Auch in Heimerdingen gibt es etliche Streuobstwiesen. Von dem Ditzinger Stadtteil ging die Initiative zur Verwendung des gelben Bands aus. Foto: factum/Simon Granville

Bäume auf Streuobstwiesen, die von jedermann abgeerntet werden dürfen, werden fortan markiert. Die Initiative der CDU hat aber noch einen anderen Hintergrund.

Ditzingen - Saftige, große Äpfel hängen wochenlang am Baum auf einer Streuobstwiese, doch niemand pflückt sie. Das ist eine Situation, wie sie in der Erntesaison hierzulande zu beobachten ist. Es gibt aber auch das: Unbekannte ernten die Obstbäume ab, die auf einem frei zugänglichen Grundstück stehen, pflücken Äpfel von Bäumen auf den Flächen, die ihnen nicht gehören.

Die Ditzinger Gemeinderatsfraktion hatte beide Situationen im Blick, als sie den Ratskollegen einen Vorschlag unterbreitete. Sie beantragte, mit einem gelben Band fortan jene Bäume zu markieren, die von jedermann abgeerntet werden dürfen – beispielsweise weil sich die Stücklesbesitzer aus Altersgründen nicht mehr darum kümmern können oder aber gar nicht in der Nähe leben.

Hinweis auf das Verbotene

Viele Garten- und Streuobstwiesenbesitzer ernten die Früchte nicht mehr. „Mit der Folge, dass diese verderben“, begründete die CDU ihren Antrag. Gelbe Bänder „sollen den Willen des Eigentümers zum Ausdruck bringen, es jedem zu erlauben, das Grundstück zu betreten, um die Fürchte an dem so gekennzeichneten Baum oder Strauch zu ernten“.

Andererseits wolle man „über einen positiven Effekt signalisieren“, dass das Betreten fremder Grundstücke nicht erlaubt und das Ernten des Obstes von diesen Bäumen Diebstahl sei, führt der CDU-Stadtrat Wolfgang Gommel aus.

Die Verwaltung unterstützte den Vorstoß. Mit großer Mehrheit beschloss der Ausschuss für Technik und Umwelt, das Ditzinger Obstbändel von nächstem Jahr an in den Verwaltungsstellen auszugeben. Die Große Kreisstadt ist damit offenbar nahezu allein im Landkreis Ludwigsburg. Im Landratsamt ist nur das Beispiel aus Erdmannhausen bekannt. Dort gab es dieses Jahr die Aktion „Pflück mich“, initiiert von der Gemeinde und den Grünen. Eine kreisweite Organisation über das Landratsamt hält die Behörde laut ihrem Sprecher allerdings „nicht für praktikabel“.

Kommunen entscheiden für sich

Im Kreis Esslingen wird das anders gesehen. Dort gibt es eine zentrale Initiative, die Bewirtschafter könnten die gelben Bänder in den Rathäusern der 34 teilnehmenden Kommunen erhalten. Der Landkreis Esslingen ist neben dem Stadtkreis Stuttgart der einzige, der die Aktion kreisweit organisiert und praktiziert.

In den anderen Teilen der Region entscheidet jede Kommune – wie im Kreis Ludwigsburg – für sich. In der Göppinger Kreisgemeinde Schlierbach sind die Bänder in der Erntesaison zuletzt in Kooperation mit dem örtlichen Obst- und Gartenbauverein angebracht worden. Die Göppinger sind zugleich Mitglied des Vereins Schwäbisches Streuobstparadies. Der Verein stellt eine Internetplattform zur Verfügung, um Anbieter und Sucher von Obst und Grundstücken zusammenzubringen.

Manches liegt in der Natur der Sache

Die Böblinger hingegen sind seit vielen Jahren auf einem Internetportal namens „Streuobstwiesenboerse“ aktiv. „Das wird ganz gut genutzt“, sagt eine Behördensprecherin. Die Bänderlösung wird dort abgelehnt, mit Verweis auf den Missbrauch der Aktion. Die Bänder könnten umgehängt, Bäume und Grundstücke beschädigt werden.

Die Ditzinger indes wollen die Bänderlösung nun ausprobieren, auch um aufzuklären. Immer wieder werde er angesprochen, wenn Obst unter dem Baum ungenutzt liege und vermeintlich verderbe, sagt der CDU-Stadtrat Wolfgang Gommel, der zugleich Vorsitzender des Heimerdinger Obst- und Gartenbauvereins ist.

„Ich höre immer wieder: draußen verfault alles. Das ist falsch.“ Ein Obstbaum werfe vor der Haupternte bis zu einem Drittel der Früchte ab, damit die anderen groß auswachsen. „Das liegt in der Natur der Sache.“