Sie erforschen und gestalten die Nacht: Die beiden Stuttgarter Stadtmanager Nils Runge (Mi.), Andreas Topp (re.) und Stadtplaner Jakob Schmid. Foto: Lichtgut/Julian Rettig

Feiern, Ausgehen, das macht nicht nur Spaß. Es bringt auch Geld in die Stadt und macht sie attraktiv. Eine Studie untersucht den Wert des Nachtschaffens. Sowohl in Euro, als auch in puncto Anziehungs-und Ausstrahlungskraft. Wie kann das gelingen?

Die Nacht. Stets war sie ein Versprechen, im Dunkeln ist gut munkeln, trinken,tanzen, lieben, vergnügen, Spaß haben.

Die Nacht. Sie war zuletzt ein Schrecken. Regeln, Gesetze, Realität gelten dort nicht mehr. Spaß haben? In den Pandemie-Jahren galt: Vernünftig sein! Manchen galt selbst die Sehnsucht nach dem Feiern als anstößig. Deshalb legte die Politik das Nachtschaffen lieber lahm.

Warum ist Kultur wichtig?

Die Nacht. Sie bringt Geld. Seit das Guggenheim-Museum Bilbao Heerscharen von Touristen bescherte und der Ökonom Richard Florida seine These von der „kreativen Klasse“ aufgestellt hat, welche die Städte gewinnen müssten, um eine Zukunft zu haben, ist Kultur jeglicher Art ein Standortfaktor. Mit der Boheme, die bei Florida nicht Künstler, Wissenschaftler und Software-Entwickler sind, kommen nicht nur Gojibeeren ins Müsli und Hafermilch in den Kaffee, sondern auch Arbeitsplätze und Wohlstand.

Wer macht die Studie?

Wie bringt man nun all dies zusammen? Was bei Tag stattfindet, darüber gibt es zahlreiche Studien, man weiß genau wie viele Menschen über die Königstraße bummeln, wie viel Geld sie ausgeben. Aber was geschieht des Nachts? In der „Stadt nach acht“, wie das griffig heißt. Das soll eine Studie herausfinden, die die Wirtschaftsförderung in Auftrag gegeben hat. Das Büro C/O Zukunft wird – unterstützt von diversen Einzelkämpfern – bis zum Herbst versuchen, den Wert des Nachtlebens zu erheben.

Wie viel Geld wird erwirtschaftet?

Stadtplaner und Diplomingenieur Jakob Schmid aus Hamburg hat am Freitagabend vorgestellt, wie man dabei vorgehen möchte. Mehr als 100 000 Euro lässt sich das die Stadt kosten. „Stuttgart meint es ernst, mit dem Budget kann man wirklich etwas anfangen und nicht nur ein Feigenblattpapier erstellen.“, sagt Schmid. In Berlin haben sie errechnet, dass die Club-Szene 1,5 Milliarden Euro im Jahr erwirtschaftet. Nehmen wir für Stuttgart nur mal ein Zehntel dessen an, dann landet man bei 150 Millionen Euro. Die Clubs machen die Stadt also nicht nur kulturell reicher.

Gibt es Zahlen?

In Stuttgart gibt es 2900 Gastrobetriebe, Clubs und Livespielstätten. Deren ökonomischem Wert kann man sich über die Umsatzsteuerstatistik nähern. Der Umsatz pro Kopf in der getränkegeprägten Gastronomie lag 2019 in Stuttgart bei 150 Euro. Zum Vergleich waren es in Düsseldorf 350 Euro, in Frankfurt 270 Euro. „2020 strebt es gegen Null“, sagt Schmid, „wie gehen wir mit dem Coronaknick um?“ Bald liegt die Statistik 2021 vor, auch da wirkte sich die Pandemie aus.

Was folgt aus der Studie?

Neben den ökonomischen fallen auch „stadträumliche und soziokulturelle“ Faktoren ins Gewicht. Denen wird man sich durch Interviews mit Gästen, Betreibern und Akteuren des Nachtlebens nähern. Doch ist die Nachtökonomie mehr als nur der Club. Man geht ins Theater oder Kino, nutzt den Nahverkehr, fährt Taxi, isst einen Döner. Da gebe es Studien, etwa über den Nachtverkehr in London, die man für eine Annäherung nutzen könne. Mit dem Ziel, „Stärken und Schwächen zu definieren und eine Handlungsempfehlung abzuleiten“. Und auf Basis solider Daten eine Strategie für Stuttgart nach acht zu entwerfen.