Julia Schmölz studiert seit Herbst 2014 in Stuttgart. Als eine von 22 Frauen hat sie ein Zimmer im Wohnheim am Cannstatter Kurpark ergattert. Foto: Julia Barnerßoi

In Bad Cannstatt gibt es drei Wohnheime für Studenten, zahlreiche private Wohngemeinschaften und auch allein wohnende Studenten. Aber gibt es im Stadtbezirk auch ein Studentenleben?

Bad Cannstatt - Bei den Suchbegriffen „Bad Cannstatt“ und „Studenten“ spuckt die Internet-Suchmaschine nur wenige Ergebnisse aus. Da taucht eine Tanzschule unweit des Kurparks auf, die verbilligte Kurse anbietet. Ebenso der Tennisclub, der Musikverein oder auch die Wilhelma, die mit niedrigeren Preisen locken. Außerdem gibt es einen freien Praktikumsplatz am Amtsgericht Bad Cannstatt. Dann hört es aber auch schon auf – wäre da nicht noch eine Sache: Wohnungsangebote. Davon gibt es nämlich einige. Bad Cannstatt scheint für Studenten also wohl eher wohnens- als lebenswert zu sein.

Das bestätigt der Alltag von Julia Schmölz, die bislang die Tage an der Dualen Hochschule im Stuttgarter Westen oder bei der Arbeit in Feuerbach verbringt und nur zum Schlafen nach Bad Cannstatt zurückkehrt. Die 18-Jährige ist im vergangenen September in den Stadtbezirk gezogen. Genauer gesagt ins Anna-Herrigel-Haus am Kurpark. Dass sie dort gelandet ist, „war purer Zufall“, erzählt die junge Frau aus einem kleinen Dorf in Niederbayern. Sie habe sich beim Studentenwerk beworben und das Zimmer wurde ihr zugewiesen. Das Herrigel-Haus ist eines von zwei Wohnheimen, die das Studentenwerk in Bad Cannstatt betreibt.

„Das Wohnheim ist ein reiner Selbstläufer“

Das zweite Haus liegt an der Brückenstraße in der Neckarvorstadt. Schließlich steht an der Daimlerstraße noch ein drittes, privates Wohnheim für Studenten. Jörg Nusser hat es 2007 eröffnet und nur einmal im Internet bei einem WG-Suchportal beworben. Seither sei das Haus immer komplett ausgebucht. „Es ist ein reiner Selbstläufer“, sagt Nusser.

In Bad Cannstatt zu wohnen, ist also scheinbar beliebt. Das zeigen auch die Treffer im Internet auf den gängigen WG-Suchportalen. Dort werden zahlreiche Zimmer in privat angemieteten Wohnungen angeboten. Ob es am guten Mietpreis liegt? Marcus Baur jedenfalls findet die Wohnungen in Bad Cannstatt absolut bezahlbar. Der Student lebt mit seiner Freundin nahe des Krankenhauses, zusammen bezahlen sie rund 800 Euro Miete. Ein fairer Preis für die schöne Wohnung, findet Baur, „auch wenn ich trotzdem drei Jobs brauche, über die ich mich finanziere“, sagt er.

Gute Mietpreise, wenig Ausgehmöglichkeiten

Auch Simon Junker und seine Freundin Frédérique Sloet van Oldruitenborgh können sich nicht über die Miete für ihre Drei-Zimmer-Wohnung in der Schmidener Vorstadt beklagen, sagen sie. Die beiden 22-Jährigen leben auf fast 90 Quadratmetern. Was schon fast nach Luxus für Studenten klingt, hat einen triftigen Grund. Der ist fast zwei Jahre alt, heißt Mia und tobt durchs Wohnzimmer, während Mama und Papa erzählen. Der Lehramts-Student und die angehende Wirtschaftswissenschaftlerin sind zu Beginn ihres Studiums Eltern geworden.

Damit leben die zwei – die bereits in Bad Cannstatt zur Schule gegangen sind – zwar ein eher untypisches Studentenleben, „am Abend gemütlich etwas trinken gehen ist aber schon mal drin“, verrät die junge Mama. Neben ihrem Lieblingscafé an der Marktstraße gebe es allerdings wenig Auswahl, finden beide. Für mehr „muss man eben in die Innenstadt fahren“, sagt Simon Junker. Berufsschullehratmts-Student Michael Baur erklärt, dass er in Bad Cannstatt noch nie in einer Bar gewesen sei. Nur eines „ist natürlich Pflicht“ und ideal bei dem Wohnort: „das Frühlings- und das Volksfest“, sagt Baur und lacht.

Gute Verkehrsanbindung, viele Einkaufsläden

Was alle Studenten loben, sind die gute Verkehrsanbindung und die Einkaufsmöglichkeiten. „Rund um das Wohnheim gibt es viele Stadtbahn-Stationen“, sagt Julia Schmölz aus dem Herrigel-Haus. „Die Anbindung in Cannstatt ist echt top“, findet Simon Junker. Auch, dass es im Cannstatter Carré viele Läden auf einem Haufen gibt, gefällt allen. „Nur in die Marktstraße gehe ich eigentlich nie“, gibt Michael Baur zu.

Den Freizeitwert sehen die vier Cannstatter ebenfalls alle positiv. „Es ist toll, dass der Kurpark direkt vor der Tür ist“, sagt Julia Schmölz. „Wir gehen oft mit unserer Studentenjahreskarte in die Wilhelma“, erzählen die jungen Eltern. „Ich mache gerne Sport und kann von der Wohnung bis zum Kappelberg joggen“, sagt Michael Baur. Obwohl scheinbar keiner der Studenten wegen des Lebens, sondern mehr wegen des Wohnens in Cannstatt gelandet ist, fühlen sich alle pudelwohl, wie sie sagen. Sie haben den Bezirk schätzen gelernt. Julia Schmölz will sich alsbald einen Sportverein im Bezirk suchen, um noch mehr anzukommen. Und sie sagt: „Wenn ich einmal aus dem Wohnheim ausziehe, will ich gerne in der Gegend bleiben.“

Wohnheime für Studenten in Bad Cannstatt:

Anna-Herrigel-Haus
: Das Wohnheim des Studentenwerks an der Wildbader Straße hat 22 Zimmer mit 13 bis 28 Quadratmeter, teils mit Balkon. Die Zimmer sind unmöbliert und kosten zwischen 216 und 319 Euro pro Monat. Im Herrigel-Haus bekommen nur Studentinnen einen Platz.

Neckarvorstadt:
Das Wohnheim des Studentenwerks an der Brückenstraße hat 54 Zimmer mit je neun bis 16 Quadratmeter. Die Miete für die möblierten Zimmer kostet 248 bis 314 Euro. Jeweils sechs bis 14 Mieter teilen sich als Wohngemeinschaft Küche und Badezimmer.

Privat
: An der Daimlerstraße gibt es ein privates Wohnheim. Die 24 Zimmer mit elf bis zwölf Quadratmeter in vier WGs kosten 312 Euro.