Bietet sic hals Standort für eine neue Erddeponie an: die Firma Baresel in Ehningen. Foto: factum/Simon Granville

Im Streit um die Entsorgung von Bauschutt im Kreis Böblingen ist eine neue Untersuchung beschlossen worden. Aber die Standortfrage ist damit noch lange nicht geklärt. Sindelfingens Oberbürgermeister wirft dem Landratsamt schlechte Arbeit vor.

Sindelfingen - Rund ein Jahr lang herrschte Ruhe beim Thema Erddeponie. Nun gehen die Wogen wieder hoch. Die für das Thema vom Kreistag eingesetzte Projektgruppe hat eine neue Untersuchung empfohlen: Alle Steinbrüche im Kreis Böblingen sollen daraufhin überprüft werden, ob sie als Deponie für Erdaushub und Bauschutt taugen. „Warum 30 Hektar Wald abholzen, wenn es diese Option gibt?“, machte Bernd Vöhringer seinen Standpunkt erneut klar. Sindelfingens Oberbürgermeister wirft dem Landratsamt schlechte Arbeit vor: Die Mengenschätzungen seien absichtlich hochgerechnet und die Steinbrüche als Standorte von vornherein ausgeschlossen worden. Er vermutet, dass der kreiseigene Abfallwirtschaftsbetrieb aus wirtschaftlichen Interessen so gehandelt hat, weil er die neue Erddeponie selbst betreiben will. Aber Tatsache ist nach wie vor, dass sich Bauschutt aus Umweltschutzgründen nicht einfach in Steinbrüchen entsorgen lässt.

Nur zwei Beschlüsse gefasst

Sieben Mal hat die Projektgruppe seit Dezember 2017 getagt. Sie war eingesetzt worden, nachdem es an einer Untersuchung über mögliche Standorte für die Erddeponie viel Kritik gegeben hatte. Einer davon war der Sindelfinger Stadtwald. Eine Entscheidung hat sie nicht getroffen. „Es mag dürftig aussehen“, sagte der SPD-Kreisrat und Projektgruppenmitglied Peter Pfitzenmaier über deren Beschluss am Montag im Kreistags. Er besteht darin, dass bei der Standortsuche künftig von 200 000 bis 250 000 Tonnen an jährlichem Bedarf ausgegangen wird. Um diese Menge zu ermitteln, war ein externer Gutachter beauftragt worden. Der Abfallwirtschaftsbetrieb ging vom Dreifachen aus. Zweitens stehen nun die Steinbrüche im Fokus. „Danach wird über die weiteren Verfahrensschritte entschieden“, lautet der Beschluss.

Bernd Vöhringer feiert das Ergebnis

Bernd Vöhringer (CDU) feierte das Ergebnis am Dienstag als Erfolg. Es sei interessant, dass die Projektgruppe wieder am Anfang stehe, sagte Sindelfingens Oberbürgermeister. Obwohl das Thema laut Landratsamt so dringlich sei, seien zwei Jahre verschenkt worden. „Trotzdem freuen wir uns.“ Er gab sich relativ sicher, dass ein Steinbruch zum Deponiestandort taugt. Zwar kann möglicherweise kontaminierter Bauschutt dort nicht einfach abgelagert werden, aber für die Entwässerung gebe es eine technische Lösung,. „Eine Erddeponie im Wald wäre ein Skandal“, findet Bernd Vöhringer. Dem Landrat Roland Bernhard warf der OB vor, die Bevölkerung ohne Not verunsichert und Zwist gesät zu haben. „Wir erwarten jetzt, dass die Verwaltung den Auftrag endlich erledigt“, erklärte er.

Laut Peter Pfitzenmaier konzentriert sich die Hoffnung auf den Steinbruch der Firma Baresel in Ehningen. Von dem Unternehmen kam das Angebot, untersuchen zu lassen, ob auf dem aufgefüllten Steinbruch eine Erddeponie errichtet werden kann. Ein Ingenieur der Firma hat dafür mögliche Lösungen vorgestellt, wobei es sich mehr um grobe Pläne gehandelt habe, die noch nicht in Deutschland umgesetzt worden sind. „Das wäre mir natürlich auch lieber, als Wald abzuholzen“, stellt der SPD-Kreisrat klar. Aber ob diese Idee überhaupt genehmigungsfähig sei, sei eine ganz andere Frage. Das Regierungspräsidium Stuttgart ist für die Prüfung zuständig. Und die nächste Frage sei, ob überhaupt die Bereitschaft in der Gemeinde vorhanden sei, dass dort die nächsten drei Jahrzehnte Lastwagen anrollen.

Entsorgung nicht anderen Kreisen überlassen

Dass es keine verlässlichen Mengenschätzungen gibt, hält auch Peter Pfitzenmaier für einen Schwachpunkt der Standortsuche. „Aber es ist klar, dass Material da ist.“ Der SPD-Kreisrat kennt einen Abbruchunternehmer, der seinen Bauschutt in Schwäbisch Hall entsorgt. Dass die in den Steinbrüchen im Kreis Böblingen angelieferte Menge an Erdaushub laut der neuen Abfallbilanz sogar um 35 Prozent zurück gegangen ist, zeigt seiner Meinung nach, dass auch die Preise dafür zu hoch sind. „Ein wirtschaftlich so starker Landkreis mit so reger Bautätigkeit sollte seine Entsorgung aber nicht anderen Landkreisen zumuten“, findet Peter Pfitzenmaier.