Wer Strom verbraucht, muss zahlen. Die Preise der Stadtwerke stehen noch nicht fest. Foto: Natalie Kanter

Die Stadtwerke von Leinfelden-Echterdingen wollen am Strommarkt mitmischen und Menschen aus der Stadt zum Wechseln des Anbieters bewegen.

Leinfelden-Echterdingen - Peter Friedrich, Stadtwerkechef in L.-E., hat vor wenigen Tagen eine Tochter bekommen. Zum Vater hat ihn aber auch der Gemeinderat gemacht – zum Vater eines neuen Geschäftsfeldes. Der städtische Eigenbetrieb wird von Juli an in den Strom- und Gasverkauf einsteigen. Die Bürger aus L.-E. und Menschen, die sich mit der Stadt verbunden fühlen, sollen zum Wechseln des Anbieters bewegt werden. Die Stadträte gaben in ihrer Sitzung am Dienstag grünes Licht. Lediglich zwei Mandatsträger votierten dagegen.

Ökologisch bewussten Menschen soll ein Ökostrom-Tarif angeboten werden. Friedrich konnte bei dem Gremium aber vor allem mit der Idee des Bürgerstroms punkten. Dabei bezahlt der Kunde nicht einfach nur seine Stromrechnung, er unterstützt gleichzeitig soziale, kulturelle und sportliche Einrichtungen der Stadt.

SPD-Stadtrat Erich Klauser sagte: „Das ist eine sehr gute Idee.“ Frank Mailänder (Grüne) sieht das genauso. Er schlug sogar vor, dass der ganze Gemeinderat mit gutem Beispiel vorangehen und zu den Stadtwerken wechseln sollte. Walter Vohl (Freie Wähler) sagte: „Wir sollten den Versuch wagen.“ Und nach drei Jahren eine Bilanz ziehen. Bernd Stäbler (CDU) will sich die Sache zumindest zwei Jahre anschauen.

Zweifel an Wirtschaftlichkeit

Klaus Machanek (ebenfalls CDU) sprach sich gegen den Einstieg ins Stromgeschäft aus. Er sagte: „Ich glaube nicht, dass es sinnvoll ist, dass Städte oder auch der Staat sich unternehmerisch betätigen.“ Er hegt Zweifel an der Wirtschaftlichkeit. Der Stadtrat sprach von einer „Aufblähung des Apparates der Stadtwerke“.

Diese wollen den Strom vom sogenannten Südweststrom-Pool, einem Zusammenschluss verschiedener Stadtwerke und Energieversorger, beziehen. Und versuchen, selbigen in L.-E. „mit kleiner Mannschaft an einen kleinen, treuen Kundenstamm“ zu verkaufen, wie sich OB Roland Klenk in der Sitzung ausdrückte. Er sagte: „Wir haben die Chance, die Entwicklung des Strom- und Gasvertriebs zu begleiten und wenn nötig, auch zu bremsen.“

Friedrich gab zu: „Was aus der Steckdose kommt, ist bei vielen Anbietern ziemlich gleich.“ Wer jedoch zu den Stadtwerken wechsle, wisse, wohin die Gewinne fließen – nämlich wieder nach L.-E. Bei Problemen könne der Kunde sich zudem direkt bei den Stadtwerken in Stetten beschweren.

Der Strom soll zu Jahrespreisen angeboten werden. Deren Höhe wird Mitte Juni im Stadtwerkeausschuss bekannt gegeben. Einen Monat früher schalten die Stadtwerke eine Internetseite frei, auf der es Informationen zu dem neuen, lokalen Stromanbieter geben soll.

Friedrich betonte: „Wir werden ab 1. Juli 75 Prozent des Netzes besitzen. Deshalb ist es nur logisch, dass wir auch an dem Strom teilhaben wollen, der durch dieses Netz fließt.“ Zur Erklärung: Die Stadtwerke hatten im Dezember das Rennen in Sachen Stromkonzession gemacht. Die Stadt kauft in diesem Jahr das Stromnetz von der EnBW in großen Teilen zurück – sozusagen als zweiten Schritt. Im Moment laufen laut Oliver Müller, Vize-Chef der Stadtwerke, dazu die Verhandlungen. Dreieinhalb Millionen Euro sind dafür im Haushaltsplan vorgesehen.

Gestärkt durch den Gemeinderatsbeschluss werden die Stadtwerke nun also versuchen, am Strommarkt mitzumischen. „Es funktioniert auch in anderen Städten“, sagte Peter Friedrich. „Deshalb sehe ich auch bei uns große Chancen auf Gewinne.“