Sie können zum einen die Größe von Lücken zwischen zwei Autos schwer einschätzen. Zum anderen kommen sie oft nicht schnell genug vom Bürgersteig los, wenn sich eine Möglichkeit zum Überqueren bietet. „Die meisten Kinder wählten gleichgroße Lücken wie die Erwachsenen zum Überqueren der Straße“, erläutert Mitautorin Elizabeth O’Neal. „Aber sie sind nicht in der Lage, das Losgehen in den Verkehr zeitlich genauso gut abzupassen.“ Letztlich hätten sie so weniger Zeit zum Überqueren der Straße.

Erst ab dem Alter von acht Jahren werden Kinder achtsamer

Die Forscher hatten Kinder im Alter von sechs, acht, zehn, zwölf und vierzehn Jahren in einer virtuellen 3D-Umgebung eine Straße überqueren lassen. Die Kinder hatten es somit nicht mit echten Autos zu tun, sondern sahen diese nur in einem Film auf sich zukommen. Die sechsjährigen Kinder wurden in acht Prozent der Überquerungsversuche von einem Auto angefahren.

Mit zunehmenden Alter wurden die Kinder immer sicherer im Straßenverkehr: Bei den Achtjährigen gab es nur noch in sechs Prozent aller Versuche einen Zusammenstoß, bei den Zehnjährigen in fünf Prozent und bei den Zwölfjährigen nur in zwei Prozent. Die 14-Jährigen hatten keine Unfälle.

Dennoch sollten Kinder früh im Straßenverkehr unterwegs sein. So sind laut Polizei auch Erstklässler nach einer Verkehrserziehung durchaus in der Lage, alleine den Schulweg zu bewältigen. „Wir empfehlen, dass Grundschulkinder sich daran gewöhnen sollen, Wege in der Öffentlichkeit auch allein zurückzulegen“, sagt Martin Kobusynski von der Polizei Hamburg.

Experten geben Tipps zur Verkehrserziehung

So lernen Kinder, wie man sich im Straßenverkehr verhält

Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte rät Eltern, sich Zeit für die Verkehrserziehung ihrer Kinder zu nehmen: „Kleinkinder konzentrieren sich häufig nicht auf den Verkehr auf der Straße“, warnen die Experten. Die kindliche Aufmerksamkeit werde leicht von anderen Leuten oder Dingen wie etwa parkenden Autos abgelenkt. „Daher sollte man sein Kind genau fragen, was es sieht.“ Und vor allem: Dass das Kind selber oft nicht gesehen wird – etwa weil es zwischen Sträuchern oder einem parkenden Auto steht. „Besprechen Sie, was Ihr Kind an einer Ampel beachten muss oder etwa an einem Zebrastreifen.“ Wichtig sei der Blickkontakt mit den Fahrern herannahender Fahrzeuge und ein Handzeichen.

Der Verkehrsklub ADAC rät hier wiederum, einmal einen Rollentausch vorzunehmen: Das Kind bringt die Mutter oder den Vater zur Schule und erklärt die Gefahrenstellen. „Dadurch erkennt man besser, was das Kind schon verinnerlicht hat und wo noch Probleme auftreten“, heißt es in dem ADAC-Schulwegratgeber. Grundsätzlich sollte man die Straßen, an denen Kinder unterwegs sind, regelmäßig auf neue Gefahrenstellen wie Baustellen kontrollieren.