Die SSB bildet das Rückgrat des Nahverkehr in Stuttgart. Im Betrieb knischt es, Betriebsrat und Unternehmen beschäftigen das Arbeitsgericht. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Beim Gütetermin gibt es keine Einigung. Der Anwalt der Beschäftigten spricht von einer neuen Atmosphäre im Unternehmen, bei der statt Gesprächsangeboten vom „Fallbeil“ Gebrauch gemacht werde.

Stuttgart - Die Eingruppierung von vier freigestellten Mitgliedern des Betriebsrates der Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB) wird endgültig vor Gericht geklärt. Ein Gütetermin am Freitag vor dem Arbeitsgericht Stuttgart erbrachte trotz des Appells von Richter Thomas Meyer keine Einigung, sondern legte nur die Tiefe des Zerwürfnisses offen.

Die Betriebsräte fordern von den SSB, wieder in ihre frühere Gehaltsgruppe einsortiert zu werden. Diese lag in der Regel zwei Stufen über der jetzigen. Basis dafür war eine Abschätzung ihres prognostizierten Aufstiegs im Unternehmen, wenn sie nicht Betriebsräte geworden wären. Für die Abschätzung wird die berufliche Entwicklung einer Vergleichsgruppe herangezogen.

Ein Gutachten bestätigt den Vorstand

Sabine Groner-Weber, seit September 2015 Personalvorstand beim städtischen Nahverkehrsbetrieb, hatte im Sommer 2016 gegen die Betriebsräte Rückstufungen ohne Anhörung durchgesetzt, Pauschalen gestrichen und Geld zurückgefordert. Sie sieht eine überhöhte Vergütung und damit eine unzulässige Begünstigung der Betriebsräte. Das verstoße gegen das Betriebsverfassungsgesetz. Ein Gutachten im Auftrag des Aufsichtsrates bestätigte sie, SSB-Aufsichtsratschef OB Fritz Kuhn (Grüne) betonte, Groner-Weber habe richtig gehandelt.

Neben einer Höhergruppierung wurden den Betriebsräten auch Pauschalen für Überstunden, Sitzungsgeld und eine Aufwandsentschädigung gewährt. Vereinbarungen zum Sitzungsgeld reichten bis in die 70er-Jahre zurück, sagte Anwalt Wolfgang Döther für die Beschäftigten. Man habe Einzelabrechnungen nach Aufwand angeboten, aber eine Pauschale erhalten, offenbar, weil diese Arbeit mit den Abrechnungen erspart habe, schilderte ein Betriebsrat die Entwicklung.

SSB-Anwältin kanzelt Richter ab

Bei den Pauschalen – die Aufwandspauschale erreichte zuletzt monatlich 105 Euro, das Sitzungsgeld 45 Euro – sieht Richter Meyer „die Gefahr einer verdeckten Lohnzahlung“. Hier sei für ihn kaum Spielraum erkennbar. Anders verhalte es sich bei der strittigen – und für die Betroffenen wichtigeren – Eingruppierung. „Da haben wir sicher Einschätzungsspielräume, denn nicht jeder Betriebsrat landet vor dem Arbeitsgericht“, so Meyer. Ob man sich nicht doch einigen könne, fragte er in Richtung von Anwältin Muriel Kaufmann (Kanzlei Gleis Lutz), die die SSB vertritt.

„Das Gesetz sieht keine Vereinbarungslösung vor, sondern Vergleichsgruppen mit vergleichbarer Tätigkeit und Qualifikation“, so Kaufmann. „Man kann sich nicht im luftleeren Raum einigen, und es ist nicht meine Aufgabe, mich mit damaligen Verhältnissen zu befassen“, so Kaufmann reserviert. Man befinde sich nicht im „luftleeren Raum“, sondern betrachte die berufliche Entwicklung vergleichbarer Kollegen, parierte Meyer, stellte dann aber seine Einigungsbemühungen ein. Anwalt Döther deutete an, dass mit Groner-Weber ein neuer Stil in dem Unternehmen eingezogen sei, der nun durchexerziert werde. Statt Gesprächen komme „das Fallbeil“. Wie vergleichbar die von den SSB herangezogenen Kollegen sind, wird noch geklärt werden. Bei seiner Rückstufung wurden laut eines Betriebsrates vier Kollegen zum Vergleich „herausgegriffen“. Trotz mehrfacher Nachfrage bei der Personalabteilung habe er bis heute nicht erfahren, „inwieweit sie vergleichbar sind“. Er erhalte keine Auskunft.