Der alltägliche Stau kostet nicht nur Zeit und Nerven, sondern auch reichlich Geld. Bus- und Bahnpendler fahren deutlich billiger. Foto: factum/Weise

Laut einer Studie fressen den Bewohnern der Landkreise die Kosten für die Mobilität ihre Ersparnis beim Immobilienkauf auf. Betroffen sind allerdings nur Pendler, deren Arbeitsplatz nicht in der Nähe des Wohnorts liegt.

Böblingen - Auf der Suche nach einem Eigenheim den Blick im Umland schweifen zu lassen, ist zwecklos – jedenfalls aus finanzieller Sicht. Zu diesem Schluss kommen die Autoren einer Studie des Weltwirtschaftsinstituts in Hamburg. Sie haben die Gesamtkosten für das Wohnen in Kreisstädten der Region Stuttgart mit denen in der Landeshauptstadt verglichen. Dies im Auftrag der Postbank – und mit dem Fazit: Wer pendelt, zahlt drauf, teilweise schon nach wenigen Jahren.

Diese Aussage gilt zwar grundsätzlich, aber nicht für jeden Einzelfall. „Unsere Modellrechnung kann lediglich Anhaltspunkte liefern und Denkanstöße liefern“, sagt Philipp Benker von der Geschäftsleitung der Postbank. Schnäppchenangebote, kurze Wege zum Arbeitsplatz oder auch höhere Kosten für die Kinderbetreuung bleiben in der Studie unberücksichtigt. Benker empfiehlt daher eine genaue Kostenrechnung und – wenig überraschend – im Zweifel die Hilfe eines Baufinanzierers.

Trotz solcher Einschränkungen ist der Umzug in eine Immobilie im Umland faktisch nur billiger, wenn der Arbeitsplatz nahe dem neuen Wohnort liegt. Kleine Gemeinden blieben in der Untersuchung unberücksichtigt. Waiblingen, Esslingen, Ludwigsburg, Sindelfingen und Böblingen wurden mit Stuttgart verglichen.

Am teuersten kommt eine Wohnung in Sindelfingen

Am teuersten ist unter den Annahmen der Studie eine Wohnung in Sindelfingen. Spätestens nach 8,8 Jahren ist die Ersparnis beim Kauf des Eigenheims im Vergleich zu Stuttgart verbraucht. Dies gilt, sofern ein Familienmitglied mit der Bahn in die Landeshauptstadt pendelt.

Auf den Kaufpreis schlagen die Statistiker die Kosten für die Fahrt von den jeweiligen Bahnhöfen zum Stuttgarter Hauptbahnhof auf. Die Wege vom Wohnort zu den Haltestellen und von ihnen zum Arbeitsplatz bleiben unberücksichtigt. Schließlich erreichen auch die meisten Stuttgarter ihren Arbeitsplatz nicht zu Fuß. Die Zeit spielt in der Rechnung ebenfalls eine Rolle. Sie ist als Kostenposten mit einem Durchschnittsverdienst angesetzt.

Das Pendeln mit dem Auto ist grundsätzlich teurer – zumeist auch zeitaufwändiger – als mit Bus oder Bahn. In Sindelfingen ist dieser Unterschied noch am geringsten. Autofahrer, die dort leben, verbrauchen die Ersparnis fürs Eigenheim nach 7,8 Jahren, mithin ein Jahr früher als Bahnfahrer. Sofern zwei oder sogar mehr Bewohner eines Haushalts pendeln müssen, schmilzt die Ersparnis selbstredend entsprechend schneller.

Am ehesten empfiehlt sich ein Umzug nach Waiblingen

Am ehesten empfiehlt sich noch ein Umzug nach Waiblingen. Wegen der Nähe zur Landeshauptstadt, der guten Bahnverbindung und günstiger Immobilien hält die Ersparnis für Pendler aus der Rems-Muss-Stadt am längsten. Sie können etwas mehr als 24 Jahre mit der Bahn fahren, bevor ihr Vorteil verloren ist und 10,4 Jahre mit dem Auto. Dahinter folgen in der Tabelle Esslingen und Ludwigsburg. Böblingen liegt auf dem vorletzten Rang. Wie in Sindelfingen fressen die Kosten für Autopendler den Preisvorteil bereits nach 7,8 Jahren. Mit der Bahn halten die Böblinger aber vier Jahre länger durch – 12,8 statt 8,8 Jahre.

In Böblingen und Sindelfingen ist schlicht die größere Entfernung zum Stuttgarter Hauptbahnhof der entscheidende Faktor für das Ergebnis. Bemerkenswerterweise nehmen die Autoren der Studie in beiden Fällen an, dass Autofahrer das Zentrum Stuttgarts trotz Hauptverkehrszeit nach 26 Minuten erreichen. Dies dürfte allenfalls in Ferienzeiten möglich sein.

In den anderen Kreisstädten der Region entscheidet der Immobilienpreis über die Rangfolge. Waiblingen, Esslingen und Ludwigsburg sind nahezu gleich weit von Stuttgart entfernt. Die Fahrzeiten mit der Bahn sind sogar dieselben. Allerdings ist der Wohnungskauf im Rems-Murr-Kreis am günstigsten. 2760 Euro kostete im Jahr 2017 dort der Quadratmeter einer statistischen Durchschnittswohnung. In Böblingen sind es knapp 1000 Euro mehr, in Ludwigsburg gut 160 Euro. Stuttgart liegt mit 3843 Euro Quadratmeterpreis weit an der Spitze. Allerdings holten im Jahresvergleich alle Landkreise mit prozentual zweistelligen Preissteigerungen auf. Womit die Ersparnis in Zukunft noch schneller dahinschmelzen wird.