Heinrich Fiechtner beschäftigt die Gemeinderäte quer durch die Fraktionen. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Die Stadt prüft rechtliche Schritte, die Generalstaatsanwaltschaft Ermittlungen. Es geht um den Vorwurf, dass die AfD Heinrich Fiechtner mit Geld zum Rückzug aus der Fraktion und dem Gemeinderat bewegen wollte. Das lässt die politische Konkurrenz nicht kalt.

Stuttgart - Die Vorgänge bei der zerstrittenen Rathaus-AfD, bei der Heinrich Fiechtner für einen Mandatsverzicht Geld geboten worden sein soll, ziehen Kreise. Nachdem die Stadt unserer Zeitung bestätigt hatte, dass sie rechtliche Schritte prüfe, kündigte am Mittwoch die Generalstaatsanwaltschaft Stuttgart die Prüfung von Ermittlungen an, wie der „Mannheimer Morgen“ und die „Heilbronner Stimme“ meldeten. Es war Anzeige erstattet worden. Es gehe um den Vorwurf von Bestechung und Bestechlichkeit. Außerdem missbilligten nach OB Fritz Kuhn (Grüne) die anderen Fraktionen im Rathaus die Querelen, die Zweifel schüren, ob die AfD noch Fraktionsstatus hat.

Alexander Kotz (CDU) findet die Vorgänge „unerträglich“. Im Grunde dürfe sich eine Fraktion zwar selbst lächerlich machen und zerlegen. Hier aber gehe es auch um Steuergelder, die den Fraktionen von der Stadt zugewiesen werden. Die Vorwürfe brächten bei der Bevölkerung die ganze Politik und den ganzen Gemeinderat in Misskredit, „aber nicht der ganze Gemeinderat ist so gelagert, sondern nur die AfD“.

Die Rede ist von den Vorwürfen Heinrich Fiechtners, AfD-Mitstreiter hätten ihm einen Beratervertrag oder auch Bargeld geboten, wenn er auf sein Mandat verzichtet. Hintergrund: Dadurch könnte die AfD ihre Fraktionsstärke mit Hilfe eines Nachrückers bewahren. Verlässt Fiechtner nur die AfD-Riege, entfällt dieser Status.

CDU-Chef Kotz denkt über die Redezeitregelung nach

Möglicherweise müsse die Redezeitregelung überdacht werden, meint Kotz. Würde Fiechtner am Ende nur aus der Fraktion ausscheiden, hätte bei Grundsatzdebatten in der Vollversammlung neben dem Stadtisten Ralph Schertlen noch ein zweiter Einzelstadtrat ein Rederecht wie die Fraktionen. Möglicherweise brauche man nun eine Staffelung der Redezeiten nach den Größen der Gruppierungen. Den Streit unter den AfD-Stadträten, wer von ihnen dringend zurücktreten müsste, beantwortete Kotz so: „Eigentlich alle vier. Jeder hat Probleme am Hals und spielt eine fragwürdige Rolle.“

Martin Körner (SPD) urteilt: „Es wurde jetzt ganz offensichtlich, dass die AfD-Fraktion keinen Beitrag zum Gemeinwohl leistet, sondern sich permanent mit sich selbst beschäftigt – und das auch noch auf unrühmliche Weise.“ Dass in einer Fraktion Geld für einen Mandatsverzicht geboten werde, sei aber ein neuer Tiefpunkt. Vernichtend auch die Bewertung von Andreas Winter (Grüne): Die AfD habe zu Beginn mit dem hehren Ziel firmiert, dem alteingesessenen Politbetrieb auf die Finger zu schauen und „Mut zur Wahrheit“ zu haben. Jetzt stelle sich immer deutlicher heraus, dass „die Verlockung des Fraktionsstatus’ und die damit verbundenen Steuergelder die AfDler mehr beschäftigen als die Zukunft der Stadt“. Dabei schrecke sie vor keiner noch so peinlichen Idee zurück.

SÖS/Linke-plus geißelt ein „verkommenes Politikverständnis“

Nach Auffassung von Thomas Adler (SÖS/Linke-plus) offenbart sich in den Vorgängen „das verkommene Politikverständnis dieser Herrschaften“. Der Steuerzahler könne erwarten, dass eine Fraktion sich nicht nur mit sich beschäftige und kuriose Schauspiele biete, sondern Politik für Stadt und Bürger entwickle. Aber da habe es schon immer gehapert.

Jürgen Zeeb (Freie Wähler) ist erfreut, dass OB Kuhn die AfD ermahnte, Klarheit zu schaffen über den Fraktionsstatus. Im Ältestenrat, einem Gremium aus dem OB und den Fraktionsspitzen, habe man das auch schon angeregt.

Matthias Oechsner (FDP) will die „skurrilen“ Vorwürfe nicht bewerten, weil er nicht wisse, wer in der AfD-Fraktion wem ans Bein pinkeln wolle. Würden die zirkulierenden Vorwürfe aber stimmen, wäre das ein „grober Verstoß gegen alle Regeln“.

Am Mittwochabend forderte der Kreisvorstand der AfD Stuttgart Fiechterns „umgehenden Fraktionsausschluss“. Sollte sich der Vorwurf eines „erkauften Mandatsverzichts“ bestätigen, distanziere man sich „von solchen Machenschaften“.