Der Unterhalt des Abwassernetzes – im Bild die Kanalisation in Stuttgart – schlägt bei den Abwassergebühren erheblich zu Buche. Foto: privat

Eine Studie zum Thema Abwassergebühren zeigt, dass die Preise je nach Stadt extrem unterschiedlich sind. Der Südwesten kommt gut weg – und eine Stadt aus der Region Stuttgart ist am günstigsten.

Stuttgart - Die Menschen in Baden-Württemberg dürfen sich freuen, allerdings mit Einschränkung: In einer Studie des Bundesverbandes von Haus & Grund wurden die Abwassergebühren der hundert größten deutschen Städte miteinander verglichen – und die meisten Kommunen im Südwesten verlangen recht moderate Preise. Ludwigsburg ist mit 261,81 Euro die bundesweit günstigste Stadt im Ranking, zehn der vierzehn vertretenen baden-württembergischen Städte liegen unter den 20 besten. Dennoch: Städte wie Reutlingen, Pforzheim oder Esslingen verlangen beinahe das Doppelte. Auch innerhalb des Landes zeigen sich also erhebliche Unterschiede bei den Gebühren. Ganz am Ende steht Potsdam mit 911,23 Euro.

Die Kommunen in Deutschland errechnen die Abwassergebühren meist anhand von drei Komponenten: wie viel Trinkwasser hat ein Haushalt verbraucht, wie groß ist das Grundstück, wie viel Fläche ist dort versiegelt? Der Preis für Schmutz- und Niederschlagswasser ist deshalb höchst individuell. Das Kölner Institut der deutschen Wirtschaft, das die Studie im Auftrag erarbeitet hat, bildete deshalb einen Musterhaushalt aus einer vierköpfigen Familie.

Kritik an der Intransparenz der Rechnungen

Kai H. Warnecke, der Präsident von Haus & Grund Deutschland, hält sich mit einer Bewertung der Ergebnisse zurück. Von ihm ist nicht zu hören, dass manche Städte überzogene Preise verlangen würden. Allerdings sagt er schon: „Die Gebührenordnungen der einzelnen Kommunen sind uneinheitlich, intransparent und häufig mit individuellen Ausnahmeregelungen versehen.“ Der Verbraucher habe keine Möglichkeit, die Gebühren zu vergleichen. Mit der Studie solle eine Diskussion angestoßen werden, damit die Kommunen die Gründe für ihre Kalkulation benennen.

Diese Diskussion befeuert der Bund der Steuerzahler schon lange. Er veröffentlicht jährlich Listen mit den Abwassergebühren; die letzte des baden-württembergischen Landesverbandes mit Stand 1. Januar 2016 enthält alle gut 1100 Gemeinden und Städte im Südwesten. Der Musterhaushalt besteht dort nur aus zwei Personen, so dass die Studien nicht direkt vergleichbar sind. Die Spreizung in Baden-Württemberg ist hier aber noch extremer und reicht von rund 100 Euro in mehreren Kommunen bis zu mehr als 500 Euro etwa in Widdern (Landkreis Heilbronn) oder Ravenstein (Neckar-Odenwald-Kreis). Der Bund der Steuerzahler fordert die zuständige Kommunalaufsicht immer wieder auf, die Gebühren effektiv zu kontrollieren.

In der Realität sind es sehr viele Faktoren, die die Kommunen bei ihrer Berechnung berücksichtigen. Dazu gehören etwa große Höhenunterschiede wie in Stuttgart, die Zahl der Einwohner, aber auch die Länge des Kanalnetzes. Gemeinden mit vielen Stadtteilen müssen viele Kilometer an Leitungen für vergleichsweise wenig Menschen vorhalten. Dennoch betont Kai H. Warnecke, dass diese Strukturunterschiede allein die großen Preisdifferenzen nicht erklären könnten.

Hohe Zinssätze belasten die Gebührenkalkulation

Der Bund der Steuerzahler moniert etwa die sehr unterschiedlichen Ansätze bei der Abschreibung oder die große Spannbreite bei den kalkulierten Zinsen für Eigen- und Fremdkapital. Trotz der derzeitigen niedrigen Zinsen würden viele Städte noch mit bis zu sieben Prozent rechnen. In Eschweiler in Nordrhein-Westfalen hat die Stadt die Zinsen jetzt gesenkt. „Dieses Beispiel zeigt“, kommentierte der Bund der Steuerzahler im Februar, „dass die Bürger entlastet werden können, wenn der politische Wille vor Ort vorhanden ist.“

Diesen Weg geht Ludwigsburg allem Anschein nach konsequent. Einer der wichtigsten Gründe für die niedrigen Gebühren sei, dass man regelmäßig die Kredite umschulde, um möglichst aktuelle Zinssätze zu haben, sagt Ulrike Schmidtgen, die Leiterin der dortigen Stadtentwässerung. Daneben sei man als Eigenbetrieb rechtlich angehalten, keinen Gewinn zu machen; Betriebe in anderer Rechtsform hätten diese Pflicht nicht. Die Nutzung der Kläranlage gemeinsam mit anderen Kommunen halte die Kosten ebenfalls niedrig. Am teuersten innerhalb Baden-Württembergs ist laut der Studie Pforzheim mit 538,22 Euro. Michael Leich vom dortigen Eigenbetrieb betont aber, dass der Preis falsch sei – sie seien beim Nachrechnen nur auf 446,32 Euro gekommen. Eine Sprecherin des Instituts der deutschen Wirtschaft sagte am Montag, bei allen Städten seien weitere Kosten laut geltender Gebührenordnung berücksichtigt; die Sätze stimmten deshalb. Grundsätzlich, so Leich, habe der Pforzheimer Gemeinderat lange Abschreibungszeiten für die Kanäle festgelegt, so dass sich hohe Aufwendungen für die Abschreibungen ergäben. Zudem seien die großen Höhenunterschiede Pforzheims ein Wettbewerbsnachteil gegenüber anderen Städten.