Ein Sprecher von Kretschmann (rechts) über das Papier von Strobl (links): „Mit Regierungshandeln hat das nichts zu tun.“ Foto: dpa

Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl fordert mehr Härte in der Flüchtlingspolitik. Sein Antrag richtet sich im Grunde gegen seine Parteifreundin Angela Merkel, meint unser Kommentator Rainer Wehaus.

Stuttgart - Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) hat am Wochenende einen massenhaften Missbrauch des Asylrechts beklagt und eine härtere Gangart gegenüber reinen Armutsflüchtlingen gefordert. Das heißt aber nicht, dass sich die Politik des Landes in diesem Punkt in absehbarer Zeit ändern wird. Ein Sprecher von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sagte dazu am Montag den schönen Satz: „Das hat mit Regierungshandeln nichts zu tun.“

Abschiebung – die alte Leier der CDU

Reden und Handeln sind in der Politik eben zwei verschiedene Dinge. Wie oft hat man aus den Reihen der Union in der Vergangenheit schon die Forderung gehört, man müsse bei der Abschiebung abgelehnter Asylbewerber konsequenter sein? Die Forderung zählt offenbar zum kümmerlichen Rest dessen, was in der Union gemeinsamer konservativer Nenner ist. Getan hat sich so gut wie nichts, denn dazu müsste man die Gesetze verschärfen. Das aber geht allenfalls begrenzt, weil entweder der Koalitionspartner SPD in Berlin nicht richtig will oder die Grünen im Bundesrat mit Blockade drohen oder Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) andere Prioritäten setzt. Nicht selten kommt alles zusammen.

Zugang zum Asylrecht einschränken

Im übrigen sind die zahlreichen Hindernisse für eine Abschiebung nicht das Hauptproblem der deutschen Flüchtlingspolitik. Abschiebungen werden nie das Problem lösen, das vor allem darin besteht, dass sich bislang jeder Flüchtling hierzulande auf das Grundrecht auf Asyl berufen kann – und sei sein Antrag auch noc h so abwegig. Man müsste Armutszuwanderern aus sicheren Herkunftsstaaten den Zugang zum Asylrecht verwehren, wenn man denn das Problem lösen will. Denn nur dann ließe sich der Rechtsweg verkürzen, den abgelehnte Asylbewerber in der Regel beschreiten.

Sozialleistungen sind zu hoch

Wer reinkommt, ist drin. Nach diesem Motto funktioniert derzeit die deutsche Flüchtlingspolitik. Armutszuwanderer krallen sich in Deutschland fest, auch weil die ihnen zugestandenen Sozialleistungen zu hoch sind und zur Einwanderung geradezu ermuntern. Strobl hat daher Recht, wenn er in seinem sechsseitigen Papier eine bessere Sicherung der europäischen Grenzen, weniger Sozialleistungen und die Schaffung von Flüchtlingszentren außerhalb Europas fordert. Nur so ließe sich eine einigermaßen gerechte und vernünftige Flüchtlings- und Zuwanderungspolitik verwirklichen.

Hier geht es zum Positionspapier "Wer kein Bleiberecht hat, muss gehen"

Grüne im postfaktischen Bereich

Dass Strobl damit bei seinem grünen Koalitionspartner anecken würde, war klar. Die Grünen reden mehrheitlich noch immer die unkontrollierte Zuwanderung von armen und zumeist unqualifizierten Migranten schön. „Schon nach wenigen Jahren werden die positiven wirtschaftlichen Impulse den Aufwand übertreffen“, hieß es beispielsweise im Wahlprogramm der Grünen für die jüngste Landtagswahl im Südwesten. Wer so tut, als habe der künftige US-Präsident Donald Trump das Lügen und Übertreiben im Wahlkampf salonfähig gemacht, der unterschlägt, welche unrealistischen Versprechungen von linker Seite regelmäßig gemacht werden. In der Flüchtlingspolitik sind es jedenfalls die Grünen selbst, die sich im postfaktischen Bereich bewegen.

Abrechnung mit Merkels Flüchtlingspolitik

An wen aber richtet sich Strobls Papier – wenn nicht an die eigene grün-schwarze Landesregierung? Formal handelt es sich um einen Antrag für den CDU-Bundesparteitag von 5. bis 7. Dezember in Essen. Das klingt harmlos. Tatsächlich aber rechnet der frühere Innenexperte der CDU im Bundestag in dem Papier mit der Flüchtlingspolitik von Angela Merkel ab. Zwar wird sie an einer Stelle freundlich und pflichtschuldig erwähnt, aber der Tenor der sechs Seiten ist: So, wie es im Moment läuft, schaffen wir das nicht. Man darf daher gespannt sein, was der Parteitag der CDU mit dem Papier macht.

rainer.wehaus@stuttgarter-nachrichten.de