Die Wut von Schülern und Bürgern über die Vorstellungen der Stadt war deutlich zu spüren. Foto: Caroline Holowiecki

Der Bezirksbeirat, Lehrer und Schüler sind gegen die Pläne der Stadt, das Geschwister-Scholl-Gymnasium in Stuttgart-Sillenbuch zu sanieren. Sie alle wollen etwas anderes und erklären hier, warum.

Sillenbuch - Selten zeigte sich der Sillenbucher Bezirksbeirat so einig wie bei diesem Thema. In seiner jüngsten Sitzung am Mittwoch hat das Gremium in aller Deutlichkeit und einhellig klargestellt, dass es gegen die Sanierung des Geschwister-Scholl-Gymnasiums ist. Mehr noch: Die Wut der Beiräte und der zahlreichen Bürger im Publikum war deutlich spürbar und entlud sich in teils heftiger Kritik.

Zum einen werde der Wunsch der Bevölkerung ignoriert, betonte der Beirat in einer gemeinsamen Erklärung. Der Neubau war beim Bürgerhaushalt 2015 auf Platz fünf und in diesem Jahr auf Platz zwei gelandet. Hendrik Wolff (CDU) watschte die Vorlage der Verwaltung als dürftig, fantasielos und in Summe „zutiefst enttäuschend“ ab. Mit ihm monierten mehrere Beiräte, dass das Papier auf einem veralteten Stand sei, eine gemeinsame Mensa mit der Grundschule Riedenberg beispielsweise sei schon längst verworfen worden.

Es gibt die Sorge, dass gute Lehrer gehen werden

Und auch Vertreter der Schulleitung missbilligten die Planungen der Stadt. Der Abteilungsleiter Stefan Rehm sprach von einem „halbherzigen, mutlosen“ Entwurf und stellte klar, dass Unterricht unmöglich sei, werde an anderer Stelle im Schulhaus gebaut – und das auch noch über Jahre. „Das ist unsere schlimmste Vorstellung.“ Auch habe das Kollegium in Sachen Asbest und Risikopotenzial bei einer Sanierung „ein schlechtes Gefühl“. „Es wird gute Lehrer geben, die gehen werden“, prophezeite sein Kollege Michael Bodmer.

Interessanterweise ist man im Rathaus offenbar auch alles andere als glücklich mit der Sanierungslösung. „Wir schlagen etwas vor, was nicht unserem Herzen entspringt, aber dem Kopf“, stellte Philipp Forstner vom Schulentwicklungsamt klar. Es sei jedoch „die einzige Variante, die wir der Schule realistisch vermitteln können“. Die Kostendifferenz von fünf Millionen Euro sei dabei gar nicht ausschlaggebend, auch nicht, dass der Stadt ein 2200-Quadratmeter-Grundstück fehlt oder dass Altlasten durch den früheren Bauhof befürchtet werden. Das einzig relevante Problem sei das Planungsrecht. Das Gelände zwischen der Kirchheimer, der Klara-Neuburger-Straße und dem Schwellenäckerweg ist für die Filderauffahrt reserviert.

Die Sanierung würde für alle Beteiligten hart werden

Den Bebauungs- und den Flächennutzungsplan zu ändern, sei langwierig – und im Ausgang unklar. „Da steht ein Fragezeichen“, betonte Gregor Gölz vom Hochbauamt. Schule und Straße auf einem Gelände gingen aus seiner Sicht wegen des drohenden Lärms und Platzproblemen nicht. Letzteres zog Philipp Kordowich (CDU) deutlich in Zweifel und regte einen Gestaltungswettbewerb an. Was beide Experten aus dem Rathaus klarstellten: Eine Sanierung im laufenden Betrieb würde für alle Beteiligten hart werden. Gregor Gölz sprach von einer „Ausnahmesituation“. Auch bekannte er, dass die Gefahr ungeahnter Kosten bei einer Bestandssanierung größer sei. Alles in allem seien die Hürden und Unwägbarkeiten im Fall des Neubaus im Bereich Schwellenäcker aus Sicht der Stadtverwaltung dennoch zu groß, „und wir können nicht realistisch sagen, dass wir sie in den Griff bekommen“, so Philipp Forstner. Immerhin sei man auch auf andere Akteure angewiesen. Welche das sind, stellte Susanne Frucht vom Stadtplanungsamt klar: „Die Filderauffahrt ist nach wie vor im vordringlichen Bedarf der Regionalplanung.“ Ein Projekt, das Manfred Riesle (SÖS/Linke-plus) als „verfehlt, nicht mehr zeitgemäß, nicht bezahlbar und umweltzerstörend“ tadelte.

Der Gemeinderat in Stuttgart muss sich nicht an das Votum halten

In der gemeinsamen Erklärung bat der Bezirksbeirat die Stadtverwaltung um alternative Prüfungen. So soll ein Neubau auf dem aktuellen Schulgelände betrachtet werden. Von Gregor Gölz setzte es zwar direkt eine Absage für einen gestaffelten Neubau, bei dem Stück für Stück parallel abgerissen und neu errichtet wird, Knut Krüger (FDP) warb jedoch für Container in den Schwellenäckern, während auf dem jetzigen GSG-Gelände geschafft wird. „Wo ein klarer politischer Wille vorhanden ist, muss sich auch ein Weg finden lassen“, resümierte das Gremium.

Rein formal muss sich der Gemeinderat nicht an das Votum des Bezirksbeirats halten. Allerdings hatten die CDU und die Grünen – die größten Fraktionen – angekündigt, abwarten zu wollen, welche Signale und Argumente aus Sillenbuch kommen. Die SPD und die SÖS/Linke-plus wiederum haben sich bereits im Vorfeld gegen die Sanierung ausgesprochen. Am 4. Juli wird das Thema im Ausschuss für Umwelt und Technik vorberaten, am 12. Juli im Verwaltungsausschuss. Die Entscheidung soll schließlich am 13. Juli fallen.