Private Obstbäume und -sträucher tragen oftmals zu viel für den Eigengebrauch. Mit gelben Bändern können Garten- und Streuobstwiesenbesitzer Fremde zum Pflücken einladen und so die Verschwendung von Lebensmitteln reduzieren.
Kreis Esslingen - Auf die Blütenpracht des Schwäbischen Streuobstparadieses folgt nach der Reife der Früchte die Ernte. Verschiedenste Arten und Sorten an Obst werden im Herbst reif und warten darauf, geerntet zu werden. Immer häufiger sieht man jedoch, dass Bäume nicht abgeerntet werden und das Obst auf und unter den Bäumen verfault. Das ist schade, lassen sich doch aus dem schmackhaften Obst verschiedenste Produkte wie Saft, Most, Kuchen oder Marmeladen herstellen.
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Um eine Möglichkeit zu schaffen, Obst anderen zur Verfügung zu stellen, ruft der Landkreis Esslingen nun wieder zur landkreisweiten Aktion „Gelbes Band“ auf. Die Besitzer von Obstbäumen, die mit den Früchten überfordert oder aus Altersgründen nicht mehr in der Lage sind, das Obst auf ihrem Stückle selbst zu pflücken, können die entsprechenden Bäume mit einem einheitlichen gelben Markierungsband kennzeichnen. Die Bänder senden ein Signal an alle: Hier darf ich mich bedienen.
Hagel hat großen Schaden angerichtet
Auch dieses Jahr beteiligen sich an der Aktion „Gelbes Band“ wieder zahlreiche Kommunen. „Mittlerweile sind so gut wie alle der insgesamt 44 Kommunen im Landkreis dabei“, sagt Jens Häußler von der Obst- und Gartenbauberatung des Landkreises Esslingen. Das im vergangenen Jahr vom Bund ausgezeichnete Projekt geht ins dritte Jahr und das Interesse nimmt stetig zu. Wurden zum Start 2019 noch 150 Bänder an die Kommunen verteilt, waren es im vergangenen Jahr laut Häußler bereits um die 600. „Ich bin gespannt, wie es dieses Jahr läuft“, sagt der Obstbaumexperte. Er muss sich aber noch gedulden – die Auswertung erfolgt erst nach Abschluss der Erntesaison.
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Ein Wermutstropfen sind die Unwetter der vergangenen Monate – die haben den Obstbauern im Land die Ernte teils ziemlich vermiest. Vor allem Pflaumen, Zwetschgen und Äpfel mussten darunter leiden. „Die Auswirkungen sind zwar unterschiedlich, aber die Region um Kirchheim, Notzingen, Hochdorf und Nürtingen hat es bei dem Hagelunwetter am 24. Juni besonders schlimm erwischt – da gibt’s gar kein Obst auf den Bäumen“, so Häußler weiter. Teilweise wurden auch die Bäume selbst in Mitleidenschaft gezogen und die bis zu tennisballgroßen Hagelkörner haben die Rinde abgeschlagen, vor allem bei jungen Bäumen sei das ein großes Problem, sagt Häußler. Um ihre Ernteausfälle auszugleichen, würden viele der betroffenen Stücklesbesitzer bereits über Obstbörsen nach Früchten suchen.
Erntemenge liegt wohl im unteren Durchschnittsbereich
Insgesamt bewertet der Obstbaumexperte des Landkreises die Lage obstmäßig als eher durchwachsen: „Es gibt schon Obst, ich denke die Erntemenge dieses Jahr wird sich im unteren Durchschnittsbereich bewegen.“
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Stücklesbesitzer, die bei der Aktion „Gelbes Band“ mitmachen wollen, können die Markierungsbänder bei den Bürgerämtern der Kommunen abholen, um sie dann an ihren Bäumen anzubringen. Die Ausgabestellen und die teilnehmenden Kommunen sind außerdem auf einer interaktiven Karte auf der Homepage des Landkreises unter der Rubrik Streuobst zu finden. Dort gibt es zudem eine Übersichtskarte, die die die Obstannahmestellen im Landkreis zeigt. „Davon gibt es etwa 37 an der Zahl“, sagt Häußler. Betreiber sind meist die Fruchsafthersteller. Genauer hinschauen lohnt sich, denn nicht überall ist die für Privatverbraucher attraktive Bag-In-Box-Abfüllung möglich.
Für die Ernte auf fremden Grundstücken gelten Regeln
Für Personen, die an Bäumen mit gelben Bändern ernten, gelten folgende Regeln: Die Wiese soll so hinterlassen werden, wie sie vorgefunden wurde. Klettern auf die Bäume ist tabu, ebenso wie Äste abzureißen. Das Obst vom Boden oder in Reichweite auf den gekennzeichneten Bäumen darf abgeerntet werden. Wer partout keinen Baum mit einem gelben Band findet, kann auch einen Blick in die Streuobstwiesen-Börse werfen. Dort kann bewusst Obst gesucht und angeboten werden. Ebenso lassen sich Anzeigen zum Thema Dienstleistungen und Grundstücke rund um Streuobstwiesen in der Börse finden und schalten.
Gelbes Band
Auszeichnung
Das Projekt „Gelbes Band“ ist 2020 mit dem Bundespreis „Zu gut für die Tonne!“ in der Kategorie „Landwirtschaft & Produktion“ ausgezeichnet worden und hat bereits viele weitere Gemeinden in ganz Deutschland zur Nachahmung inspiriert. „Wir haben Anfragen aus ganz Deutschland“, bestätigt Jens Häußler von der Obst- und Gartenbauberatung des Landkreises Esslingen.
Weitere Informationen
Die Streuobstwiesen-Börse ist aufgeteilt nach den deutschen Bundesländern, Land- und Stadtkreisen. Wenn man sich durchgeklickt hat, kann man die Inserate anschauen oder selbst eine Anzeige unter den Rubriken „Suche“ oder „Biete“ einstellen.