Maerz-Geschäftsführerin Katja Beibl (43) schätzt in der Zusammenarbeit mit dem Eigentümer Olymp vor allem, dass sie unabhängig ist. Foto: Firmenfoto

Katja Beibl ist Chefin beim Strickwarenhersteller Maerz und sagt, warum sie gegen eine Frauenquote ist.

2010  hat Olymp-Chef Mark Bezner Maerz gekauft. Seitdem produziert die Firma Strickwaren für den Hemdenhersteller aus Bietigheim-Bissingen, hat aber auch eine eigene Kollektion. Geschäftsführerin Katja Beibl sagt, wie sie das Unternehmen umgekrempelt hat.
Frau Beibl, sind Sie auf Ihrem Weg in die Geschäftsführung an gläserne Decken gestoßen?
Nein. Ich habe aber noch nie verbissen das Ziel verfolgt, eines Tages Geschäftsführerin zu werden. Ich bin kein Karrieretyp. Bei mir haben sich viele Positionen einfach so ergeben, weil ich mit Spaß und Leidenschaft bei der Sache bin. Außerdem hatte ich von Anfang an Chefs, die mich gefördert haben.
Sie widersprechen der These, dass man nur durch den Aufbau von Netzwerken und durch ausgeklügelte Karrierestrategien aufsteigt?
Ich bin definitiv nicht strategisch an die Sache rangegangen. Aber auch in der Modebranche befinden sich in den Chefetagen eigentlich nur Männer. Die Männer sprechen eine eigene Sprache. Dem musst du dich als Frau fügen.
Welche Sprache sprechen Männer?
Wenn es beispielsweise in einem Meeting darum geht, ein Problem zu lösen, nutzen Männer diese Gelegenheit gern als eine Bühne, um sich zu profilieren und ihre Positionen zu behaupten. Frauen versuchen einfach nur das Problem zu lösen. Und wenn sie eine Lösung gefunden haben, müssen sie nicht gleich jedem erzählen, wie toll sie das nun wieder gemacht haben.
Wie gehen Sie als Geschäftsführerin mit diesen Unterschieden um? Haben Sie sich an die Männer angepasst oder sie erzogen?
Umso weiter man nach oben kommt, desto mehr lernt man, sich anzupassen. Macht man das nicht, geht man unter. Deine Arbeit wird nicht wertgeschätzt, wenn du nicht den richtigen Ton triffst und deine Ansprüche durchsetzt. Frauen müssen sich besser verkaufen, selbst wenn sie daran kein Interesse haben. Männern fällt das leichter. Ihnen geht es stärker um einen bestimmten Titel oder darum, eine bestimmte Position zu ergattern. Männer wollen im Mittelpunkt stehen. Frauen wollen ihre Arbeit gut machen.
Liegt es also an den Frauen, dass es so wenige Chefinnen gibt?
Die Frau, die gern weiterkommen möchte und dafür auf andere Dinge wie Familie verzichtet, hat garantiert die Möglichkeit aufzusteigen. Für Männer ist dieser Weg noch stärker durch das klassische Familienbild vorgezeichnet. Aber das ändert sich jetzt.
Geht so. Erst vor kurzem hat eine Studie ergeben, dass die Zahl der Frauen, die sich vorstellen können, dass ihr Mann zu ihren Gunsten bei der Karriere zurücksteckt, rückläufig ist.
Das betrifft aber nicht die Frauen, die heute 25 Jahre oder älter sind.
Halten Sie die Diskussion um die Frauenquote für überflüssig?
Grundsätzlich halte ich nichts von der Quote. Das ist aufgezwungen und wird nicht gelebt. Was bringt eine Quote, wenn es keine Frauen gibt, die den Job machen wollen? Es kann nicht die Lösung sein, Mädchen und Frauen stärker zu fördern als Jungs und Männer. Daraus resultiert doch das nächste Ungleichgewicht.
Sie sind jetzt bald zwei Jahre Geschäftsführerin bei Maerz. Haben Sie den Schritt je bereut?
Auf keinen Fall. Es waren aber zwei anstrengende Jahre. Als ich den Posten übernommen habe, war Maerz erst seit wenigen Jahren aus der Insolvenz raus. Die Firma befand sich immer noch in einer extremen Schieflage. Wir mussten an jedem Rad drehen, um den Laden wieder auf Kurs zu bringen. Ich liebe Herausforderungen, mich kann man gut vor einen Karren spannen, ich mag es, Probleme zu lösen. Trotzdem war es eine anstrengende Zeit, auch emotional.
Sie haben alles verändert und Leute entlassen. Wie kommen Sie bei der Belegschaft an?
Besonders den Menschen, die seit vielen Jahren bei Maerz sind, hat das erst mal Angst gemacht. Ich habe immer wieder versucht, den Menschen ihre Unsicherheit zu nehmen, aber das ist schwer. Das Unternehmen befindet sich in einem Prozess, und es kann immer wieder sein, dass wir noch mal was verändern müssen. Das ist für die Mitarbeiter sehr schwierig.
Das Betriebsklima ist also durch Angst und Unsicherheit geprägt?
Vor einem Dreivierteljahr hat sich die Stimmung gebessert. Die Mitarbeiter sehen jetzt, dass es vorangeht. Unsere Zahlen werden immer besser. Die Mannschaft schöpft Vertrauen, dass unsere Strategie aufgehen wird.
Wie sieht Ihre Strategie aus?
Wir mussten wieder als Modefirma agieren und uns mit unserem Produkt beschäftigen. Insbesondere die Damenkollektion war weder wertig noch individuell. Wir hatten keine eigene Handschrift, und die Produkte waren viel zu teuer. Das haben wir geändert. Aber wir mussten auch das Miteinander innerhalb der Firma ändern. Als ich dort zum ersten Mal reinkam, fühlte ich mich wie in der Kreisverwaltung. Man hatte das Gefühl, wer dort was will, muss einen Antrag stellen und auf den Stempel warten. Wir haben alles viel stärker miteinander verzahnt – und nehmen jetzt Fahrt auf.
Die Menschen verbinden mit Maerz eher ein verstaubtes Image. Wie ändern Sie das?
Das war mein Ausgangspunkt. Wir haben die Kollektion aufgefrischt und in der Markenkommunikation eine eigene Bildsprache entwickelt. Aber wir sind kein hippes Label. Wir stehen für Qualität, Nachhaltigkeit und Understatement. Wir machen nicht jeden Trend mit Sternchen und Glitzer mit. Wir bleiben bei einem klassischen, schönen, gepflegten Produkt, das auch jobtauglich ist.
Also wollen Sie gar nicht hip sein?
Ein bisschen schon. Wir haben zum Beispiel eine Jogginghose aus Strick in der Kollektion, da reißen sich die coolen Typen drum.
2013 haben Sie einen Umsatz von 26 Millionen Euro gemacht. Wie zufrieden ist Olymp-Chef Mark Bezner, Eigentümer von Maerz?
Er ist zufrieden, wünscht sich aber Wachstum. Das geht mir genauso. Wir können etwa bei der Damenmode oder in unseren Nachbarstaaten noch unheimlich zulegen. Im Vergleich zu 2012 sind wir beim Umsatz um 6,1 Prozent gewachsen, unterm Strich sind wir bei null rausgekommen. Das heißt: Wir müssen uns genau überlegen, wo wir unser Geld investieren. Ich kann mir nicht erlauben, Fehler zu machen. Das wäre anders, wenn ich einen Investor hätte, der mal eben 20 Millionen Euro ins Unternehmen pumpt. Aber ich habe es mit einem Inhaber zu tun, der will, dass wir aus eigener Kraft wachsen. Und ich will das auch.
Sie können sich keinen Fehler leisten. Setzt Sie das unter Druck?
Im Gegenteil: Mir macht das wirklich Spaß. Aber ich muss halt aufpassen.
Sie sind zum Erfolg verdammt.
Und genau das mag ich. Mark Bezner lässt mir unheimlich viel Freiraum. Es beflügelt mich, nicht kontrolliert zu werden.