Tatort Gedächtniskirche: Experten der Polizei untersuchen am 20. Dezember 2016, einen Tag nach dem Terroranschlag auf den Weihnachtsmarkt an der Berliner Gedächtniskirche, den Tatort. Foto: AFP

Terror, Extremismus und Spannungen durch Zuwanderung sind derzeit die größten Ängste der Deutschen. Insgesamt seien die meisten Ängste gegenüber dem Vorjahr aber zurückgegangen, heißt es in der diesjährigen Studie „Die Ängste der Deutschen“.

Stuttgart - Nichts macht den Deutschen so viel Angst wie der Terror. 71 Prozent fürchten sich laut der in Berlin vorgestellten Studie „Die Ängste der Deutschen 2017“ davor. Damit erreiche diese Angst einen der höchsten Werte, der jemals in einer Langzeitstudie gemessen wurde, so die Autoren der Studie.

Seit 1992 befragt die R+V Versicherung jährlich rund 2400 Deutsche ab 14 Jahren zu ihren Ängsten. Zusätzlich werden in jedem Jahr Sonderfragen gestellt, in diesem Jahr unter anderem zur Flüchtlingslage.

Timeline: Die Ängste der Deutschen 1992 bis 2017

Aktuelle Top-Ängste

Nach Aussage der Leiterin des R+V-Infocenters, Brigitte Römstedt, fürchten sich die Befragten zudem vor politischem Extremismus (62) sowie vor Spannungen zwischen Migranten und Deutschen bei einem weiteren Zuzug (61 Prozent). Mit 57 Prozent unvermindert hoch ist auch die seit drei Jahren abgefragte Angst vor der Überforderung von Bürgern und Behörden durch eine große Zahl von Flüchtlinge.

Zugleich seien die meisten Ängste gegenüber dem Vorjahr zurückgegangen, erklärte Römstedt. Dadurch sei der „Angstindex“ – der Durchschnitt der abgefragten Sorgen – im Vergleich zu 2016 um sechs Prozentpunkte auf 46 Prozent gesunken.

Das bedeutet allerdings nicht, dass die Deutschen 2017 sorgloser geworden sind. „Wer dieses Ergebnis kurzfristig betrachtet, bekommt ein verzerrtes, ja sogar ein irreführendes Bild“, sagt Manfred G. Schmidt, Politologe an der Universität Heidelberg und Mitautor der Angststudie. „Im Licht des mittel- und langfristigen Wandels betrachtet sind die Top-Ängste 2017 sehr hoch und liegen weit über dem üblichen Niveau.“

Gift im Essen

Zwei Ängste sind in diesem Jahr größer als 2016 – beide betreffen Umwelt und Naturkatastrophen. Noch bevor der jüngste Lebensmittelskandal mit Fipronil-belasteten Eiern öffentlich wurde, befürchteten 58 Prozent der Deutschen, dass Nahrungsmittel immer stärker mit Schadstoffen belastet sein könnten.

Naturkatastrophen

Von 52 auf 56 Prozent gestiegen ist die Angst vor Naturkatastrophen (Platz sieben). „Damit ist diese Sorge in Ost und West mittlerweile fast gleich hoch – im Unterschied zu früher. In der Vergangenheit beschäftigten ‚grüne‘ Themen die Westdeutschen meist deutlich mehr. Dazu gehört auch die Angst vor vermehrten Wetterextremen wie Stürme, Starkregen, Hagel und Überschwemmungen“, erklärt Brigitte Römstedt, Leiterin des R+V-Infocenters.

Schuldenkrise

Die Euro-Schuldenkrise haben die Bundesbürger nicht vergessen. In der Gesamtwertung bleibt die Befürchtung, dass die Steuerzahler für überschuldete Länder zur Kasse gebeten werden, mit 58 Prozent hoch (Platz vier im Ranking), auch wenn sie gegenüber 2016 um 7 Prozentpunkte gesunken ist. „Eine realistische Sicht“, betont Schmidt. „Aufgrund seiner Wirtschaftskraft und Bonität kommen bei der Euro-Rettungspolitik hohe Zahlungsverpflichtungen auf Deutschland zu, die Bundesrepublik haftet überproportional.“

Weniger Angst vor Jobverlust

Deutlich geringer als je zuvor im Verlauf der seit 1992 laufenden Langzeitstudie sind die Ängste vor Arbeitslosigkeit und einer Wirtschaftskrise. Mit 17 Prozentpunkten am stärksten gesunken ist die Befürchtung, dass die Arbeitslosenzahlen in Deutschland wieder steigen könnten. Mit 26 Prozent liegt sie auf dem vorletzten Platz. Fast genauso gering ist die Angst vor Jobverlust. Die Angst vor einer neuen Wirtschaftskrise ist auf ein Rekordtief von 37 Prozent abgesackt.