In Deutschland sind tabakfreie Nikotinbeutel verboten, über den Online-Handel sind sie trotzdem erhältlich. Besonders bei jungen Leuten sind sie beliebt. Laut einer neuen Studie bergen sie aber hohe Risiken.
Tabakfreie Nikotinbeutel können einer Studie zufolge hohe Dosen Nikotin abgeben. Diese seien in Deutschland zwar verboten, unter Jugendlichen aufgrund der Werbung in sozialen Medien aber trotzdem verbreitet, erläutern Fachleute von der Tabak-Ambulanz der Ludwig-Maximilians-Universität in München. Zusammen mit dem Bundesamt für Risikobewertung (BfR) hatten sie untersucht, welche Nikotinmengen diese Produkte abgeben und welche Auswirkungen das auf den menschlichen Körper hat.
Tabakfreie Nikotinbeutel enthalten dem BfR zufolge ein Pulver, das aus Nikotinsalzen und Trägerstoffen besteht. Diese werden unter die Oberlippe geklemmt , sind den Forschern zufolge also unauffällig und überall einsetzbar.
Zum Teil höhere Nikotinaufnahme als bei Zigaretten
In der Studie, die im Fachblatt „Frontiers in Pharmacology“ veröffentlicht wurde, testeten die Forschenden Beutel verschiedener Marken mit deklarierten Nikotingehalten von 6, 20 und 30 Milligramm an 15 Menschen, die regelmäßig Zigaretten rauchen.
Dabei zeigte sich den Forschern zufolge, dass die Produkte hohe Nikotinmengen abgeben können – zum Teil sogar höhere als Zigaretten. Von einem hohen Suchtpotenzial der untersuchten Nikotinbeutel müsse deshalb ausgegangen werden, sagte der Leiter der LMU-Tabakambulanz, Tobias Rüther.
Vielfältige gesundheitliche Gefahren
Wie beim Zigaretten-Konsum hatten die Beutel mit 20 und 30 Milligramm Nikotin Auswirkungen auf Herz und Kreislauf, unter anderem eine erhöhte Herzfrequenz. Zudem verursachten alle Beutel Mundreizungen.
Das Suchtpotenzial könne zu einem ernsthaften Problem werden, ergänzt die Co-Autorin Andrea Rabenstein. Aus Nachbarländern wie Österreich höre man, dass die dort legal erhältlichen Nikotinbeutel bereits massiv in Schulen angekommen seien, betont Rabenstein. „Neben der Entwicklung einer Abhängigkeit von Nikotin ist natürlich dadurch der Einstieg in das Konsumieren weiterer Nikotinprodukte oder Tabakzigaretten stark zu befürchten.“
Info: Kampf gegen das Rauchen
Gesundheit
Der lange Kampf gegen das Rauchen reicht in Deutschland bis in die 1970er und 1980er Jahre zurück, als die Zigarette allmählich nicht mehr so sehr als Genussmittel, sondern zunehmend als Gesundheitsgefahr gesehen wurde. Folge war unter anderem, dass gefährliche Inhaltsstoffe - vor allem Teer, aber auch Nikotin und Kondensat - schrittweise verringert wurden.
Werbung
Damals begannen Werbeverbote beziehungsweise Werbeeinschränkungen - zunächst freiwillige - für das Fernsehen, den Hörfunk und schließlich auch für das Kino und in den Zeitungen und Zeitschriften. Es gab eine Kinder- und Jugendschutzklausel, die auch dafür sorgte, dass Zigarettenautomaten an der Straßenecke mehr und mehr verschwanden. Tabakwaren waren schließlich noch in Einkaufsläden und Supermärkten an den überwachten Kassen zugänglich oder in Kiosken und Tankstellen.
Rauchverbote
Einen tiefen Einschnitt für die Tabakbranche brachte das Nichtraucherschutzgesetz von 2007, das Basis für das Rauchverbot am Arbeitsplatz, in öffentlichen Einrichtungen, Zügen der Deutschen Bahn und in Restaurants war.
Schockfotos
Seit 2016 nehmen Warnhinweise plus Schockfotos zwei Drittel der Zigarettenverpackungen ein. Es folgten Werbeverbote für Tabak und nikotinhaltige elektronische Zigaretten in Printmedien. Ebenfalls verboten ist Werbung etwa im Internet, Hörfunk und Fernsehen.