Glühende Lava strömt aus einem Vulkan in Grindavik auf Island. Foto: AP/dpa/Marco di Marco

Der Südwesten Islands wird seit Monaten von zahlreichen Vulkanausbrüchen heimgesucht. Forscher vermuten, dass die jüngsten Lavaströme erst der Anfang einer lang anhaltenden Serie sind.

Die jüngsten Vulkanausbrüche auf Island könnten Forschern zufolge noch Jahrzehnte dauern. Die am dichtesten besiedelte Region des Landes sowie die lebenswichtige Infrastruktur ist dadurch möglicherweise noch lange bedroht, wie aus einer Studie internationaler Forschender hervorgeht, die am Mittwoch (26. Juni) im Fachblatt „Terra Nova“ veröffentlicht worden ist.

Allein seit Dezember vergangenen Jahres kam es zu fünf größeren Vulkanausbrüchen. Foto: AP/Marco di Marco/dpa

Eruptionen begannen 2021

Im Jahr 2021 begann die Ausbruchsserie auf der Reykjanes-Halbinsel im Südwesten der Insel, nur rund 55 Kilometer südwestlich der isländischen Hauptstadt Reykjavik. Allein seit Dezember vergangenen Jahres kam es zu fünf größeren Vulkanausbrüchen. Dabei strömte Lava aus länglichen Rissen in der Erde hervor, weshalb man diese Art von Ausbrüchen auch als Spalteneruption bezeichnet. Einige Häuser wurden dabei von Lava erfasst.

In der betroffenen Region lebt ein Großteil der Bevölkerung der Nordatlantik-Insel. Zudem liegen dort der einzige internationale Flughafen und mehrere geothermische Kraftwerke, die Warmwasser und Strom für das Land liefern. Zuletzt sei die Halbinsel vor knapp 800 Jahren vulkanisch inaktiv gewesen, heißt es in der Studie.

Magma-Ansammlung bildete sich zwischen 2002 und 2020

Für ihre Untersuchung haben die Forscher Erdbebendaten der vergangenen drei Jahre ausgewertet und Lava-Proben von mehreren Orten genommen. Sie verglichen das flüssige Gestein, das an verschiedenen Orten aus der Erde strömte, in Bezug auf die chemischen und physikalischen Eigenschaften. So wollten sie darauf schließen, ob es von der gleichen Magma-Kammer im Untergrund stammt oder von verschiedenen Kammern.

Tatsächlich handelt es sich den Untersuchungen zufolge um Magma mit ähnlichen petrografischen Eigenschaften. Das lasse auf ein zusammenhängendes unterirdisches Magma-System schließen, schreiben die Forscher.

Zusammen mit den seismischen Daten kommen sie zu dem Schluss, dass es sich um eine moderat große Magma-Ansammlung in einer Tiefe von etwa neun bis elf Kilometern handelt, die sich über eine Breite von zehn Kilometern erstreckt. Herausgebildet habe sie sich zwischen den Jahren 2002 und 2020.

Die Ausbrüche der zentral gelegenen Vulkane dauern meist nur wenige Tage oder Wochen. Foto: AP/Marco Di Marco/dpa
Der 4000-Einwohner-Ort Grindavík war evakuiert worden, als sich die erneute Eruption auf der Reykjanes-Halbinsel mit einer Erdbebenserie angekündigt hatte. Foto: AFP/Icelandic Department of Cicil /PR
Im Südwesten Islands war ein Vulkan zwischen Stóra Skogfell und Hagafell auf der Reykjanes-Halbinsel ausgebrochen. Foto: Imago/SuperStock
Das Vulkangebiet liegt am Berg Litli-Hrútur etwa 40 Kilometer von Reykjavik entfernt am südwestlichen Zipfel der Halbinsel Reykjanes. Foto: AFP/Kristin Magnusson

„Die Natur ist nie regelmäßig“

Das Forscherteam kommt zu dem Schluss, dass die aktuelle Ausbruchsserie der Beginn einer langen Episode sein könnte. Aber wie lange die Serie wirklich dauere, könnten sie nicht vorhersagen. „Die Natur ist nie regelmäßig“, erklärt Co-Autor Ilya Bindeman, Vulkanologe und Professor für Geowissenschaften an der Universität von Oregon in den USA. „Wir wissen nicht, wie lange und wie häufig sie in den nächsten zehn oder gar hundert Jahren anhalten wird. Es wird sich ein Muster herausbilden, aber die Natur weist immer Ausnahmen und Unregelmäßigkeiten auf.“

Island liegt auf tektonischen Plattengrenzen

Island liegt auf dem Mittelatlantischen Rücken, also der tektonischen Plattengrenze, an der sich die nordamerikanische und die eurasische Platte auseinanderschieben.

In Island kommt es deswegen häufig zu Vulkanausbrüchen. Doch dauern die Ausbrüche der zentraler gelegenen Vulkane meist nur wenige Tage oder Wochen, so wie im Jahr 2010 der Ausbruch des Vulkangletschers Eyjafjallajökull. Die Spalteneruptionen hingegen können viel länger dauern.