Bis wirklich gebaut werden kann geht allzu oft noch zu viel Zeit ins Land. Foto: Max Kovalenko

Eine Studie des Normenkontrollrats mahnt mehr Kundenfreundlichkeit bei Baugenehmigungen an. Beteiligt an der Erhebung war das Landratsamt im Rems-Murr-Kreis.

Dass Baugenehmigungen in Deutschland lange dauern, ist keine allzu neue Erkenntnis. Vom Antrag bis zur Erteilung ziehen selbst bei Vorhaben mit überschaubarer Größenordnung oft Monate ins Land. Das liegt nicht nur an vielen und oft als zu detailliert kritisierten Vorschriften. Auf die Dauer der Genehmigungsverfahren wirkt sich auch eine hauptsächlich an der Gründlichkeit orientierte Arbeitsweise der Verwaltungsbehörden aus. Und: Auch die Wissenslücken bei Planern und Bauherren lösen unliebsame Verzögerungen aus.

Wie es schneller gehen könnte bei Baurecht und Immissionsschutz, hat jetzt der Normenkontrollrat des Landes untersucht. Beteiligt an der seit 2017 laufenden Studie über die projektorientierte Verfahrenssteuerung war das Landratsamt im Rems-Murr-Kreis. In der Behörde wurde getestet, wie die landesweit gesammelten Vorschläge in der Praxis funktionieren – und wo bei sich allzu lange hinziehenden Genehmigungen der Hase im Pfeffer liegt.

Untersuchung deckt unangenehme Wahrheiten über die Verwaltung auf

Tatsächlich hat die Analyse zu einigen für die Verwaltung eher unangenehmen Wahrheiten geführt. So ergab eine als Grundlage der 122 Seiten starken Studie dienende Abfrage unter den Behördenmitarbeitern, dass mit der oft als Ideallösung beschworenen elektronischen Akte in kaum einer Dienststelle gearbeitet wird. Gerade mal ein Drittel der an Genehmigungsverfahren beteiligten Fachbereiche setzt das digitale Hilfsmittel überhaupt ein – in den meisten Ämtern gibt nach wie vor das Papier den Takt vor.

Auch eine Projektsteuerung ist in vielen Behörden noch ein Fremdwort. Ausgebildet fürs Management von Entscheidungsprozessen ist nur ein Bruchteil der fraglichen Mitarbeiter, eine steuernde Rolle nimmt laut der Eigenauskunft der Beteiligten bei einer Genehmigung gerade mal die Hälfte der betroffenen Behörden wahr. Beim Rest wird eben gewartet, bis der Aktendurchlauf komplett ist – auch wenn bei dieser Verfahrensweise deutlich mehr Zeit vergeht als unbedingt nötig wäre.

Gerade mal ein Viertel der Behörden bringt die Beteiligten an einen Tisch

„Die Genehmigungsverfahren sind mittlerweile so langwierig geworden, dass die Wettbewerbsfähigkeit unseres Wirtschaftsstandorts gefährdet ist. Wir brauchen einen Kulturwandel in den Behörden“, bekräftigt Gisela Meister-Scheufelen, die Vorsitzende des Normenkontrollrats. Sie fordert deshalb eine lösungsorientierte Arbeitsweise in der Verwaltung, flexibel, digital, kundenfreundlich und vor allem transparent. Denn auch der partnerschaftliche Austausch mit Bauherren und Projektplanern ist für Behörden offenbar allzu oft ein ungewohntes Terrain: Dass bei einem Auftaktgespräch erläutert wird, wo baurechtliche Fallstricke liegen könnten, ist eher die Ausnahme als die Regel. Gerade mal ein Viertel der Genehmigungsbehörden nutzt die Möglichkeit, zum Start des Verfahrens die Beteiligten an einen Tisch zu bringen. Nicht viel besser sieht es mit Zwischenberichten aus: Ob die eingereichten Unterlagen vollständig sind oder auf dem Amt noch Informationsbedarf besteht, erfahren die Bauherren oft genug erst mit erheblicher Verzögerung.

„Verwaltung muss moderner, digitaler und insgesamt intelligenter werden. Es hat mich gefreut, dass wir gemeinsam mit dem Normenkontrollrat ganz einfache und praktische Verbesserungsvorschläge erarbeiten durften“, kommentiert Rems-Murr-Landrat Richard Sigel den Untersuchungsbericht. Schließlich profitiert auch die Verwaltung, wenn bei Genehmigungsverfahren durch ein besseres Termincontrolling schneller gearbeitet wird – und auf den Roten Punkt nicht mehr so lange gewartet werden muss.